Pressemitteilung | Methodenbewertung

Neue Methadon-Richtlinien sind am 1. Januar 2003 in Kraft getreten

Siegburg, den 2. Januar 2003 – „Die vom Bundesausschuss am 28. Oktober 2002 beschlossenen neuen „Richtlinien zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger“ stellen das Substitutionsverfahren auf eine neue Grundlage. Der wegen der Richtlinien mit dem BMGS geführte Rechtsstreit hat somit zu einer deutlichen Verbesserung der Rechtsgrundlage für die Versorgung Opiatabhängiger geführt“, so der Vorsitzende des Bundesausschusses, Karl Jung, heute in Siegburg. „Der Verlauf der Auseinandersetzung zwischen Bundesausschuss und Ministerium zeigt überdies, dass dem Ausschuss – entgegen der ursprünglichen Auffassung des BMGS – sehr wohl der Weg zur Anrufung der Sozialgerichte offen steht, wenn eine Richtlinie beanstandet oder im Wege der Ersatzvornahme geändert wird“, so Jung weiter.

Wichtigste Neuerung ist, dass künftig eine Zweiterkrankung als Voraussetzung für die Zulässigkeit der Substitutionsbehandlung wegfällt. Das erforderte eine wesentliche Veränderung der bisherigen Methadon-Richtlinien. Die aus der Sicht des Bundesausschusses zwingend notwendigen Änderungen sind in einem Gespräch mit dem BMGS am 11. September 2002 in folgenden Eckpunkten festgelegt worden:

  1. Die bisherige Voraussetzung einer Begleiterkrankung für die GKV-finanzierte Substitution entfällt.
  2. Das Antragsverfahren entfällt und wird durch ein Anzeigeverfahren ersetzt.
  3. Für die substitutionsgestützte Behandlung von Patienten unter 18 Jahren und für Patienten mit einer Opiatabhängigkeit unter zwei Jahren soll in jedem Fall zeitnah mit Beginn der Behandlung eine Überprüfung vorgesehen werden.
  4. Der Inhalt des „umfassenden Therapiekonzeptes“ ist zu konkretisieren.
  5. Es besteht Einigkeit darüber, dass die Behandlung grundsätzlich von einer psychosozialen Betreuung und/oder psychiatrischen und/oder psychotherapeutischen Behandlung begleitet werden muss. Dieser Grundsatz muss sich stärker als bisher in der Richtlinie widerspiegeln. Seine Überprüfbarkeit muss sichergestellt werden, um eine pure Suchtstoffversorgung zu verhindern.
  6. Eine obligatorische Überprüfung, ob die Voraussetzungen für eine Substitution noch weiterhin vorliegen, soll nach einer mehrjährigen Frist (z.B. 5 bis 7 Jahre) festgelegt werden.
  7. Die Zahl der Stichproben-Überprüfungen sollte auf ca. 10 Prozent der Fälle im Jahr festgelegt werden. Die Auswahl der Stichprobe erfolgt nach dem Zufallsprinzip.
  8. In die Qualitätssicherungskommissionen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen können von den Krankenkassen auch Mitglieder des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen entsandt werden.
  9. Den Qualitätssicherungskommissionen soll die Aufgabe übertragen werden, substituierende Ärzte auf Wunsch fachlich zu beraten.

Diese Grundsätze haben sämtlich Eingang gefunden in die neuen Richtlinien, die vom Bundesausschuss einstimmig beschlossen worden sind. In der im Wege der Ersatzvornahme vom BMGS erlassenen Fassung hatten wesentliche Grundsätze gefehlt. So insbesondere die Konkretisierung des umfassenden Therapiekonzeptes, die eine Überprüfung des Inhalts der Substitutionsbehandlung erst möglich macht. „Vor diesem Hintergrund ist es schon bemerkenswert,  wenn in einer Presseerklärung des BMGS zu lesen war, man habe die nun erfolgte Anpassung der Richtlinien schon immer so gewollt. Die nun erreichte Qualität wäre ohne die Intervention des Bundesausschusses nicht erzielt worden“, so Jung weiter.

Durch die Neuregelung der Substitution wird sich der zu behandelnde Personenkreis vergrößern. Für die gesetzlichen Krankenkassen werden Mehrkosten entstehen. Da aber nun ein insgesamt besseres Verfahren zur Qualitätssicherung vorgesehen ist, konnte auch die Kassenseite der Neufassung zustimmen.

Dem Beschluss des Bundesausschusses vorausgegangen war die vom – damals noch – Bundesministerium für Gesundheit im Wege der Ersatzvornahme vorgenommene Änderung der Methadon-Richtlinien, nachdem sich die Mitglieder des Bundesausschusses im Juni des Jahres nicht auf die verlangte Neufassung geeinigt hatten. Als Reaktion auf die Ersatzvornahme erhob der Bundesausschuss Anfang August Anfechtungsklage gegen das BMGS und stellte Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Köln. Schließlich untersagte das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen dem Ministerium Ende August die Veröffentlichung seiner selbst erlassenen Richtlinien, die daraufhin zurück genommen werden mussten.

 „Der wirkliche Anlass zur Anrufung der Sozialgerichte waren für die Mehrheit des Bundesausschusses die völlig unzulänglichen Richtlinien des Gesundheitsministeriums zur Neuregelung der Substitutionsbehandlung.“ so Jung. „Die Neufassung trägt der Tatsache Rechnung, dass durch den Verzicht auf die Zweiterkrankung als Voraussetzung für die Substitution eine völlig neue Situation geschaffen wird – nämlich allein noch die Bekämpfung der Abhängigkeit. Dazu enthalten die beschlossenen Richtlinien nun die vom Bundesausschuss geforderten Regelungen für ein umfassendes Therapiekonzept und zur Qualitätssicherung, die bis dahin gänzlich fehlten.“

Die beim Sozialgericht Köln und beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen anhängigen Rechtsstreitigkeiten zwischen Bundesausschuss und BMGS werden jetzt außergerichtlich beigelegt.


Beschluss zu dieser Pressemitteilung

BUB-Richtlinien/ Anlage A (Substitution Opiatabhängiger)