Bedarfsplanung für die vertragsärztliche Versorgung

Mit Hilfe der Bedarfsplanung sollen Niederlassungsmöglichkeiten von Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten genau dort ausgewiesen werden, wo sie benötigt werden. Ziel ist es, bundesweit einen gleichmäßigen und bedarfsgerechten Zugang der gesetzlich Versicherten zur ambulanten Versorgung zu gewährleisten.

Bei der Bedarfsplanung greifen verschiedene Zuständigkeiten und Steuerungsmöglichkeiten auf Bundes- und Landesebene ineinander:

  • Der G-BA ist gesetzlich beauftragt, einen bundeseinheitlichen Planungsrahmen zu definieren. Diesen legt er in der Bedarfsplanungs-Richtlinie fest.
  • Nicht vom G-BA, sondern auf Landesebene werden sogenannte Bedarfspläne aufgestellt, die die regionale und lokale Versorgungssituation berücksichtigen. Dort wird darüber entschieden, ob und inwieweit von dem bundeseinheitlichen Rahmen des G-BA abgewichen werden sollte, um eine bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen.

Bedarfsplanung – ein Ineinandergreifen verschiedener Steuerungsmöglichkeiten

EbenenAufgabenWesentliche Steuerungsinstrumente

Deutschlandweit

Gesetzlich Versicherte sollen bundesweit einen vergleichbaren bedarfsgerechten Zugang zur ambulanten ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung haben. Der G-BA wirkt im Auftrag des Gesetzgebers daran mit. Er definiert einen bundeseinheitlichen Planungsrahmen.

  • Fünftes Buch Sozialgesetzbuch
  • Bedarfsplanungs-Richtlinie des G-BA
Regional*

Die Kassenärztlichen Vereinigungen erfassen und bewerten die ärztliche und psychotherapeutische Versorgungssituation vor Ort. Neue Niederlassungsmöglichkeiten (Sitze) werden dort ausgewiesen, wo sie benötigt werden. Regionale und lokale Besonderheiten können berücksichtigt werden.

  • Bedarfspläne der Kassenärztlichen Vereinigungen – aufgestellt im Einvernehmen mit den Krankenkassen

Lokal*

Die Zulassungsausschüsse können einem besonderen lokalen Versorgungsbedarf begegnen und zusätzliche Sitze schaffen. Dies gilt auch, wenn der Planungsbereich aufgrund von Überversorgung gesperrt ist.

  • Sonderbedarfszulassungen

*Beispielregionen

Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema Bedarfsplanung

Ziele und Zuständigkeiten

Warum können sich Ärztinnen und Ärzte nicht überall frei niederlassen und was hat die Bedarfsplanung damit zu tun?

Ärztinnen und Ärzte sowie psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können grundsätzlich überall in Deutschland eine Praxis eröffnen. Möchten sie ihre Leistungen jedoch mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen, werden die Niederlassungsmöglichkeiten mit Hilfe der Bedarfsplanung gesteuert.

Was ist Bedarfsplanung?

Bei der Bedarfsplanung wird rechnerisch ermittelt, wie viele Niederlassungsmöglichkeiten in einem Gebiet notwendig sind, um die Patientinnen und Patienten zu versorgen. Sogenannte Bedarfspläne weisen darauf basierend Arzt- und Therapeutensitze genau dort aus, wo sie benötigt werden.

Warum gibt es Bedarfsplanung?

Bedarfsplanung soll dazu beitragen, dass gesetzlich Versicherte überall in Deutschland eine ausreichende Anzahl von ambulanten Ärztinnen und Ärzten sowie psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten vorfinden. Das Problem, dass Sitze aufgrund fehlender Interessentinnen und Interessenten nicht besetzt werden, löst die Bedarfsplanung zwar nicht. Sie trägt aber zu einer möglichst gleichmäßigen Verteilung der Niederlassungsmöglichkeiten bei und wirkt damit einer Unter- und Überversorgung entgegen. Eine Unterversorgung droht vor allem in Gegenden, die Leistungserbringern für eine Niederlassung unattraktiv erscheinen, wie ländliche Regionen oder einkommensschwache Stadtbezirke. Gibt es in einem Stadtbezirk oder einer Region hingegen zu viele Praxen, ist deren wirtschaftliche Tragfähigkeit aufgrund der gegenseitigen Konkurrenz nicht garantiert. Das Risiko, dass es zu einer sogenannten angebotsinduzierten Nachfrage von unwirtschaftlichen, über den medizinischen Bedarf hinausgehenden Leistungen kommt, kann mit der Bedarfsplanung eingedämmt werden.

Seit wann gibt es Bedarfsplanung?

1976 legte der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Kassenarztrechts den Grundstein der heutigen Bedarfsplanung.

Haben sich die gesetzlichen Ziele der Bedarfsplanung verändert?

Als der Gesetzgeber 1976 den Grundstein für die heutige Bedarfsplanung legte, ging es vor allem darum, eine Unterversorgung zu vermeiden. Angesichts deutlich steigender Niederlassungen und Arztzahlen wurden später Maßnahmen gegen eine Überversorgung hinzugefügt. Seitdem hat sich die Zielrichtung der Bedarfsplanung nochmals weiterentwickelt. Dem Gesetzgeber geht es insbesondere seit der Reform im Jahr 2012 darum, das vorhandene ambulante medizinische Angebot passgenauer zu verteilen und einer Unterversorgung – vor allem in strukturschwachen Regionen – entgegenzuwirken.

Wer wirkt an der Bedarfsplanung mit?

Bei der Bedarfsplanung greifen verschiedene Zuständigkeiten und Steuerungsmöglichkeiten ineinander.

  • Mit seiner Bedarfsplanungs-Richtlinie wirkt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) an der Bedarfsplanung mit, maßgeblich sind dabei die gesetzlichen Bestimmungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch. So sieht die Bedarfsplanungs-Richtlinie des G-BA einen grundsätzlich bundeseinheitlichen Planungsrahmen vor und ermöglicht eine Bewertung der bestehenden Versorgungssituation. Sie macht kenntlich, wann ein über- bzw. unterdurchschnittliches Versorgungsniveau vorliegt: Damit wird in einem ersten Schritt bundesweit ein gleicher Maßstab an die Versorgung gelegt. Dieser Planungsrahmen kann und soll aber auch noch nicht alle Besonderheiten vor Ort berücksichtigen. Regionale Besonderheiten sind in einem zweiten Schritt dort in die Bedarfsplanung einzubeziehen, wo die konkrete Versorgungssituation am besten beurteilt werden kann: auf der Landesebene. Ganz praktisch bedeutet das, dass vor Ort von den bundesweiten Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie umfassend abgewichen werden kann.
  • Die Planung der Niederlassungsmöglichkeiten erfolgt vor allem vor Ort, also dort, wo die konkrete Versorgungssituation am besten beurteilt werden kann. Zuständig sind die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), die dafür im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen Bedarfspläne aufstellen. Basis ist die Bedarfsplanungs-Richtlinie des G-BA.
  • Auf der Grundlage der Bedarfspläne treffen die Landesausschüsse der Ärzteschaft und Krankenkassen ihre Beschlüsse, zum Beispiel über die Sperrung von Planungsbereichen und die Feststellung von (drohender) Unterversorgung.
  • Die Zulassungen werden dann von den jeweils örtlich zuständigen Zulassungsausschüssen erteilt. Diese sind dabei zwar grundsätzlich an die Beschlüsse der Landesausschüsse gebunden, können im Einzelfall aber auch zusätzliche Niederlassungen – beispielsweise über Sonderbedarfszulassungen – ermöglichen.

Bundeseinheitlicher Planungsrahmen des G-BA

Warum gibt es für die Bedarfsplanung einen bundeseinheitlichen Planungsrahmen?

Gesetzlich Versicherte sollen bundesweit einen vergleichbaren bedarfsgerechten Zugang zur ambulanten ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung haben – das Angebot soll also beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern ebenso gut sein wie in Bayern. Der G-BA wirkt im Auftrag des Gesetzgebers mit seiner Bedarfsplanungs-Richtlinie darauf hin, dass es bundesweit ein solches vergleichbares Angebot gibt.

Die Bedarfsplanung vor Ort beruht aber nicht nur auf einem bundeseinheitlichen Planungsrahmen. Mit zahlreichen Abweichungen beziehungsweise Anpassungen soll vor Ort auf besondere regionale und lokale Bedarfe reagiert werden, um ein bedarfsgerechtes Angebot sicherzustellen.

Wer beauftragt den G-BA, an der Bedarfsplanung mitzuwirken?

Der G-BA erhält jede seiner Aufgaben vom Gesetzgeber – also auch die, die er bei der Bedarfsplanung hat. In einer Richtlinie hat er beispielsweise Bestimmungen über einheitliche Verhältniszahlen und Regelungen für die Berechnung des Versorgungsgrades zu treffen.

Die wesentliche rechtliche Grundlage findet sich in § 101 SGB V.

Wird die Bedarfsplanungs-Richtlinie regelmäßig aktualisiert und weiterentwickelt?

Ja. Die Bedarfsplanungs-Richtlinie, in der seit 1993 die bundeseinheitliche Planungssystematik geregelt ist, wird vom G-BA kontinuierlich überprüft und weiterentwickelt.

  • Ein Meilenstein war beispielsweise 2012, als die Richtlinie komplett neu gefasst wurde. Um den Erfordernissen an die ambulante Versorgung gerecht zu werden, wurde das ärztliche Leistungsangebot neu nach Versorgungsebenen strukturiert. Eingeführt wurden entsprechend des gesetzlichen Auftrags zudem sehr weitreichende Abweichungsmöglichkeiten für die Landesebene, damit regionale und lokale Bedarfe besser berücksichtigt werden können. Auch die Verhältniszahlen – Einwohnerzahl pro Leistungserbringer – hatte der G-BA überprüft und bei Erfordernis angepasst.
  • 2019 prüfte der G-BA die Richtlinie erneut umfassend und entwickelte die Berechnung der Verhältniszahlen mit der Einführung des Morbiditätsfaktors nochmals wesentlich weiter. Im Fokus stand hier die Frage, wie die Bevölkerungsstruktur in einer Region hinsichtlich Alter, Geschlecht und Krankheitslast (Morbidität) stärker in die Planung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung einbezogen werden kann. 

Sämtliche Änderungsbeschlüsse des G-BA und deren Begründungen sind hier zu finden: Beschlüsse Bedarfsplanung

Die auf Basis der Bedarfsplanungs-Richtlinie von den Kassenärztlichen Vereinigungen zu erstellenden Bedarfspläne werden in der Regel alle sechs Monate – auch anhand der jeweils aktuellen Einwohnerzahl – fortgeschrieben.

Was kann der G-BA mit seiner Bedarfsplanungs-Richtlinie nicht beeinflussen?

Der G-BA hat beispielsweise keinen Einfluss darauf,

  • ob und inwieweit die Landesebene ihre Möglichkeiten nutzt, um auf regionale und lokale Besonderheiten zu reagieren: Beispielsweise können Planungsbereiche kleinräumiger zugeschnitten, Arztgruppen abweichend definiert und/oder die Verhältniszahlen abweichend festgelegt werden.
  • ob Ärztinnen und Ärzte sowie psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten eine lokale oder qualifikationsgebundene Sonderbedarfszulassung in einem bereits gesperrten Planungsbereich beantragen und ob diese erteilt wird.
  • ob es Interessentinnen und Interessenten für freie Sitze gibt – in solchen Fällen haben die Kassenärztlichen Vereinigungen nach § 105 SGB V einen gewissen Handlungsspielraum, um Anreize für eine Niederlassung zu setzen. Hierzu gehört, dass sie aus einem Strukturfonds Zuschüsse zu den Investitionskosten bei Neuniederlassungen, Praxisübernahmen oder der Gründung von Zweigpraxen zahlen können. Ebenso können sie Sonderbedarfszulassungen und Eigeneinrichtungen finanziell fördern.

Was sich beim Versorgungsangebot auch bemerkbar macht und vom G-BA nicht beeinflusst werden kann:

  • Es liegt weitgehend in der Entscheidung der Ärztinnen und Ärzte sowie psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, wie viele Stunden sie ihre Praxis für die Versorgung gesetzlich versicherter Patientinnen und Patienten öffnen: In der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte wird ein Mindestsprechstundenangebot von 25 Wochenstunden für einen vollen Sitz vorgesehen. Die Einhaltung dieser Mindestvorgabe wird durch die KVen geprüft.
  • Welche Leistungen in welcher Menge durch die Ärztinnen und Ärzte und die psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erbracht werden, ist nicht Gegenstand der Bedarfsplanung. Denn geplant werden mit der Bedarfsplanung ärztliche beziehungsweise psychotherapeutische Kapazitäten, keine konkreten Leistungen. Wenn sich also beispielsweise ein Augenarzt oder eine psychologische Psychotherapeutin spezialisiert und nur bestimmte Behandlungen anbietet, ist das die jeweilige individuelle Entscheidung.  

Wer ist an den Beratungen und Beschlüssen des G-BA beteiligt?

Die Beschlüsse des G-BA zur Bedarfsplanungs-Richtlinie werden im Unterausschuss Bedarfsplanung vorbereitet. Vertreten sind der GKV-Spitzenverband, die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Zudem sind Patientenorganisationen und die Bundesländer beteiligt.

In die Beratungen des G-BA fließen über Stellungnahmeverfahren zudem schriftliche und mündliche Einschätzungen und Bewertungen von Dritten ein – also von denjenigen, die nicht mit Stimm- oder Beteiligungsrechten direkt im G-BA vertreten sind. Die bei der Bedarfsplanungs-Richtlinie stellungnahmeberechtigten Organisationen sind bei der Richtlinie unter „Weiterführende Informationen“ zu finden. Das Plenum des G-BA berät den Beschlussentwurf abschließend und stimmt über ihn ab. 

Die gefassten Beschlüsse können jeweils erst in Kraft treten, wenn die Rechtsaufsicht des G-BA – das Bundesministerium für Gesundheit – innerhalb einer zweimonatigen Frist keine Beanstandung ausgesprochen hat.

Sind auch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten an den Beratungen zur Bedarfsplanung beteiligt?

Über die Kassenärztliche Bundesvereinigung sind Vertragsärztinnen und Vertragsärzte sowie Vertragspsychotherapeutinnen und Vertragspsychotherapeuten an allen Beratungen des G-BA zur Bedarfsplanungs-Richtlinie beteiligt. Zudem haben die Bundesärztekammer und die Bundespsychotherapeutenkammer Stellungnahmerechte – sie werden im Stellungnahmeverfahren gebeten, geplante Änderungen der Bedarfsplanungs-Richtlinie zu bewerten und gegebenenfalls abweichende Vorschläge einzubringen.

Wo sind die Regelungen des G-BA zur Bedarfsplanung zu finden?

Die Regelungen des G-BA zur Bedarfsplanung sind in der Bedarfsplanungs-Richtlinie zu finden. Alle Änderungsbeschlüsse zu dieser Richtlinie werden – gemeinsam mit den Tragenden Gründen – ebenfalls auf der Website des G-BA veröffentlicht. Die Tragenden Gründe geben nähere Informationen zum Hintergrund der Änderungen und dem Ablauf der Beratungen.

Sämtliche Änderungsbeschlüsse des G-BA und deren Begründungen sind hier zu finden: Beschlüsse Bedarfsplanung

Was sind die wesentlichen Bestandteile des bundeseinheitlichen Planungsrahmens?

  • Arztgruppen und Planungsbereiche: Der G-BA sieht vor, dass die verschiedenen Arztgruppen – von Hausärzten über Psychotherapeuten bis hin zu Strahlentherapeuten – in geografischen Räumen geplant werden, die unterschiedlich groß bemessen sind. Diese Gebiete werden Planungsbereiche genannt. Die hausärztliche Versorgung beispielsweise soll möglichst wohnortnah erfolgen, deshalb wird hier kleinräumig geplant. In der fachärztlichen Versorgung wird in der Regel mit zunehmendem Spezialisierungsgrad eine Planung in immer größer werdenden Einzugsgebieten als bedarfsgerecht erachtet.
  • Verhältniszahlen: Neben den Planungsbereichen sind die Verhältniszahlen das maßgebliche Instrument der Bedarfsplanung. Sie drücken das Soll-Versorgungsniveau aus – also wie viele Einwohner in der Regel über einen Arzt- oder Therapeutensitz versorgt werden sollen. In § 8 der Bedarfsplanungs-Richtlinie ist beschrieben, welche verschiedenen Verhältniszahlen in der Bedarfsplanung Anwendung finden können, in welchem Bezug sie zueinanderstehen und wie sie aufeinander aufbauen. Für die Bedarfsplanung vor Ort sind die arztgruppenspezifisch festgelegten Regionalen Verhältniszahlen maßgeblich, welche die Altersstruktur, das Geschlecht und die Krankheitslast der Einwohnerinnen und Einwohner einer Region berücksichtigen.

Weitere Reglungen der Bedarfsplanungs-Richtlinie betreffen beispielsweise

  • die Berücksichtigung von angestellten sowie ermächtigten Ärztinnen und Ärzten und Einrichtungen bei der Berechnung des Versorgungsgrades,
  • Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung und
  • Voraussetzungen für eine Zulassung zur gemeinsamen Berufsausübung bei Zulassungsbeschränkungen.

Inwiefern können bei der Bedarfsplanung lokale und regionale Besonderheiten berücksichtigt werden?

Die Möglichkeit beziehungsweise sogar die Notwendigkeit, bei der Bedarfsplanung regionale und lokale Besonderheiten zu berücksichtigen, besteht bereits seit der Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie im Jahr 2012. In § 2 der Bedarfsplanungs-Richtlinie sind – nicht abschließend – regionale Besonderheiten aufgeführt, die ein Abweichen vom bundeseinheitlichen Planungsrahmen begründen können. Ziel ist es, den regionalen Akteurinnen und Akteuren beziehungsweise Gremien eine maximale Flexibilität zu geben, um bei der Planung von Sitzen auf regionale Besonderheiten eingehen zu können:

  • Die Kassenärztliche Vereinigung kann bei der Aufstellung des Bedarfsplans im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen so von den Festlegungen des G-BA abweichen, dass diese vor Ort passen. Diese Abweichungsbefugnis gilt unbeschränkt für alle Vorgaben der Bedarfsplanungs-Richtlinie. Liegt beispielsweise eine regionale Besonderheit vor, die ein Abweichen vom Zuschnitt eines Planungsbereichs begründet, kann im Bedarfsplan ein anderer Zuschnitt des Planungsbereichs beschlossen werden, so dass gezielt Sitze für Ärztinnen und Ärzte und psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten entstehen können.
  • Der Landesausschuss der Ärzteschaft und Krankenkassen kann auf Basis des von der Kassenärztlichen Vereinigung erstellten Bedarfsplans beispielsweise feststellen, dass in einem nicht unterversorgten Planungsbereich zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf besteht, so dass bestimmte Förderungsmaßnamen getroffen werden können.
  • Der Zulassungsausschuss hat auf Antrag von Ärztinnen und Ärzten und psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten die Möglichkeit, zusätzliche Sitze im Wege des Sonderbedarfs zuzulassen und so besonderem lokalen oder qualifikationsbezogenen Bedarf zu begegnen. Dies gilt auch dann, wenn der Planungsbereich aufgrund von Überversorgung – also bei einem Versorgungsgrad von über 110 Prozent – eigentlich für neue Niederlassungen vom Landesausschuss gesperrt ist.
  • Die oberste Landesbehörde, also das für Gesundheit zuständige Landesministerium, hat die Möglichkeit, in ländlichen oder strukturschwachen Gebieten zusätzliche Sitze für die Niederlassung von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten sowie Vertragspsychotherapeutinnen und Vertragspsychotherapeuten auch in gesperrten Planungsbereichen vorzusehen.

Warum wird bei der Bedarfsplanung nach Arztgruppen und Versorgungsebenen differenziert?

Die Bedarfsplanungs-Richtlinie fasst die ärztlichen beziehungsweise therapeutischen Fachdisziplinen, die ein vergleichbares medizinisches Versorgungsspektrum haben, in einer „Arztgruppe“ zusammen. Dadurch können die Niederlassungsmöglichkeiten für diese Fachdisziplinen nach einer gemeinsamen Systematik geplant werden. Neben der Definition solcher Arztgruppen bedarf es hierfür der Zuordnung zu Versorgungsebenen:

  • hausärztliche Versorgung
  • allgemeine fachärztliche Versorgung
  • spezialisierte fachärztliche Versorgung
  • gesonderte fachärztliche Versorgung

Ein Beispiel: Zur "Arztgruppe HNO-Ärzte" gehören die Fachdisziplinen für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, für Phoniatrie und Pädaudiologie und für Sprach-, Stimm- und kindliche Hörstörungen. Die "Arztgruppe HNO-Ärzte" wird auf der Versorgungsebene der allgemeinen fachärztlichen Versorgung beplant.

Welche Fachdisziplinen zu einer Arztgruppe gehören und welcher Versorgungsebene sie zugerechnet werden, ist in den §§ 11 bis 14 der Bedarfsplanungs-Richtlinie zu finden.

Was gilt für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten?

Die Niederlassungsmöglichkeiten für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten werden über die Versorgungsebene der „allgemeinen fachärztlichen Versorgung“ geplant. Zur „Arztgruppe Psychotherapeuten" zählen: überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärztinnen und Ärzte, Fachärztinnen und Fachärzte für Psychotherapeutische Medizin, Fachärztinnen und Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten.

In § 12 der Bedarfsplanungs-Richtlinie sind die Planungsbereiche und die Allgemeinen Verhältniszahlen für die Bedarfsplanung der "Arztgruppe Psychotherapeuten" festgelegt.

Warum gibt es für einzelne Arztgruppen Maximal- und Mindestquoten?

In den verschiedenen "Arztgruppen" werden Ärztinnen und Ärzte einschließlich Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit einem vergleichbaren Versorgungsspektrum zusammengefasst. Quoten innerhalb einer Arztgruppe sollen sicherstellen, dass einzelne ärztliche oder therapeutische Disziplinen bei den Zulassungen, Anstellungen und Nachbesetzungen angemessen berücksichtigt werden.

  • Mindestquoten gibt es in der "Arztgruppe Psychotherapeuten". Der Gesetzgeber hat für die psychotherapeutisch tätigen Ärztinnen und Ärzte sowie für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten eine Quote vorgegeben, die entsprechend in der Bedarfsplanung eingeführt wurde. Innerhalb der Quote für psychotherapeutisch tätige Ärztinnen und Ärzte gibt es zudem eine Quote für die Fachdisziplin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Infolgedessen können im Rahmen der jeweiligen Quote auch dann noch Zulassungen erteilt werden, wenn für die "Arztgruppe Psychotherapeuten" eigentlich schon eine Zulassungssperre gilt.
  • Für die "Arztgruppe Fachinternisten" der spezialisierten fachärztlichen Versorgungsebene hat der G-BA Mindest- und Maximalquoten festgelegt, um die Verteilung von Zulassungen und die Nachbesetzung von fachinternistischen Sitzen gezielt steuern zu können. So sieht § 13 Absatz 6 Bedarfsplanungs-Richtlinie eine Mindestquote für Rheumatologinnen und Rheumatologen vor – sie können bis zum Erreichen dieser Quote auch in gesperrten Planungsbereichen noch zugelassen werden. Für die Subspezialisierungen Kardiologie, Gastroenterologie, Pneumologie und Nephrologie hingegen sind Maximalquoten vorgesehen. In der Zulassungspraxis wird so vermieden, dass es in der Arztgruppe zu viele Ärztinnen und Ärzte einzelner Schwerpunkte zu Lasten anderer, nummerisch kleinerer Subspezialsierungen gibt. Die genauen Versorgungsanteile, die mindestens oder höchstens erreicht werden sollen, sind in § 13 Absatz 6 Bedarfsplanungs-Richtlinie definiert.
  • Mindestquoten sind auch für die "Arztgruppe Nervenärzte" vorgegeben – zu dieser Arztgruppe gehören die Fachdisziplinen für Nervenheilkunde, für Neurologie und Psychiatrie, für Neurologie, für Psychiatrie sowie für Psychiatrie und Psychotherapie. Die genauen Regelungen und auch Rechenbeispiele sind in § 12 Absatz 5 Bedarfsplanungs-Richtlinie zu finden.

Was sind Planungsbereiche und wo sind sie festgelegt?

Planungsbereiche sind der geografische Bezugspunkt für die Planung der einzelnen Arztgruppen. An die Planungsbereiche wird angeknüpft, um die Versorgungslage vor Ort zu prüfen und ggf. eine (drohende) Unter- oder Überversorgung festzustellen. Im Ergebnis können Planungsbereiche für weitere Zulassungen „offen“ oder „gesperrt“ sein.

Die Planungsbereiche sind für die verschiedenen Arztgruppen – von Hausärzten bis hin zu Strahlentherapeuten – unterschiedlich groß bemessen. Die hausärztliche Versorgung beispielsweise soll möglichst wohnortnah erfolgen, deshalb wird hier kleinräumig geplant. In der fachärztlichen Versorgung wird mit zunehmendem Spezialisierungsgrad regelhaft in immer größeren Einzugsgebieten geplant.

Die Planungsbereiche je Versorgungsebene:

  • hausärztliche Versorgung: Mittelbereich (bundesweit ca. 883 Planungsbereiche)
  • allgemeine fachärztliche Versorgung: kreisfreie Stadt, der Landkreis oder die Kreisregion (bundesweit ca. 361 Planungsbereiche)
  • spezialisierte fachärztliche Versorgung: Raumordnungsregion (bundesweit ca. 97 Planungsbereiche)
  • gesonderte fachärztliche Versorgung: Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung (bundesweit 17 Planungsbereiche)

Die jeweiligen Planungsbereiche wurden nach Maßgabe des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) definiert. Da auf Landesebene die Planungsbereiche aufgrund von regionalen Besonderheiten anders zugeschnitten und geteilt werden können, kann sich die Zahl der tatsächlichen Planungsbereiche verändern – daher auch nur die o.g. ungefähre Angabe.

Welche Arztgruppen mit welchen Planungsbereichen geplant werden, ist in den §§ 11 bis 14 jeweils im 3. Absatz sowie in Anlage 3 der Bedarfsplanungs-Richtlinie festgelegt.

Warum sind die Planungsbereiche für die hausärztliche Versorgung kleiner als für die fachärztliche?

Niederlassungsmöglichkeiten werden in der Regel für einen gesamten Planungsbereich ausgewiesen. Das bedeutet, dass Leistungserbringer ihre Praxis innerhalb des Planungsbereichs an einem frei wählbaren Ort eröffnen können. Um nun sicherzustellen, dass die Praxen für die Bevölkerung angemessen „gestreut“ und erreichbar sind, aber auch ihr Einzugsgebiet angemessen groß ist, werden die Arztgruppen in unterschiedlich großen Planungsbereichen geplant: Für die hausärztliche Versorgung kleinräumig, damit die Praxen möglichst wohnortnah sind. Für die fachärztliche Versorgung wird mit Blick auf den zunehmenden Spezialisierungsgrad in der Regel eine Planung in größer werdenden Einzugsgebieten als bedarfsgerecht erachtet.

Generell können die in Anlage 3 der Bedarfsplanungs-Richtlinie vorgesehenen Planungsbereiche aufgrund von regionalen Besonderheiten im Zuge der Aufstellung der Bedarfspläne auf Landesebene anders zugeschnitten werden. Inwieweit die Möglichkeit genutzt wird, ist im jeweiligen Bedarfsplan veröffentlicht.  

Was bedeutet, dass in Planungsbereichen „Mitversorgungseffekte“ berücksichtigt werden?

Für die Planungsbereiche der allgemeinen fachärztlichen Versorgung gilt eine Besonderheit: Um bei der Höhe der Verhältniszahlen Pendlerverflechtungen und Mitversorgungseffekte durch beziehungsweise von angrenzenden Gebieten zu berücksichtigen, werden sechs Typen von Kreisen oder Kreisregionen unterschieden. Mitversorgenden Regionen wird ein höheres Arzt-Einwohner-Verhältnis, mitversorgten Regionen ein geringeres Arzt-Einwohner-Verhältnis zugeschrieben.

Die Typisierung der Kreise ist in Anlage 6 der Bedarfsplanungs-Richtlinie beschrieben. Die Zuordnung der konkreten Kreise, kreisfreien Städte und Kreisregionen zu den Typen ist der Anlage 3.2. der Bedarfsplanungs-Richtlinie zu entnehmen.

Welche Verhältniszahlen gibt es und wie werden sie berechnet?

Verhältniszahlen drücken aus, welches Versorgungsniveau durchschnittlich angemessen wäre – also wie viele Einwohnerinnen und Einwohner bedarfsgerecht von einem Arzt- beziehungsweise Therapeutensitz versorgt werden können. Sie sind damit ein wesentliches Instrument der Bedarfsplanung. Maßgeblich für die Aufstellung der Bedarfspläne sind die arztgruppenspezifisch festgelegten Regionalen Verhältniszahlen. Sie spiegeln auch wider, ob in einem Planungsbereich in der Regel mehr oder weniger Sitze benötigt werden als im Bundesdurchschnitt.

In § 8 der Bedarfsplanungs-Richtlinie ist beschrieben, welche verschiedenen Verhältniszahlen in der ambulanten Bedarfsplanung angewendet werden, in welchem Bezug sie zueinanderstehen und wie sie aufeinander aufbauen:

  • Ausgehend von grundsätzlich stichtagsbezogenen Basis-Verhältniszahlen legt der G-BA im ersten Schritt des Morbiditätsfaktors für jede Arztgruppe die Allgemeinen Verhältniszahlen fest. Durch diesen Schritt wird die Entwicklung der bundesweiten Bevölkerungsstruktur und ihres Versorgungsbedarfs berücksichtigt.
  • Die vom G-BA beschlossenen Allgemeinen Verhältniszahlen wiederum dienen der Landesebene dafür, im zweiten Schritt des Morbiditätsfaktors die Regionalen Verhältniszahlen zu berechnen. Dabei werden neben Altersgruppen und Geschlecht auch der Morbiditätsgrad der regionalen Bevölkerung berücksichtigt. Auf diese Weise können in Gegenden mit Einwohnerinnen und Einwohnern, die stärker krank sind, mehr Ärztinnen und Ärzte eingesetzt werden.

Die Basis-Verhältniszahlen pro Arztgruppe und deren stichtagsbezogene Berechnung können der Anlage 5 der Bedarfsplanungs-Richtlinie entnommen werden. Die Allgemeinen Verhältniszahlen sind in den §§ 11 bis 14 Bedarfsplanungs-Richtlinie zu finden. Die Regionalen Verhältniszahlen werden in den jeweiligen Bedarfsplänen veröffentlicht. Die Berechnung erfolgt nach § 9 Absatz 8-10 Bedarfsplanungs-Richtlinie.

Was ist ein Morbiditätsfaktor und wie wird er berücksichtigt?

In der Bedarfsplanung gilt es, Veränderungen in der Struktur der Bevölkerung hinsichtlich Alter und Geschlecht als auch regionale Unterschiede in der Krankheitslast abzubilden. Das erfolgt ganz wesentlich über die Verhältniszahlen.

  • Die bundeseinheitlichen Allgemeinen Verhältniszahlen werden vom G-BA alle zwei Jahre anhand des „Morbiditätsfaktors“ aktualisiert: Dabei geht der G-BA von den grundsätzlich stichtagsbezogenen Basis-Verhältniszahlen aus. Die aktuelle Bevölkerungsstruktur wird nach vier Altersgruppen (unter 20, 20 bis unter 45, 45 bis unter 75, 75 und älter) und Geschlecht (männlich/weiblich) erhoben. Hinzu kommen arztgruppenspezifische Leistungsbedarfsfaktoren, die den Behandlungsaufwand innerhalb dieser 8 Alters- und Geschlechtsgruppen abbilden und dazu dienen, die mit der Bevölkerungsentwicklung einhergehenden veränderten Versorgungsbedarfe abzubilden.
    Die Modifikation der Basis-Verhältniszahlen durch den Morbiditätsfaktor ist in § 9 Absatz 4 bis 7 Bedarfsplanungs-Richtlinie beschrieben, Rechenbeispiele finden sich in Anlage 4.3 unter den Nummern 1.1, 2.1. und 3.1. Erstmals erfolgte eine Anpassung mit Beschluss vom Juli 2021.
    Die aktuellen Allgemeinen Verhältniszahlen sind in den §§ 11 bis 14 Bedarfsplanungs-Richtlinie zu finden.
  • Im zweiten Schritt des Morbiditätsfaktors werden die Allgemeinen Verhältniszahlen mit planungsbereichs- und arztgruppenbezogenen regionalen Verteilungsfaktoren modifiziert, um die Regionalen Verhältniszahlen zu berechnen. Dabei werden anhand von 16 Morbiditätsgruppen nicht nur Altersgruppen und Geschlecht der regionalen Bevölkerung berücksichtigt, sondern auch der Morbiditätsgrad.

So fließt die Bevölkerungsstruktur vor Ort in die Berechnung der Niederlassungsmöglichkeiten ein: 

Die Modifikation der Allgemeinen Verhältniszahlen durch den Morbiditätsfaktor ist in § 9 Absatz 8 bis 11 Bedarfsplanungs-Richtlinie beschrieben, Rechenbeispiele finden sich in Anlage 4.3.

Die aktuellen regionalen Verteilungsfaktoren sind in Anlage 4.2.3 der Bedarfsplanungs-Richtlinie zu finden.

Was ist der Versorgungsgrad und wie wird er ermittelt?

Der Versorgungsgrad wird in Prozent angegeben und drückt aus, wie bedarfsgerecht – durchschnittlich gesehen – das Niveau der vertragsärztlichen Versorgung in einem Planungsbereich ist. Berechnet wird er, indem das Ist-Niveau des aktuellen Einwohner-Arzt-Verhältnisses mit dem angestrebten Soll-Niveau der Regionalen Verhältniszahl verglichen wird. Der statistisch gesehen ideale Versorgungsgrad von 100 Prozent besagt also, dass Ist- und Soll-Niveau identisch sind.

Die Versorgungsgrade werden von der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung bei der Aufstellung der Bedarfspläne pro Arztgruppe und Planungsbereich ermittelt. Der jeweilige Landesausschuss der Ärzteschaft und Krankenkassen stellt dann fest, ob eine Über- oder Unterversorgung vorliegt.

Die Feststellung der arztgruppenspezifischen regionalen Versorgungsgrade ist in §§ 17 bis 22 Bedarfsplanungs-Richtlinie geregelt. Hierbei geht es beispielsweise auch darum, wie ermächtigte und angestellte Ärztinnen und Ärzte anzurechnen sind.

Welche Bedeutung haben die ermittelten Versorgungsgrade?

Die pro Arztgruppe ermittelten Versorgungsgrade zeigen an, ob das Soll-Versorgungsniveau in einem Planungsbereich erreicht wird. Somit dienen Versorgungsgrade als Ausgangsrelation für die Prüfung von Über- und Unterversorgung.

  • Versorgungsgrad unter 110 Prozent: Wenn das Ist-Versorgungsniveau unter 110 Prozent liegt, ist der Planungsbereich „offen“ und es können sich neue Ärztinnen und Ärzte bzw. psychologische Psychotherapeuten und -therapeutinnen niederlassen. Wenn der Versorgungsgrad in einem Planungsbereich unter 75 Prozent im hausärztlichen Bereich oder unter 50 Prozent im fachärztlichen Bereich sinkt, ist „Unterversorgung“ anzunehmen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind bei einer festgestellten (drohenden) Unterversorgung angehalten, beispielsweise bestimmte Fördermöglichkeiten anzubieten.
  • Versorgungsgrad über 110 Prozent: Wenn das Soll-Versorgungsniveau um mindestens 10 Prozent überschritten ist, ist der Planungsbereich für weitere Niederlassungen gesperrt. Neue Zulassungen sind dann nur unter besonderen Voraussetzungen möglich – zum Beispiel aufgrund von Quoten, als Sonderbedarf, im Rahmen des Jobsharing oder im Wege der Nachbesetzung eines bestehenden Arztsitzes. Der Zulassungsausschuss kann aber entscheiden, einem Antrag auf Nachbesetzung eines bestehenden Sitzes nicht stattzugeben, sofern dieser für die Versorgung nicht erforderlich ist – die Kassenärztliche Vereinigung hat in diesem Falle die Vertragsärztin beziehungsweise den Vertragsarzt für den Sitz finanziell zu entschädigen.
  • Versorgungsgrad ab 140 Prozent: Der Zulassungsausschuss soll der Nachbesetzung einer Praxis nicht stattgeben, falls die Praxis aus Versorgungsgründen nicht notwendig ist und die vom Gesetzgeber vorgegebenen Tatbestände nicht zum Tragen kommen. Zu diesen Tatbeständen gehört beispielsweise, dass ein Familienangehöriger oder ein Praxispartner den Sitz übernehmen will (§ 103 Absatz 3a SGB V).

Ziel von Niederlassungssperrungen ist es, Überversorgung zu vermeiden, eine ausgeglichene Verteilung der Sitze zwischen den Regionen zu erreichen und Leistungserbringer zu motivieren, sich in den offenen Planungsbereichen niederzulassen.

Wie definiert der G-BA „Unterversorgung“?

Eine Unterversorgung in einem Planungsbereich liegt vor, wenn die im Bedarfsplan vorgesehenen Vertragsarztsitze nicht nur vorübergehend unbesetzt sind und dadurch eine unzumutbare Erschwernis für Patientinnen und Patienten eintritt,  vertragsärztliche Leistungen zu nutzen und dies auch durch die Ermächtigung von Ärztinnen und Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen nicht behoben werden kann (§ 28 Bedarfsplanungs-Richtlinie). Einen rechnerischen Anhaltspunkt sieht § 29 Bedarfsplanungs-Richtlinie vor: Danach ist eine Unterversorgung anzunehmen, wenn der Versorgungsgrad unter 75 Prozent im hausärztlichen Bereich oder unter 50 Prozent im fachärztlichen Bereich liegt.

Gibt es solche Anhaltspunkte für eine Unterversorgung, so hat der Landesausschuss der Ärtzeschaft und Krankenkassen zu prüfen, ob in dem betreffenden Planungsbereich eine Unterversorgung besteht oder in absehbarer Zeit droht. Die Kriterien für diese Prüfung sind in § 31 Bedarfsplanungs-Richtlinie festgelegt. Die verbindliche Feststellung der Unterversorgung obliegt ebenfalls dem Landesausschuss der Ärzteschaft und Krankenkassen. Ergibt sich aus der Überprüfung jedoch, dass trotz eines Versorgungsgrades von unter 50 bzw. 75 Prozent weitere Sitze nicht oder nicht in der von den regionalen Verhältniszahlen vorgegebenen Größenordnung erforderlich sind – etwa, weil in absehbarerer Zeit Ärztinnen und Ärzte ihre Tätigkeit in dem Planungsbereich aufnehmen werden – so kann der Landesausschuss auf die Feststellung von Unterversorgung und drohender Unterversorgung verzichten.

Der Landesausschuss kann aber auch eine „drohende“ Unterversorgung feststellen: Wenn beispielsweise aufgrund der Altersstruktur der Leistungserbringer eine Verminderung der Anzahl der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte bzw. der Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen in dem Umfang zu erwarten ist, dass die zuvor genannten Kriterien der Unterversorgung erfüllt werden.

Welche Maßnahmen greifen bei einer (drohenden) Unterversorgung?

Wird vom Landesauschuss der Ärzteschaft und Krankenkassen eine (drohende) Unterversorgung festgestellt, richten sich die weiteren Maßnahmen nach den Vorschriften des SGB V und der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte. So hat der Landesauschuss die Kassenärztliche Vereinigung (KV) aufzufordern, die Unterversorgung binnen einer von ihm zu bestimmenden angemessenen Frist abzuwenden oder zu beseitigen. Hierbei kann der Landesausschuss auch schon bestimmte Maßnahmen empfehlen.

Nach Ablauf der Frist bzw. spätestens sechs Monate nach Feststellung der Unterversorgung ist die KV in der Pflicht, Eigeneinrichtungen zu betreiben (§ 105 SGB V). Gelingt es auch nach Fristablauf nicht, die Unterversorgung zu beheben, kann der Landesausschuss andere Gebiete für die Zulassung sperren.

Zudem können KVen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung aus einem Strukturfonds (gemäß §105 Absatz 1a SGB V) Förderungsmaßnahmen – wie zum Beispiel Zuschüsse zu den Investitionskosten bei Neuniederlassungen, Praxisübernahmen oder der Gründung von Zweigpraxen – finanzieren und Stipendien für Medizinstudierende vergeben.

Der Sicherstellungsatlas der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gibt einen Überblick über die in den jeweiligen KV-Regionen ergriffenen Maßnahmen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung.

Wie definiert der G-BA „Überversorgung“ und welche Auswirkungen hat sie?

Wenn in einem Planungsbereich das Soll-Versorgungsniveau einer Arztgruppe um mindestens 10 Prozent überschritten wird (also ein Versorgungsgrad ab 110 Prozent besteht), ist Überversorgung anzunehmen und der Planungsbereich für weitere Zulassungen aus dieser Arztgruppe grundsätzlich gesperrt. Dies hat bereits der Gesetzgeber verbindlich festgelegt (§ 101 Absatz 1 Satz 3 SGB V). Ziel von Zulassungssperrungen ist es, Überversorgung zu vermeiden und eine ausgeglichene Verteilung der Sitze zwischen den Regionen zu erreichen und Leistungserbringer zu motivieren, sich in den geöffneten Planungsbereichen niederzulassen. Zudem kann das Risiko, dass es zu einer sogenannten angebotsinduzierten Nachfrage von unwirtschaftlichen, über den medizinischen Bedarf hinausgehenden Leistungen kommt, eingedämmt werden. Denn gibt es in einem Stadtbezirk oder einer Region zu viele Praxen, ist deren wirtschaftliche Tragfähigkeit aufgrund der gegenseitigen Konkurrenz nicht garantiert.

Ausgenommen von einer Zulassungssperrung sind jedoch sogenannte Quotenplätze z. B. aus dem psychotherapeutischen oder nervenärztlichen Versorgungsbereich. Zudem können auch in gesperrten Planungsbereichen auf Antrag Sonderbedarfszulassungen für zusätzliche Sitze erteilt werden. Voraussetzung ist ein besonderer lokaler oder qualifikationsgebundener Versorgungsbedarf. Auch die Möglichkeit von Jobsharing und Nachbesetzung besteht.

  • Um ein überdurchschnittliches Versorgungsniveau in einem Planungsbereich zu senken, kann der Zulassungsausschuss bei einem Versorgungsgrad ab 110 Prozent auch entscheiden, einem Antrag auf Nachbesetzung einer bestehenden Praxis nicht stattzugeben, sofern dieser für die Versorgung nicht erforderlich ist – die KV hat in diesem Falle die Vertragsärztin oder den Vertragsarzt beziehungsweise die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut für den Sitz finanziell zu entschädigen.
  • Bei einem Versorgungsgrad ab 140 Prozent soll der Zulassungsausschuss der Nachbesetzung einer Praxis nicht stattgeben, falls die Praxis aus Versorgungsgründen nicht notwendig ist und die gesetzlichen Privilegierungstatbestände gemäß § 103 Absatz 3a SGB V nicht greifen (bspw. Verwandter oder Praxispartner). Auch in diesem Fall ist die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt beziehungsweise die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut finanziell durch die KV zu entschädigen.

Regionale und lokale Bedarfsplanung 

Was ist ein Bedarfsplan?

Jede Kassenärztliche Vereinigung erstellt im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen ihren jeweiligen Bedarfsplan. Im Bedarfsplan wird die aktuelle ärztliche und psychotherapeutische Versorgungssituation in den einzelnen Planungsbereichen dokumentiert und analysiert.

Der G-BA gibt in Anlage 2 Bedarfsplanungs-Richtlinie vor, wie ein solcher Bedarfsplan gegliedert werden sollte. So ist beispielsweise darzustellen, wie hoch der jeweilige Versorgungsgrad pro Planungsbereich und Arztgruppe ist und ob aufgrund lokaler und regionaler Besonderheiten Abweichungsmöglichkeiten von der Bedarfsplanungs-Richtlinie genutzt werden.

Ein Bedarfsplan wird in Zeitabständen von drei bis fünf Jahren aktualisiert. Die arztgruppenspezifischen Versorgungsgrade werden in der Regel halbjährlich erfasst.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen veröffentlichen ihren Bedarfsplan in der Regel auf ihrer Website.

Wofür dient ein Bedarfsplan?

Aus dem Bedarfsplan leitet sich ab, ob und in welchen Planungsbereichen Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sich niederlassen oder bei einer Praxis angestellt werden können. Er bildet beispielsweise auch die Grundlage für die Sperrung oder teilweise Öffnung von Planungsbereichen sowie die Feststellung von (drohender) Unterversorgung. Im Bedarfsplan werden also auch zusätzliche Sitze ausgewiesen, welche aufgrund von Quoten oder auf Antrag der obersten Landesbehörde in eigentlich gesperrten ländlichen oder strukturschwachen Gebieten geschaffen wurden.

Der Bedarfsplan entfaltet seine Wirkung, indem er als Grundlage für die Beschlüsse des Landesausschusses der Ärzteschaft und Krankenkassen dient. Die Beschlüsse des Landesausschusses wiederum sind bindend für die Entscheidungen des jeweiligen Zulassungsausschusses.

Wer erstellt den Bedarfsplan?

Der Bedarfsplan wird von der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung für ihren Bereich erstellt. Dies muss im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen geschehen.

Wie oft wird ein Bedarfsplan aktualisiert?

Entsprechend Anlage 2.1 der Bedarfsplanungs-Richtlinie aktualisiert die Kassenärztliche Vereinigung im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen ihren Bedarfsplan kontinuierlich in Zeitabständen von drei bis fünf Jahren. Die Berichterstattung über die arztgruppenspezifischen Versorgungsgrade (Stand der Bedarfsplanung) erfolgt in der Regel halbjährlich.

Welche Aufgaben haben die Landesausschüsse?

Die Landesausschüsse der Ärzteschaft und Krankenkassen haben die zentrale Aufgabe, auf der Grundlage des Bedarfsplans Überversorgung oder (drohende) Unterversorgung in einem Planungsbereich festzustellen und je nach Versorgungsgrad die Anordnung bzw. Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen in den einzelnen Planungsbereichen zu beschließen.

Die Landesausschüsse entscheiden auch über zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf in Planungsbereichen, die nicht unterversorgt sind.

Die von den Landesausschüssen getroffenen Entscheidungen sind grundsätzlich den für die Sozialversicherung zuständigen obersten Landesbehörden vorzulegen. Diese können die Entscheidungen innerhalb von zwei Monaten beanstanden.

Wie ist ein Landesausschuss zusammengesetzt?

Die Kassenärztliche Vereinigung bildet mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen für den Bereich jedes Landes einen Landesausschuss der Ärzteschaft und Krankenkassen: Sie bestehen grundsätzlich aus einer oder einem unparteiischen Vorsitzenden, zwei weiteren unparteiischen Mitgliedern, Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft (9), der Ortskrankenkassen (3), der Ersatzkassen (3), der Betriebskrankenkassen (1) und der Innungskrankenkassen (1). Zudem eine gemeinsame Vertreterin oder Vertreter der landwirtschaftlichen Krankenkasse und der Knappschaft-Bahn-See.

Patientenorganisationen und das Land sind mitberatend vertreten. Sie haben kein Stimmrecht. Das Mitberatungsrecht umfasst auch das Recht zur Anwesenheit bei der Beschlussfassung. Die Landesvertretung, entsendet von der jeweiligen obersten Landesbehörde, hat zudem ein Antragsrecht.

Rechtsgrundlage ist § 90 SGB V

Welche Zuständigkeiten haben die obersten Landesbehörden bei der Bedarfsplanung?

Die jeweilige oberste Landesbehörde ist das für Gesundheit zuständige Landesministerium. Sie hat im Landesausschuss der Ärzteschaft und Krankenkassen ein Mitberatungs- und Antragsrecht sowie das Recht, Entscheidungen innerhalb von zwei Monaten zu beanstanden. Zudem entsenden die obersten Landesbehörden die Vertreterinnen und Vertreter, die von Seiten der Länder an den Beratungen des G-BA zur Bedarfsplanungs-Richtlinie beteiligt sind.

Welche lokalen und regionalen Besonderheiten können bei der Bedarfsplanung berücksichtigt werden?

Die Möglichkeit beziehungsweise sogar die Notwendigkeit, bei der Bedarfsplanung regionale und lokale Besonderheiten zu berücksichtigen, besteht bereits seit der Neufassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie im Jahr 2012. Regionale Besonderheiten, die ein Abweichen von der bundeseinheitlichen Planungssystematik wie bspw. vom Anwenden des Morbiditätsfaktors begründen können, sind – nicht abschließend – in § 2 der Bedarfsplanungs-Richtlinie aufgeführt. Hierzu gehören zum Beispiel räumliche Faktoren aufgrund einer besonderen Verteilung von Wohn- und Industriegebieten und infrastrukturelle Besonderheiten wie Verkehrsanbindungen. Aber auch eine ungewöhnliche Krankheitslast vor Ort oder eine regional spezifische Altersstruktur der Bevölkerung. Die Abweichungen und deren Begründung sind im Bedarfsplan festzuhalten.

Dürfen beim Aufstellen eines Bedarfsplans auch die Planungsbereiche anders zugeschnitten werden?

Ja. Liegt eine regionale Besonderheit vor, die ein Abweichen vom Zuschnitt eines Planungsbereichs begründet, kann die Kassenärztliche Vereinigung im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen beim Aufstellen des Bedarfsplans einen Planungsbereich anders zuschneiden, so dass neue Sitze räumlich gezielter entstehen können.

Sind Bedarfspläne öffentlich einsehbar?

Ja. Die Bedarfspläne sind von den jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen, beispielsweise auf ihren Websites.

Zulassungen, Sonderbedarfe und Ermächtigungen

Wo sind Informationen zu Niederlassungsmöglichkeiten zu finden?

Beispielsweise über die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung verantworteten Website „Lass Dich nieder“, die auf die Online-Praxisbörsen der Kassenärztlichen Vereinigungen verlinkt. Zudem sind hier auch Beratungsangebote der einzelnen KVen zu finden.

Wer entscheidet über Zulassungen?

Die Zulassungen werden von den jeweils örtlich zuständigen Zulassungsausschüssen erteilt. Diese sind dabei zwar grundsätzlich an die Bedarfspläne gebunden, können im Einzelfall aber auch zusätzliche Niederlassungen – beispielsweise über Sonderbedarfszulassungen – ermöglichen.

Die Bedarfspläne werden von der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung für ihren Bereich im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen erstellt.

Wie setzen sich Zulassungsausschüsse zusammen?

Zulassungsausschüsse werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen errichtet.

Ein Zulassungsausschuss besteht aus insgesamt sechs Mitgliedern: der Ärzteschaft (drei) und der Krankenkassen (drei). Patientenorganisationen haben ein Mitberatungsrecht. Die obersten Landesbehörden besitzen ein Mitberatungs- und Antragsrecht.

Rechtsgrundlage ist § 96 SGB V und die Zulassungsverordnung für Vertragsärzte.

Welche Aufgaben haben die Zulassungsausschüsse?

Zulassungsausschüsse entscheiden und beschließen für den gesamten Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung oder auch nur für Teile ihres Bezirks in Zulassungssachen (Zulassungsbezirk). Die Zulassungsbezirke werden von den zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen gemeinsam gebildet und abgegrenzt.

Zulassungsausschüsse entscheiden vor allem über:

  • Zulassungen von Vertrags­ärztinnen und Vertragsärzten, Psychotherapeutinnen und Psycho­therapeuten und Medizinischen Versorgungs­zentren (auch Beschränkung, Ruhen, Entziehen)
  • Nachbesetzungsverfahren
  • Anstellungen von Ärztinnen und Ärzten sowie Psycho­therapeutinnen und Psychotherapeuten, auch Umwandlungen einer Anstellung in eine Zulassung
  • Ermächtigungen von Ärztinnen und Ärzten und Einrichtungen und deren Widerruf
  • Anträge auf Sonderbedarfszulassung
  • Praxiskooperationen, Verlegungen und Fachgebietswechsel

Die Aufgaben sind in der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) zu finden.

Bei ihren Entscheidungen sind die Zulassungs­ausschüsse an die Vorgaben des SGB V und die Ärzte-ZV gebunden.

Kann gegen die Entscheidungen eines Zulassungsausschusses vorgegangen werden?

Ja. Gegen die Entscheidungen der Zulassungsausschüsse können die am Verfahren Beteiligten Widerspruch beim Berufungsausschuss einlegen. Das können Ärztinnen, Psychotherapeuten, Einrichtungen, die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen sein.

Wer erteilt Krankenhausärztinnen und -ärzten die Ermächtigung, ebenfalls an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen?

Krankenhausärztinnen und Krankenhausärzte können vom Zulassungsausschuss auf Antrag zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden. Die Ermächtigung wird von den Zulassungsausschüssen oftmals auf zwei Jahre befristet und inhaltlich auf bestimmte medizinische Leistungen beschränkt.

Die Ermächtigung ist zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Ärzten nicht sichergestellt wird.

Rechtsgrundlage ist § 95 SGB V.

Können Ermächtigungen auch in gesperrten Planungsbereichen erteilt werden?

Ermächtigungen werden teilweise bedarfsunabhängig erteilt. In diesen Fällen ist die Erteilung einer Ermächtigung auch in gesperrten Planungsbereichen möglich.

Können Praxen und Medizinische Versorgungszentren mehrere Ärztinnen und Ärzte anstellen?

Ja, eine Anstellung ist in beiden Fällen möglich. Grundsätzlich darf ein mit vollem Versorgungsauftrag zugelassener Vertragsarzt oder eine Vertragsärztin maximal drei in Vollzeit tätige Ärztinnen oder Ärzte angestellt beschäftigen. Die Zahl der Anstellungen in einem Medizinischen Versorgungszentrum ist nicht begrenzt, allerdings abhängig von den Möglichkeiten der Bedarfsplanung. Für die Anstellung einer Ärztin oder eines Arztes ist die Genehmigung des Zulassungsausschusses notwendig. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen auch in gesperrten Planungsbereichen erteilt werden.

Die Voraussetzungen für eine Anstellung, die Anrechnung auf den Versorgungsgrad und weitere Details zur Beschäftigung von angestellten Ärztinnen und Ärzten und Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sind neben anderen Rechtsquellen im 12. Abschnitt Bedarfsplanungs-Richtlinie zu finden.

Der Planungsbereich gilt für eine Arztgruppe als überversorgt, dennoch gibt es lange Wartezeiten. Wie kann das sein?

Dass es trotz einer hohen absoluten Anzahl an Vertragsarztsitzen zu langen Wartezeiten bis zum Behandlungsbeginn kommt, kann an ganz verschiedenen Gründen liegen.

  • Es liegt weitgehend in der Entscheidung der Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, wie viele Stunden sie ihre Praxis für Sprechstunden zur Versorgung gesetzlich versicherter Patientinnen und Patienten öffnen: Laut Zulassungsverordnung für Vertragsärzte ist nur festgelegt, dass mindestens 25 Wochenstunden für einen vollen Sitz verpflichtend sind. Die Einhaltung dieser Mindestvorgabe wird durch die Kassenärztlichen Vereinigungen überprüft.
  • Welche Leistungen in welcher Menge von Ärztinnen und Ärzten beziehungsweise Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erbracht werden, wird in der Bedarfsplanung nicht vorgegeben. Wenn sich also beispielsweise ein Augenarzt oder eine Psychotherapeutin spezialisiert und nur bestimmte Behandlungen anbietet, ist das die Entscheidung der jeweiligen Ärztin oder des jeweiligen Arztes bzw. der jeweiligen Psychotherapeutin oder des Psychotherapeuten.
  • Zudem kann es sein, dass die Arztsitze innerhalb eines Planungsbereichs nicht gleichmäßig verteilt sind, so dass es in einer vereinzelt liegenden Praxis zu einer Konzentration von Patientinnen und Patienten und damit zu längeren Wartezeiten kommt.
  • Ein weiterer Grund kann sein, dass es innerhalb einer Arztgruppe – beispielsweise der Fachinternisten – zu einem Übergewicht einzelner Facharztdisziplinen kommt. Um dem zu begegnen, hat der G-BA Mindest- und Höchstversorgungsanteile (Quoten) eingeführt, die bei einer Neu- oder Nachbesetzung eines Arztsitzes zu beachten sind.

Welche Möglichkeiten gibt es, die vertragsärztliche Versorgung in einem überversorgten und damit für Zulassungen gesperrten Planungsbereich zu verbessern?

Wenn es aufgrund einer Besonderheit ein dauerhaftes lokales oder qualifikationsbezogenes Versorgungsdefizit gibt, kann der Zulassungsausschuss durch eine Sonderbedarfszulassung einer zusätzlichen Ärztin, einem zusätzlichen Arzt, einer zusätzlichen Psychotherapeutin oder einem zusätzlichen Psychotherapeuten auf Antrag die Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit in einem gesperrten Planungsbereich ermöglichen.

Die Ausweisung von zusätzlichem lokalen Versorgungsbedarf kann ebenfalls ein Weg sein, um Verbesserungen in der Versorgung zu erreichen.

Ist der Bedarf nur zeitlich begrenzt oder bezogen auf bestimmte medizinische Leistungen, kann die Ermächtigung von beispielsweise im Krankenhaus tätigen Ärztinnen und Ärzten der bessere Weg sein, um die vertragsärztliche Versorgung sicherzustellen. Die gesetzliche Grundlage für Ermächtigungen von Krankenhausärztinnen und -ärzten ist § 95 SGB V.

Wie funktionieren Sonderbedarfszulassungen?

Wenn es in einem für Niederlassungen gesperrten Planungsbereich einen zusätzlichen qualitativen oder quantitativen Versorgungsbedarf gibt, kann der Zulassungsausschuss zusätzliche Niederlassungen durch Sonderbedarfszulassungen ermöglichen.

Der Zulassungsausschuss prüft den entsprechenden Antrag einer Ärztin oder eines Arztes beziehungsweise einer Psychotherapeutin oder eines Psychotherapeuten, er hat dabei eine umfassende Ermittlungspflicht. Das Prüfverfahren richtet sich nach § 36 Bedarfsplanungs-Richtlinie sowie nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen (nachzulesen zum Beispiel im Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. März 2021, Aktenzeichen B 6 KA 2/20 R).

In § 36 der Bedarfsplanungs-Richtlinie hat der G-BA festgelegt:  

  • Der Zulassungsausschuss grenzt eine geografische Region ab, die über die Sonderbedarfszulassung versorgt werden soll.
  • In dieser Region muss die Versorgungslage als unzureichend gelten.
  • Es wird geprüft, ob der beantragte Standort geeignet ist, um den besonderen lokalen Versorgungsbedarf zu decken.
  • Der Einzugsbereich muss über eine ausreichende Anzahl an Patienten verfügen.
  • Es wird geprüft, ob mit der Sonderbedarfszulassung negative Auswirkungen auf bestehende Versorgungsstrukturen zu erwarten sind.

Um den Sonderbedarf aufzufangen, können weitere Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten auch in einer Praxis des antragstellenden Vertragsarztes unter Angabe der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angestellt werden.

Wird der Antrag auf Sonderbedarfszulassung abgelehnt, kann Widerspruch beim Berufungsausschuss eingelegt werden (§§ 44 f. Zulassungsverordnung für Vertragsärzte). Auch eine sozialgerichtliche Klärung ist möglich.

Welcher Versorgungsauftrag ist mit einem Vertragsarztsitz verbunden?

Laut Zulassungsverordnung für Vertragsärzte liegt das geforderte Minimum an Stunden, die für die direkte Patientenversorgung von gesetzlich Krankenversicherten angeboten werden müssen, für einen vollen Arztsitz bei 25 Stunden in der Woche. Dies gilt auch für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.

Bei einem reduzierten Versorgungsauftrag gelten die oben genannten Sprechstundenzeiten jeweils anteilig.

Können Niederlassungsmöglichkeiten auch befristet ausgewiesen werden?

Ja, der Zulassungsausschuss hat diese Möglichkeit, wenn in dem betreffenden Planungsbereich ohne Zulassungsbeschränkungen ein Versorgungsgrad ab 100 Prozent besteht (§ 19 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte).