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G-BA aktuell Nr. 4/2021

vom 29. Juni 2021


Arzneimittel

Imatinib eine von vier neuen Festbetragsgruppen

Gleich vier neue Festbetragsgruppen hat der G-BA im Juni gebildet; unter anderem zum Tyrosinkinasehemmer Imatinib (Glivec®). Der Wirkstoff ist seit 2001 in Deutschland zugelassen und eines der erfolgreichsten Arzneimittel zur Behandlung der chronischen myeloischen Leukämie (CML). Nach der Erstzulassung kamen acht weitere Anwendungsgebiete hinzu; das Preisniveau des Originalpräparates liegt seither noch immer bei etwa 10.300 Euro pro Packung (400 mg, 90 Stck., bei einer Dosierung von 400 mg/Tag lägen die Jahrestherapiekosten damit bei über 40.000 Euro). Seit 2016 der Patentschutz fiel, sind preiswertere wirkstoffgleiche generische Produktalternativen verfügbar. Mit seinem Beschluss vom 17. Juni 2021 hat der G-BA dem mit Bildung einer neuen Festbetragsgruppe der Stufe 1 Rechnung getragen. Patentschutz besteht für das Originalpräparat derzeit noch für die Behandlung maligner gastrointestinaler Stromatumoren. Der Festbetrag wird insofern voraussichtlich nicht vor Herbst 2021 in Kraft treten. Die Festbetragsgruppe hat insgesamt ein Umsatzvolumen von 135,4 Millionen Euro bei 36.800 Verordnungen (Stand 2019).

Weitere neue Festbetragsgruppen (ebenfalls der Stufe 1) wurden gebildet zu Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Atomoxetin (Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, ADHS), Aprepitant (Unterbindung des Brechreizes im Zusammenhang mit Chemotherapien) und Bupropion (u.a. Linderung von Depressionen). Alle vier Beschlüsse werden derzeit vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geprüft und treten erst nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Ein Festbetrag ist eine Preisobergrenze, die die gesetzlichen Krankenkassen für ein Fertigarzneimittel einer Wirkstoffgruppe – der sogenannten Festbetragsgruppe – bezahlen. Der G-BA kann Festbetragsgruppen bilden, wenn Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen. Innerhalb einer Festbetragsgruppe lösen die günstigsten Arzneimittel einen Preisdruck nach unten aus, denn viele pharmazeutische Unternehmer orientieren sich bei ihrer Preisbildung am Festbetrag. Verordnen Ärztinnen und Ärzte einen Wirkstoff und kein konkretes Arzneimittel kann in der Apotheke zwischen verschiedenen Arzneimitteln unterhalb des Festbetrags ausgesucht werden. Werden besonders günstige Arzneimittel abgegeben, kann sogar die Zuzahlung für gesetzlich Versicherte entfallen. Mehr zum Thema finden Sie hier.

Beschluss zu Imatinib vom 17.  Juni 2021

Beschluss zu Atomoxetin vom 17. Juni 2021

Beschluss zu Aprepitant vom 17. Juni 2021

Beschluss zu Bupropion vom 17. Juni 2021

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Methodenbewertung

G-BA fasst weitere Beschlüsse zur Stammzelltransplantation bei Krebs

Der G-BA hat bereits für zahlreiche bösartige Krebserkrankungen geprüft, ob die Heilungschancen durch eine Stammzelltransplantation (SZT) verbessert werden können. Am 17. Juni 2021 gab es dazu ein weiteres Ergebnis: Die allogene SZT darf als Erstlinientherapie bestimmter Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) nur noch in bestimmten Fällen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) angewendet werden. Ansonsten sind derzeit Chemotherapie und autologe SZT die besseren Therapiealternativen. Der Ausschluss gilt bei folgenden Unterformen eines T-Zell-NHL:  

  • Peripheres T-Zell-Lymphom, nicht weiter spezifiziert (PTCL-NOS)
  • Angioimmunoblastisches T-Zell-Lymphom
  • Anaplastisches großzelliges Lymphom

und wenn die Patientinnen und Patienten unter systemischer Induktionstherapie in der Erstlinie eine partielle oder komplette Remission erreichen, in ausreichender Menge autologe Stammzellen gewonnen und autolog transplantiert werden kann. Hintergrund dieser einvernehmlichen Entscheidung des G-BA: In den derzeit verfügbaren Studien konnten keine Belege für einen medizinischen Nutzen gefunden werden. Zudem besitzt die Therapie in diesem Einsatzgebiet nicht das Potenzial einer Behandlungsalternative, das gegebenenfalls in Studien weiter untersucht werden müsste. Anders sieht es bei Patientinnen und Patienten aus, bei denen die Erstlinientherapie bereits ausgeschöpft ist oder die die oben genannten Kriterien nicht erfüllen: Eine allogene SZT bleibt als Leistung bestehen, da es hier noch keine therapeutischen Alternativen gibt.

Beschluss vom 17. Juni 2021

Mit einem zweiten Beschluss hat der G-BA die Bewertung der allogenen SZT mit In-vitro-Aufbereitung des Transplantats bei akuter lymphatischer und myeloischer Leukämie bis zum 31. Dezember 2025 weiterhin ausgesetzt. Durch diesen Schritt kann der G-BA derzeit noch laufende Studien berücksichtigen. Während die Beratungen stoppen, kann diese Behandlungsmethode in Krankenhäusern weiter genutzt werden. Beide hier genannten Beschlüsse werden derzeit vom (BMG) geprüft und treten erst nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Beschluss vom 17. Juni 2021

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Qualitätssicherung

Mindestmengen auf dem Prüfstand: Erste Evaluation beginnt

Mit der Mindestmenge Lebertransplantation inkl. Teilleber-Lebendspende wird der G-BA erstmals eine seiner Mindestmengen evaluieren. Zentral ist dabei die Frage, wie viele Kliniken die Mindestmenge letztlich erreicht haben und welche Effekte und Auswirkungen das auf die Versorgungsqualität hatte. Das mit der Untersuchung beauftragte Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) wird Leistungsdaten der Krankenhäuser und Sozialdaten der Krankenkassen aus den Kalenderjahren 2018 bis 2024 auswerten. Die Ergebnisse sollen bis zum 31. Dezember 2025 vorliegen, ein erster Zwischenbericht schon Ende 2022.

Hinter der Idee des Steuerungsinstruments „Mindestmenge“ steht die Überlegung, dass schwierige, planbare Leistungen nur solche Leistungserbringer durchführen sollten, die damit viel Erfahrung haben. Dadurch sollen Risiken minimiert und die Qualität der Behandlungen verbessert werden. Die Evaluation wird zeigen, ob und unter welchen Umständen dieser Effekt auch wirklich eintritt. Gleichzeitig soll das IQTIG prüfen, ob sich die Indikatoren gut eignen, die es für die Messung der Effekte nutzt. Diese Untersuchung ist damit als Blaupause zu sehen, um weitere Leistungsbereiche wie Nierentransplantation (inklusive Lebendspende), komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus für Erwachsene und die Versorgung von Früh- und Reifgeborenen mit einem Aufnahmegewicht von unter 1.250 g zu evaluieren. Dies soll voraussichtlich im kommenden Jahr auf den Weg gebracht werden.

Beschluss vom 17. Juni 2021

Prognose-Darlegung: 2021 noch schriftlich oder elektronisch möglich

Zwischen dem 1. Juli und dem 7. August übermitteln die Kliniken den Landesverbänden der Krankenkassen ihre Prognosen, ob sie die erforderlichen Mindestmengen für entsprechend belegte Eingriffe 2021 voraussichtlich erreichen werden. Dabei nutzen sie eine am 15. April 2021 beschlossene neue Spezifikation. Softwarehersteller hatten signalisiert, dass diese Spezifikation, die einige Meldeprozesse automatisiert vornimmt, noch nicht für alle Standorte rechtzeitig verfügbar sein wird. Davon betroffene Kliniken können deshalb auf Basis der neuen Übergangsbestimmung in § 10 Abs. 1 der Mindestmengenregelung ihre Prognose in diesem Jahr noch einmal schriftlich sowie in elektronischer Form unter Verwendung einer fortgeschrittenen Signatur übermitteln. Ab dem Jahr 2022 ist die Übermittlung unter Anwendung der Spezifikation dann für alle Standorte verbindlich.

Beschluss vom 17. Juni 2021

MD-Qualitätskontrollen zu vier weiteren Krankenhaus-Behandlungen

Zu vier weiteren Behandlungen überprüft der Medizinische Dienst (MD) künftig, ob Krankenhäuser die dafür bestehenden Strukturqualitätsvorgaben auch einhalten: Zur Liposuktion beim Lipödem im Stadium III, zur bronchoskopischen Lungenvolumenreduktion, zur Brachytherapie und zur Lungendenervierung durch Katheterablation bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung. Diese Behandlungen dürfen nur Einrichtungen durchführen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen zum Beispiel bestimmte Personalqualifikationen und apparative Ausstattungen vorhalten und es dürfen nur Patientinnen und Patienten mit bestimmten Indikationen diesen Eingriffen unterzogen werden. Ob dies erfüllt ist, prüft der MD und führt diese Art der anlassbezogenen Kontrollen in allen Kliniken durch, die diese Leistungen erbringen. Darüber hinaus kann der MD anhand von Stichproben, aber auch aufgrund konkreter Anhaltspunkte, die sich im Abgleich von Veröffentlichungen, Meldungen und Abrechnungen ergeben können, kontrollieren. Wichtig dabei: Der MD prüft nur Krankenhäuser. Bei vertragsärztlichen Leistungserbringern (zum Beispiel bei der Liposuktion und der Brachytherapie) sind die Kassenärztlichen Vereinigungen für die Qualitätsprüfungen verantwortlich. Der Beschluss vom 17. Juni 2021 liegt dem BMG zur Prüfung vor und tritt erst nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Beschluss vom 17. Juni 2021

Zweitmeinungsverfahren Amputationen beim diabetischen Fuß in Kraft

Der Anspruch von Patientinnen und Patienten auf eine qualifizierte ärztliche Zweitmeinung gilt nun auch vor der Entscheidung zu einer Amputation beim diabetischen Fußsyndrom. Unabhängige Fachärztinnen und Fachärzte prüfen dabei, ob die empfohlene Operation medizinisch notwendig ist und beraten zu möglichen Behandlungsalternativen.

Am 27. Mai 2021 ist der Beschlussdes G-BA zu diesem neuen Zweitmeinungsverfahren in Kraft getreten. Damit fiel „der Startschuss“ für alle Ärztinnen und Ärzte mit der entsprechenden Facharztqualifikation, die bei ihrer Kassenärztlichen Vereinigung eine Genehmigung als unabhängige Zweitmeiner beantragen möchten.

Die Namen der zugelassenen Zweitmeiner sind künftig über diese Suchmaschine auf der Seite des ärztlichen Bereitschaftsdienes  zu finden. Zudem unterstützt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) betroffene Patientinnen und Patienten mit einer Entscheidungshilfe.

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Über uns

Der G-BA in den Medien

Prof. Dr. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA zur Finanzierung von ATMP in der Krankenhausbehandlung.
Beitrag „NUB-Lücke bei ATMPs schließen“ Observer Gesundheit vom 27. Mai 2021.

Zum Beitrag

Gesamtübersicht: Der G-BA in den Medien

Pressemitteilungen und Meldungen

Corona-Pandemie: G-BA verlängert erneut Sonderregelung zur telefonischen Krankschreibung und telefonischen ASV-Beratung (vom 17. Juni 2021)

Corona-Sonderregeln verlängern sich (vom 11. Juni 2021)

Zielsetzung des Innovationsfonds ist richtig (vom 10. Juni 2021)

Neue Versorgungsformen: Innovationsausschuss erhält 123 Ideenskizzen (vom 7. Juni 2021)

Versorgungsforschung: Innovationsausschuss veröffentlicht drei neue Förderbekanntmachungen (vom 7. Juni 2021)

Ausschreibung zur Erprobungsstudie der Lungenvolumenreduktion veröffentlicht (vom 2. Juni 2021)

Hohe Anzahl von Erst- und Zweitbewertungen von neuen Arzneimitteln (vom 20. Mai 2021)

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