Newsletter Nr. 09 – Oktober 2007
Im Oktober tagte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in den Besetzungen für Ärztliche Angelegenheiten, Vertragsärztliche Versorgung und Krankenhausbehandlung. In diesem Newsletter informieren wir Sie über die Ergebnisse der Sitzungen. Wie immer finden Sie einen Kommentar von Dr. Rainer Hess, dem Vorsitzenden des G-BA, am Ende des Newsletters.
- Sitzungen & Ergebnisse
- In Kraft getretene Beschlüsse
- Noch nicht in Kraft getretene Beschlüsse
- Sitzungs-Termine für das 4. Quartal 2007
- Kommentar des Vorsitzenden
Sitzungen & Ergebnisse
18. Oktober 2007
G-BA gem. § 91 Abs. 4 SGB V - Ärztliche Angelegenheiten
Richtlinie über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V (Anpassung an das GKV-WSG)
DMP Brustkrebs (Aufhebung der Datensatztrennung für die Dokumentation)
DMP: Stellungnahmeberechtigte Organisationen
G-BA gem. § 91 Abs. 5 SGB V - Vertragsärztliche Versorgung
Schutzimpfungs-Richtlinie (Anpassung an Auflagen des BMG)
Schutzimpfungs-Richtlinie (Umsetzung STIKO-Empfehlungen)
G-BA gem. § 91 Abs. 7 SGB V - Krankenhausbehandlung
Richtlinien Methoden Krankenhausbehandlung (Protonentherapie beim Rektumkarzinom)
In Kraft getretene Beschlüsse
Vertragsärztliche Versorgung
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 2 (Prostaglandin-Synthetase-Hemmer, Gruppe 2 in Stufe 2)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 2 (Makrolide, neuere, Gruppe 1 in Stufe 2)
Änderung der Arzneimittel-Richtlinie: Abschnitt F: OTC-Übersicht
Krebsfrüherkennungs-Richtlinien (Jährlichkeit)
Qualitätssicherungs-Richtlinie Dialyse: Fristen
Vertragszahnärztliche Versorgung
Bedarfsplanungs-Richtlinie Zahnärzte (Neufassung)
Krankenhausbehandlung
Vereinbarung zum Qualitätsbericht/ Anhang 2 zu Anlage 1(Auswahllisten)
Vereinbarung zum Qualitätsbericht/ Anhang 1 zu Anlage 1 (Datensatzbeschreibung)
Vereinbarung zum Qualitätsbericht/ Anlage 2 (Ausfüllhinweise)
Vereinbarung zum Qualitätsbericht (Darstellung Ergebnisse BQS-Verfahren)
Noch nicht in Kraft getretene Beschlüsse
G-BA gem. § 91 Abs. 4 SGB V - Ärztliche Angelegenheiten
Ambulante Behandlung im Krankenhaus (Festlegung einer Mindestmengenregelung)
Ambulante Behandlung im Krankenhaus (Konkretisierung der Primär sklerosierenden Cholangitis)
Ambulante Behandlung im Krankenhaus (Diagnostik und Versorgung von Patienten mit Morbus Wilson)
Vertragsärztliche Versorgung
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 4 (Therapiehinweis zu Leflunomid)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 9 (Carboplatin-haltige Arzneimittel)
Arzneimittel-Richtlinie in Anlage 10: Clopidogrel
Bedarfsplanungs-Richtlinie (Regionale Steuerung)
Bedarfsplanungs-Richtlinie (Reihenfolgeregelung im Zulassungsverfahren)
Bedarfsplanungs-Richtlinie (Anstellung von Psychotherapeuten)
Bedarfsplanungs-Richtlinie (Anwendbarkeit § 24 b auf Psychotherapeuten)
Mutterschafts-Richtlinien (Merkblatt HIV-Screening)
Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung (PDT mit Verteporfin - Anpassung)
Vertragspsychotherapeutische Versorgung
Psychotherapie-Richtlinie: Gesprächspsychotherapie
Krankenhausbehandlung
Richtlinien Methoden Krankenhausbehandlung (Protonentherapie beim Rektumkarzinom
Richtlinien Methoden Krankenhausbehandlung (Protonentherapie bei der Indikation Mammakarzinom)
Sitzungs-Termine für das 4. Quartal 2007
In der Regel tagt der G-BA am dritten Donnerstag eines jeden Monats.
§ 91 Abs. 2 SGB V – Plenum
22. November 2007
§ 91 Abs. 4 SGB V – Ärztliche Angelegenheiten
22. November 2007
§ 91 Abs. 5 SGB V – Vertragsärztliche Versorgung
15. November 2007
20. Dezember 2007
§ 91 Abs. 5 Abs. 2 SGB V – Vertragspsychotherapeutische Versorgung
20. Dezember 2007
§ 91 Abs. 6 SGB V – Vertragszahnärztliche Versorgung
7. November 2007
§ 91 Abs. 7 SGB V – Krankenhausbehandlung
22. November 2007
Kommentar des Vorsitzenden
Mit seinem Beschluss vom 18. Oktober 2007 hat der G-BA in seiner Besetzung nach § 91 Abs. 4 (Ärztliche Angelegenheiten) die Richtlinien zur ambulanten Behandlung im Krankenhaus an die durch das GKV-WSG mit Wirkung vom 1. Januar 2007 grundlegend veränderte Fassung von § 116b SGB V angepasst. Die Die Gesetzesänderung besteht im wesentlichen darin, einzelvertragliche Zuständigkeiten von Krankenkassen zum Abschluss von Verträgen mit einzelnen Krankenhäusern durch die zentrale Zuständigkeit der Krankenhausplanungsbehörden der Länder abzulösen. Diese können mit verbindlicher Wirkung für alle Krankenkassen ein Krankenhaus auf dessen Antrag hin zur ambulanten Erbringung/Behandlung von Katalog - Leistungen/Erkrankungen berechtigen.
Vor allem in zwei Fragen konnte auch in den abschließenden Beratungen kein Konsens erzielt werden. Strittig geblieben ist die grundsätzliche Rechtsfrage, ob und inwieweit der G-BA eine nach Landesrecht gebildete Behörde mit seinen Richtlinien unmittelbar verpflichten kann. Aus der Begründung des GKV-WSG lassen sich dazu keine Erkenntnisse gewinnen. Letztlich kommt es auf die Klärung dieser für spätere Gerichtsverfahren unter Umständen entscheidungserheblichen Rechtsfrage für die Richtlinienfassung selbst nicht an, da die Bindung der Krankenhäuser an die Anforderungen der Richtlinie unbestritten ist und in jedem Fall bei Antragsstellung die Eignung eines Krankenhauses geprüft wird. Die Fassung der Richtlinie stellt deswegen auf die Feststellung von Kriterien ab, die für diese Prüfung maßgeblich sein sollen.
Die zweite strittig gebliebene Rechtsfrage ist die Zulässigkeit der Feststellung vom Mindestzahlen an Patienten, die ein Krankenhaus bezogen auf eine der Katalogerkrankungen jährlich ambulant und/oder stationär behandelt haben muss, um die qualitativen Anforderungen auch längerfristig zu erfüllen. Solche Mindestzahlen sind vom BMG für seltene Erkrankungen wie Marfansyndrom oder Mukoviszidose als Kriterium für die Eignung nicht beanstandet worden. Jetzt geht es aber um vergleichbare Mindestzahlen für häufigere Erkrankungen wie onkologische Erkrankungen, HIV/Aids und rheumatologische Erkrankungen, bei denen der „besondere Verlauf“ zur Aufnahme in den Katalog nach § 116b SGB V geführt hat.
Grundgedanke der Einführung solcher Mindestzahlen ist ein Verständnis des gesetzgeberischen Ziels der Öffnung von Krankenhäusern für die ambulante Behandlung, das in einer Bündelung nicht nur besonderer Ausstattungen sondern auch besonderer Erfahrungen in der Behandlung solcher Erkrankungen besteht, wie sie insbesondere aus einer gewissen Regelmäßigkeit einer stationären Behandlung schwerer Fälle mit ambulanter Weiterbehandlungsmöglichkeit und umgekehrt ambulanter Behandlung zur Vermeidung stationärer Behandlungsbedürftigkeit entsteht. Dieser qualitative Ansatz einer Schwerpunktbildung für die Behandlung bestimmter Erkrankungen ist auch innerärztlich wegen unzureichender Evidenzlage umstritten. Von Seiten der Bundesländer werden entsprechende Kriterien als Entscheidungsgrundlage teilweise begrüßt, teilweise aber auch abgelehnt. Die Patientenvertreter im G-BA haben sich grundsätzlich dafür ausgesprochen.
Die nach langer Beratungsdauer der zuständigen Themengruppe zu der im Ergebnis kritischen Nutzenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) erwartete Entscheidung des G-BA zur Vakuumversieglungstherapie als Leistung der vertragsärztlichen Versorgung musste vertagt werden. Es soll zunächst ein Konsens über die dann auch für die stationäre Behandlung einzuführenden qualitativen Anforderungen angestrebt werden, bevor über den nur zur vertragsärztlichen Versorgung gestellten Antrag entschieden wird.
In eine grundsätzlich andere Richtung führt ein Beschluss des G-BA in der Besetzung nach § 91 Abs. 7 SGB V, dem Antrag der Krankenkassen auf die Zurücknahme weiterer von ihnen gestellter Anträge auf Bewertung der HBO als Leistung der stationären Behandlung für weitere drei Indikationen zuzustimmen. Damit gilt für diese Indikationen im Ergebnis dasselbe, was der G-BA in dieser Besetzung für andere Indikationen positiv entschieden hat. Sie dürfen in der stationären Versorgung weiterhin erbracht werden. Die Grundlage für die Antragsrücknahme liegt in der sehr geringen Versorgungsrelevanz der HBO zur Behandlung dieser Indikationen. Die Entscheidung kommt daher einer nachgehenden Priorisierungsentscheidung gleich, die zu Recht die begrenzten Ressourcen des IQWiG auf versorgungsrelevante Bewertungen konzentrieren will. Eine erneute Antragstellung zu einem späteren Zeitpunkt ist deswegen damit nicht ausgeschlossen.
Welch hohe öffentliche Resonanz die Auseinandersetzung um die Verordnungsfähigkeit des Darmkrebsmittels „Avastin“ in der Augenheilkunde anstelle des ausschließlich für die Injektionsbehandlung des Auges zugelassenen „Lucentis“ hat, wurde in einem Presseseminar deutlich, das der G-BA unter dem Stichwort: “Rationierung oder Rationalisierung – evidenzbasierte Medizin als Bewertungsgrundlage für Leistungen der GKV“ am 24. Oktober in Berlin abgehalten hat. Dieses Seminar diente dazu, die grundsätzliche Position des G-BA und des IQWiG zur Kosten-Nutzenbewertung von Leistungen der GKV und zur Notwendigkeit evidenzbasierter vergleichender klinischer Studien als Beleg für einen medizinischen (Zusatz-) Nutzen in einem Kreis von Fachjournalisten darzustellen und einer kritischen Diskussion zuzuführen. (Informationen zur Veranstaltung unter: http://www.g-ba.de/institution/qualitaetssicherung/stationaere-versorgung/ergebniskonferenzen/ergebniskonferenz07/)
Das Problem Lucentis/Avastin wurde in die Diskussion eingebracht, um die begrenzte Möglichkeit bzw. Zulässigkeit einer Nutzenbewertung aufzuzeigen, die für den G-BA aus den rechtsverbindlichen Vorgaben der indikationsbezogenen Zulassung nach dem AMG entsteht. Daran ist richtig, dass eine vergleichende Kosten-Nutzenbewertung einer Innovation mit der bisherigen Standardtherapie nur im Rahmen derselben Indikation und grundsätzlich nicht gegenüber einem vom Hersteller nicht gedeckten Off-Label-Use erfolgen kann. § 35c SGB V lässt aber jetzt eine zulassungsüberschreitende Anwendung von Arzneimitteln in klinischen Studien zur Prüfung therapierelevanter Verbesserungen in einem bisher nicht zugelassenen Anwendungsbereich ausdrücklich zu. Von dieser Möglichkeit sollte auch nach Meinung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) Gebrauch gemacht werden. Rechtlich offen ist allerdings die Konsequenz aus dem positiven Ergebnis einer solchen Studie, wenn der Hersteller sich weigert, einer darauf basierenden Empfehlung einer beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingesetzten Expertenkommission zur Zulassung eines Off-Label-Use durch den G-BA in der Arzneimittel-Richtlinie zuzustimmen.