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Newsletter Nr. 04 – April und Mai 2008

Im April tagte der Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in der Besetzungen für die vertragsärztliche und die vertragspsychotherapeutische Versorgung. Im Mai fanden Sitzungen des Plenums und des G-BA in den Besetzungen für ärztliche Angelegenheiten sowie die vertragsärztliche Versorgung statt. In diesem Newsletter informieren wir Sie über die Ergebnisse der Sitzungen. Außerdem finden Sie in dieser Ausgabe wie immer einen Kommentar zu den Ergebnissen von Dr. Rainer Hess, dem Vorsitzenden des G-BA.


Sitzungen & Ergebnisse

10. April 2008
G-BA gem. § 91 Abs. 5 SGB V – Vertragsärztliche Versorgung

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 4 (Sitagliptin)

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 8 (Dysport)

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 10 (Kurzwirksame Insulinanaloga Diabetes mellitus Typ 2)

Bedarfsplanungs-Richtlinie (Gleichzeitige Tätigkeit als Vertragsarzt und als angestellter Arzt)

Häusliche Krankenpflege-Richtlinien (Verordnung durch den Krankenhausarzt)

Häusliche-Krankenpflege-Richtlinien (Behandlungspflege inBehinderteneinrichtungen)

24. April 2008
G-BA gem. § 91 Abs. 5 Abs. 2 SGB V – Vertragspsychotherapeutische Versorgung

Psychotherapie-Richtlinien (Gesprächspsychotherapie)

15. Mai 2008
G-BA gem. § 91 Abs. 2 SGB V – Plenum

Änderung der Gebührenordnung im Antragsverfahren nach § 34 Abs. 6 SGB V

Beauftragung IQWiG (Aufklärung, Einwilligung und ärztliche Beratung zum Ultraschallscreening in der Schwangerschaft)

Absichtserklärung des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Förderung von Barrierefreiheit

G-BA gem. § 91 Abs. 4 SGB V – Ärztliche Angelegenheiten

DMP Diabetes mellitus Typ 1 (Aktualisierung 2008)

DMP Diabetes mellitus Typ 2 (Aktualisierung 2008)

G-BA gem. § 91 Abs. 5 SGB V – Vertragsärztliche Versorgung

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 2 (Bisphosphonate und Kombinationen von Bisphosphonaten mit Additiva, Gruppe 1, in Stufe 3)

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 4 (Leflunomid)

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 4 (Strontiumranelat)

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 12 (Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten)

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 13 (Einleitung eines Stellungnahmeverfahrens zur Verordnung besonderer Arzneimittel)

Heilmittel-Richtlinie (Berechtigung zur Stellungnahme: Deutscher Bundesverband der akademischen Sprachtherapeuten)

Heilmittel-Richtlinie (Berechtigung zur Stellungnahme: Verband für Ernährungsmedizin und Diätetik e.V.

Heilmittel-Richtlinie (Berechtigung zur Stellungnahme: Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner e. V.)

Heilmittel-Richtlinie (Berechtigung zur Stellungnahme: Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e. V.)

Kinder-Richtlinien (Einrichtung einer Kinderuntersuchung U7a)

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In Kraft getretene Beschlüsse

Ärztliche Angelegenheiten

Richtlinie über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach §116b (Festlegung einer Mindestmengenregelung)

Richtlinie über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach §116b (Konkretisierung der Primär sklerosierenden Cholangitis)

Richtlinie über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach §116b (Neufassung der §§ 1 bis 5)

Richtlinie über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V (Konkretisierung: Tuberkulose)

Richtlinie über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V (Konkretisierung: Multiple Sklerose)

Vertragsärztliche Versorgung

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 2 (ACE-Hemmer mit Calciumkanalblockern)

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 4 (Omalizumab)

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 4 (Montelukast)

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 10 (Clopidogrel)

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 11 (Aktualisierung der Vergleichsgrößen)

Bedarfsplanungs-Richtlinie (Zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf in nicht unterversorgten Planungsbereichen)

Bedarfsplanungs-Richtlinie (Fachidentität nichtärztlicher Psychotherapeuten)

Kinder-Richtlinie (Screening auf Kindesmisshandlung)

Krebsfrüherkennungs-Richtlinien (Hautkrebs-Screening)
Inkrafttreten erfolgt am 1. Juli 2008.

Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung (Balneophototherapie)
Inkrafttreten erfolgt am 1. Juli 2008.

Krankenhausbehandlung

Qualitätssicherungs-Vereinbarung zum Bauchaortenaneurysma
Inkrafttreten erfolgt am 1. Juli 2008.

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Noch nicht in Kraft getretene Beschlüsse

G-BA gem. § 91 Abs. 4 SGB V - Ärztliche Angelegenheiten

Richtlinie über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach §116b (Konkretisierung der onkologischen Erkrankungen)

Vertragsärztliche Versorgung

Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage 10 (Insulinanaloga)

Bedarfsplanungs-Richtlinie (Zulassungsfähige Arztgruppen)

Häusliche Krankenpflege (Anpassung des Sachverzeichnisses)

Häusliche Krankenpflege (Generalklausel zur sprachlichen Gleichbehandlung)

Häusliche Krankenpflege (Umsetzung der Vorgaben des GKV-WSG)

Mutterschafts-Richtlinie (Ultraschallscreening und Bestimmung der Chorionizität)

Schutzimpfungs-Richtlinie (Redaktionelle Änderungen und Aktualisierung der Anlage 2)

Krankenhausbehandlung

Richtlinien Methoden Krankenhausbehandlung (Protonentherapie bei der Indikation Mammakarzinom)

Richtlinien Methoden Krankenhausbehandlung (Protonentherapie bei der Indikation Ästhesioneuroblastom)

Richtlinien Methoden Krankenhausbehandlung (HBO beim diabetischen Fußsyndrom)

Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung (PET beim kleinzelligen Lungenkarzinom)

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Sitzungs-Termine für das 1. und 2. Quartal 2008

In der Regel tagt der G-BA am dritten Donnerstag eines jeden Monats.

§ 91 Abs. 4 SGB V - Ärztliche Angelegenheiten

19. Juni 2008

§ 91 Abs. 5 SGB V – Vertragsärztliche Versorgung

19. Juni 2008

§ 91 Abs. 7 SGB V - Krankenhausbehandlung

19. Juni 2008

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Kommentar des Vorsitzenden

Am 19. Juni 2008 tagt der G-BA zum letzten Mal in den alten Besetzungen nach § 91 i.d.F. GMG. Schon am 17. Juli 2008 wird die mit dem 1. Juli 2008 beginnende zweite Amtsperiode des G-BA mit der ersten Sitzung des dann einzigen Beschlussgremiums in neuer Besetzung nach dem GKV-WSG eingeleitet werden. Die von den bisherigen Beschlussgremien des G-BA eingesetzten Unterausschüsse können ihre Arbeit im dritten Quartal 2008 fortführen, bis diese auf die bereits vorgesehenen acht neuen Unterausschüsse übergeleitet wird.

Es ist verständlich, dass die bestehenden Unterschüsse möglichst viele der von ihnen bearbeiteten Projekte noch in die jetzigen Beschlussgremien als Beschlussvorlagen einbringen möchten. Entsprechend dicht gedrängt sind die jeweiligen Tagesordnungen der kommenden Juni-Sitzungen.

Zu den Beschlüssen der beiden vergangenen Sitzungen sollen hier nur einige wenige Schwerpunkte herausgestellt werden.

Die Auseinandersetzungen mit der pharmazeutischen Industrie um die Kosten-Nutzenbewertung patentgeschützter Arzneimittel reißen nicht ab. Die Einführung einer neuen methodischen Grundlage der Kosten-Nutzenbewertung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) unter Einbeziehung gesundheitsökonomischer Standards ist dabei zumindest für den G-BA noch eine auf künftige Auftragserteilungen und sie neu zu regelnde Vorschriften der Verfahrensordnung beschränkte Problemstellung. Die Abwicklung des 2004 bei Errichtung des G-BA zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), den Spitzenverbänden der Krankenkassen und der Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA) unter Beteiligung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vereinbarten Handlungskonzeptes zur Nutzenbewertung insbesondere patentgeschützter Arzneimittelinnovationen zu zehn relevanten Versorgungsbereichen kommt jedoch nicht voran. Der G-BA hat in seiner Sitzung am 15. Mai 2008 eine vom zuständigen Unterausschuss erarbeitete Entscheidungsgrundlage zur rechtlichen Absicherung des bisherigen Bewertungsverfahrens zustimmend zur Kenntnis genommen.

Schon die erste in diesem Zusammenhang getroffene Entscheidung zu kurzwirksamen Insulinanaloga zu Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 hat eine Verfahrensdauer von nahezu zwei Jahren in Anspruch genommen und einen Sturm der Entrüstung betroffener Patientengruppen, sie behandelnder Ärzte und betroffener pharmazeutischer Unternehmer ausgelöst. Im Ergebnis bleiben die ausschließlich wegen ihres gegenüber Humaninsulinen höheren Preises von der Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV ausgeschlossenen kurzwirksamen Insulinanaloga verordnungsfähig, weil die betroffenen Hersteller über die durch das GKV-WSG propagierten Rabattvereinbarungen mit allen Krankenkassen die Unwirtschaftlichkeit beseitigt haben. Trotzdem werden aber die Gerichte bemüht, um die aus Sicht der Industrie rechtswidrige Beeinträchtigung des Patentschutzes ihrer Produkte zu Fall zu bringen.

Die Beurteilung des Nutzens von kurzwirksamen Insulinanaloga zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 1 durch das IQWiG kam zu einem vergleichbaren Ergebnis wie bei Diabetes mellitus Typ 2. Das BMG hat diese in der Sitzung des G-BA am 13. März 2008 getroffene Entscheidung aber beanstandet, da sie die Ersteinstellung von erkrankten Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren betrifft. Für diese wird eine Verpflichtung zur Einstellung auf Humaninsulin wegen einer im Einzelfall sich möglicherweise ergebenden späteren Notwendigkeit zur Umstellung als unzumutbar angesehen.

Der Gesetzgeber hat Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 18 Jahren teilweise (z.B. in § 34 SGB V - OTC-Übersicht) aus Leistungseinschränkungen der Gesetzlichen Krankenversicherung ausdrücklich ausgenommen. Eine vergleichbare Regelungskompetenz hat der G-BA jedoch nicht. Es fehlt auch an einer Rechtsgrundlage, die Zumutbarkeit einer möglichen Umstellung auf ein anderes grundsätzlich gleichwertiges Präparat ausschließlich an einer Altersgrenze und nicht an evidenzbasierten medizinischen Kriterien festzumachen. Der G-BA sah sich daher - zunächst aus Gründen der Fristwahrung - zu einer Klage gezwungen, will aber mit dem BMG die Möglichkeiten einer außergerichtlichen Klärung prüfen.

Vergleichbar kompliziert und langwierig ist die Nutzenbewertung zu Clopidogrel versus ASS in der Monotherapie zur Behandlung der Koronaren Herzkrankheit (KHK) verlaufen. Es hat acht Jahre gedauert, bis ein zunächst beabsichtigter Therapiehinweis in allen Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit durchgefochten und eine entsprechende Verordnungseinschränkung nach einer erneuten Beanstandung durch das BMG mit Beschluss des G-BA vom 13. März 2008 zu einer nicht beanstandeten Entscheidung wegen unwirtschaftlicher Mehrkosten geführt hat. Auch hier wird die Auseinandersetzung weitergehen, weil jetzt die Ergebnisse einer Studie eingebracht werden, die eine Überlegenheit der Therapie mit Clopidogrel gegenüber ASS evidenzbasiert belegen soll.

Die vorstehenden Ausführungen sollen zeigen, dass bisher die Nutzenbewertung von patentgeschützten Arzneimitteln zwar die  mangelhafte Studienlage zum Nachweis ihres Zusatznutzens gegenüber der kostengünstigeren Vergleichstherapie deutlich aufgezeigt hat, die mit dem Handlungskonzept 2004 angestrebten Ziele bei noch ausstehenden über 40 vergleichbaren Bewertungsverfahren aber so nicht erreichbar sein werden.

Der G-BA setzt seine Anstrengungen um eine Verbesserung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung unvermindert fort. Dies betrifft die regelmäßige Weiterentwicklung von Festbetragsgruppen, der OTC-Übersicht und der Lifestyle-Präparateliste ebenso wie die kurz vor dem Abschluss stehende grundsätzliche Neufassung der Arzneimittel-Richtlinie und die Einführung des durch das GKV-WSG in § 73d neu eingeführten Zweitmeinungsverfahren für hochspezialisierte und besonders kostenaufwendige Arzneimittelinnovationen. Nach Abschluss der jeweiligen Stellungnahmeverfahren sollen die Arzneimittel-Richtlinie und das in sie integrierte Zweitmeinungsverfahren jeweils zügig beschlossen werden. Ebenfalls kurz vor dem Abschluss ist die Erarbeitung eines Arzneimittelmoduls für die Verfahrensordnung des G-BA.

Zum 1. Juli 2008 wird die Zuständigkeit des G-BA erweitert um die Aufgabe, zur Krankenbehandlung medizinisch notwendige arzneimittelähnliche Medizinprodukte in einer Übersicht festzulegen (§ 31 Abs. 1 iVm 34 Abs. 1). Diese Aufgabe wird nach Maßgabe des Beschlusses vom 15. Mai 2008 so umgesetzt, dass die bereits vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung nach entsprechender Aufforderung eingegangenen Anträge, soweit sie die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, in einer ersten Liste zusammengefasst und veröffentlicht werden, und erst danach das gebührenpflichtige Antragsverfahren eingeführt wird.

Die gegensätzlichen Positionen im G-BA zur Öffnung zugelassener Krankenhäuser für die ambulante Behandlung nach Maßgabe von § 116b SGB V haben sich nahezu unverrückbar gefestigt. Einerseits werden die vom G-BA beschlossenen Mindestmengen als rechtswidrig angesehen und eine gerichtliche Klärung angekündigt, andererseits wird die Einführung einer Facharztüberweisung und einer gesicherten vertragsärztlichen Diagnosestellung eingefordert und durch eine Klage der KBV gegen den G-BA geltend gemacht. Unabhängig vom Ausgang entsprechender Rechtsstreite muss davon ausgegangen werden, dass konsentierte Beschlüsse in dieser für die Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen wichtigen Aufgabenstellung des G-BA bis zur Klärung der Rechtslage nicht mehr zu erwarten sind.

Umso erfreulicher ist es, dass der G-BA in derselben Besetzung die Weiterentwicklung der DMP einvernehmlich mit der Zielsetzung ihrer inhaltlichen Anpassung an medizinische Erfordernisse und einer Entbürokratisierung der Dokumentationserfordernisse unter anderem auch durch die Beschlüsse am 15. Mai 2008 zum DMP Diabetes mellitus Typ 1 und 2 erfolgreich betreibt.

Ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Früherkennung von Erkrankungen von Kindern ist die Schließung der zeitlichen Lücke zwischen dem zweiten und den vierten Lebensjahr durch die vom G-BA am 15. Mai 2008 beschlossene Einführung einer U 7a zum Ende des dritten Lebensjahres. Der G-BA sieht die Einführung dieser Untersuchung aber nicht im Zusammenhang mit politischen Forderungen zur Erhöhung der „Kontrolldichte“ zur Aufdeckung von Kindesmisshandlungen oder -vernachlässigungen. Für den G-BA ist  maßgebend die Begleitung der kindlichen Entwicklung durch Früherkennungsuntersuchungen, die entsprechend der physiologischen Entwicklung des Kindes Krankheiten oder Krankheitsrisiken zum frühest möglichen Zeitpunkt erkennen sollen. Deswegen ist die U 7a mit einem Screening zur Früherkennung von Sehstörungen verbunden worden. Die gegen die inhaltliche Ausgestaltung dieses Screenings erhobenen fachlichen Bedenken der Augenärzte und Kinderärzte müssen im Rahmen der ohnehin anstehenden Überarbeitung des gesamten Früherkennungsprogramms geprüft werden. Gleiches gilt für die vom IQWiG in seiner Empfehlung an den G-BA erhobenen Zweifel an der Evidenz eines derartigen Screenings.

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