Newsletter Nr. 07 – Juli 2011
Mit diesem Newsletter informieren wir Sie über die Ergebnisse der Sitzung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) am 21. Juli 2011. Eine Kommentierung der Beschlüsse durch den unparteiischen Vorsitzenden des G-BA, Dr. Rainer Hess, finden Sie am Ende des Newsletters.
- Beschlüsse der Sitzung am 21. Juli 2011
- Im Juli 2011 in Kraft getretene Beschlüsse
- Noch nicht in Kraft getretene Beschlüsse
- Sitzungstermine
- Kommentar des unparteiischen Vorsitzenden
Beschlüsse der Sitzung am 21. Juli 2011
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage IX und X (Lactulose, Gruppe 1, in Stufe 1 nach § 35 Abs. 1 SGB V)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage IV (Therapiehinweis zu Cilostazol)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage VI (Etoposid bei Ewing-Tumoren in verschiedenen Kombinationen)
Beauftragung IQWiG: Bewertung der Arthroskopie des Kniegelenks bei Gonarthrose
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage V (mosquito® med LäuseShampoo)
Im Juli 2011 in Kraft getretene Beschlüsse
Beauftragung IQWiG: Bewertung der Arthroskopie des Kniegelenks bei Gonarthrose
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage III (Nummer 44 - Stimulantien)
Heilmittel-Richtlinie (Neufassung), siehe auch Beschluss vom 19.05.2011
Noch nicht in Kraft getretene Beschlüsse
Verfahrensordnung (Regelung zur Einstellung der Methodenbewertung)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage IV (Therapiehinweis zu Erythropoese-stimulierenden Wirkstoffen)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage VI (Doxorubicin beim Merkelzellkarzinom)
Richtlinie über Maßnahmen der Qualitätssicherung in Krankenhäusern (Leistungsbereiche 2012)
Sitzungstermine
18. August 2011
15. September 2011
20. Oktober 2011
24. November 2011
15. Dezember 2011
19. Januar 2012
16. Februar 2012
15. März 2012
19. April 2010
24. Mai 2012
21. Juni 2012
19. Juli 2012
In der Regel tagt der G-BA an jedem dritten Donnerstag im Monat.
Kommentar des unparteiischen Vorsitzenden
Erneut hat sich gezeigt, dass die kontroversesten Diskussionen zu Entscheidungen des G-BA über die Anerkennung von ärztlichen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden aufgrund von evidenzbasierten Nutzenbewertungen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) geführt werden und zwar insbesondere dann, wenn es sich um stationäre Leistungen handelt. Die Beschlussfassung des G-BA vom 21. Juli 2011 zur autologen Stammzelltransplantation bei akuter lymphatischer Leukämie (ALL) hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) in einer Presseerklärung am Folgetag dahingehend bewertet, dass die globalen Regelungsansprüche des G-BA stärker zugunsten einer hochwertigen Patientenversorgung zurückgenommen werden müssten. Mit dieser Fundamentalkritik wendet sich die DKG gegen eine Entscheidung, mit der die autologe Stammzelltransplantation bei ALL als hochspezialisierte aber mit ebenso hohen Risiken für Patientinnen und Patienten verbundene Behandlungsmethode wegen eines fehlenden evidenzbasierten Nutzenbeleges gegenüber der Chemotherapie als Standardtherapie abgelehnt wurde. Gleichzeitig hat der G-BA aber auf die im Einzelfall bestehende Leistungspflicht der Krankenkassen in Anwendung der im Nikolausbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 festgelegten und vom G-BA als eigene Richtlinie übernommenen Voraussetzungen hingewiesen. Die Bewertung der autologen Stammzelltransplantation bei ALL stand bereits für die Sitzung des G-BA am 21. Oktober 2010 auf der Tagesordnung: Die Entscheidung wurde damals aber bewusst vertagt, um zunächst diese Rechtsgrundlage für positive Einzelfallentscheidungen bei einer negativen Bewertungsentscheidung zu schaffen. In der Sitzung am 21. Juli wurde dann auch von den meisten Beteiligten die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass in den wenigen Fällen, in denen eine autologe Stammzelltransplantation bei ALL wegen fehlender Behandlungsalternative indiziert sein kann, die Leistung aufgrund eines entsprechenden Antrages an die Krankenkasse zu gewähren ist und insoweit eine Überprüfung nach zwei Jahren erfolgen soll. Für die Bewertung der autologen Stammzelltransplantation bei ALL als Methode hat die neueste vorgelegte Studie eine Unterlegenheit gegenüber der Chemotherapie gezeigt. Wegen der mit diesem Eingriff verbundenen hohen Risiken konnte deswegen ihre Anerkennung nicht erfolgen. Vor diesem Hintergrund ist die massive Kritik der DKG an der Beschlussfassung des G-BA inhaltlich nicht nachvollziehbar.
Vergleichbar kontrovers ist diesmal aber auch die Diskussion zur Weiterentwicklung des Disease-Management-Programms (DMP) „Asthma“ verlaufen. Insoweit standen auf Vorschlag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zur Abstimmung die Aufnahme eines Angebotes an die Versicherten zur einmaligen Durchführung eines medikamentengestützten Tabakentwöhnungsprogramms - analog der für das DMP COPD bereits abgegebenen Empfehlung an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) - und die Ausweitung der Teilnahme auf Kinder im Alter von 2 bis 5 Jahren. Die Empfehlung zur Aufnahme eines Tabakentwöhnungsprogrammes für an Asthma erkrankte Patientinnen und Patienten wurde mehrheitlich beschlossen, weil Patienten mit dieser schweren Erkrankung sich durch Rauchen selbst in ihrer Gesundheit schädigen und deswegen von einer krankhaften Sucht auszugehen ist. Die Erweiterung der Anspruchsberechtigung auf Kinder wurde mehrheitlich abgelehnt, weil in diesem Alter die Diagnose noch nicht sicher gestellt werden kann und eine ausreichende Evidenz für einen Zusatznutzen aus der Teilnahme an dem DMP gegenüber dem auch ohne Einschreibung bestehenden Behandlungsanspruch insoweit nicht belegt ist. Da es sich bei beiden Beschlüssen um Empfehlungen an das BMG zur Aufnahme als Anlage in die Risikostrukturausgleichsverordnung (RSAV) handelt, muss abgewartet werden, ob und ggf. wie das BMG diese Beschlüsse aufgreift, wobei in jedem Fall eine Verbindung mit der bereits beschlossenen Weiterentwicklung des DMP COPD erfolgen soll. Vielleicht wirkt sich auch die im Entwurf des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes vorgesehene Umwandlung der bestehenden Empfehlungszuständigkeit des G-BA in eine Richtlinienkompetenz auf das weitere Verfahren aus.