Newsletter Nr. 03 – März 2012
Mit diesem Newsletter informieren wir Sie über die Ergebnisse der Sitzung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) am 15. März 2012. Eine Kommentierung der Beschlüsse durch den unparteiischen Vorsitzenden des G-BA, Dr. Rainer Hess, finden Sie am Ende dieses Newsletters.
- Beschlüsse der Sitzung vom 15. März 2012
- Im März 2012 in Kraft getretene Beschlüsse
- Noch nicht in Kraft getretene Beschlüsse
- Stellungnahmen
- Neuer Webauftritt des G-BA
- Sitzungstermine 2012
- Kommentar des unparteiischen Vorsitzenden
Beschlüsse der Sitzung vom 15. März 2012
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage XII: Pirfenidon
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage XII und IX: Azilsartan medoxomil (als Kaliumsalz)
Hilfsmittel-Richtlinie: Neufassung vom 21. Dezember 2011/15. März 2012
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage V: Aufnahme MOVICOL®-Produkte
Im März 2012 in Kraft getretene Beschlüsse
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage XII: Fingolimod
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage XII: Cabazitaxel
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage XII: Telaprevir
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage XII: Abirateronacetat
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage XII: Linagliptin
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage XII: Regadenoson
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage XII: Pirfenidon
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage XII und IX: Azilsartan medoxomil (als Kaliumsalz)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage V: Aufnahme MOVICOL®-Produkte
Mutterschafts-Richtlinien (Einführung eines Screenings auf Gestationsdiabetes)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage XII: Boceprevir
Noch nicht in Kraft getretene Beschlüsse
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage I (Nummer 30 L-Methionin)
Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung (Protonentherapie beim Ösophaguskarzinom)
Arzneimittel-Richtlinie (Klarstellung der Verordnungsvoraussetzungen für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen), Beschluss von 2011
Arzneimittel-Richtlinie (Klarstellung der Verordnungsvoraussetzungen für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen), Beschluss von 2004
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage IV (Therapiehinweis zu Montelukast)
Stellungnahmen
Neuer Webauftritt des G-BA
Der G-BA hat seinen Internetauftritt optisch grundlegend überarbeitet und zum Teil technisch weiterentwickelt.
Eine Presseerklärung informierte zur Freischaltung der neu gestalteten Homepage am 29. März 2011 über die wichtigsten Veränderungen:
http://www.g-ba.de/institution/presse/pressemitteilungen/437/
Sitzungstermine 2012
19. April 2012
03. Mai 2012
24. Mai 2012
07. Juni 2012
21. Juni 2012
05. Juli 2012
19. Juli 2012
02. August 2012 (optional)
16. August 2012
06. September 2012 (optional)
20. September 2012
04. Oktober 2012 (optional)
18. Oktober 2012
01. November 2012 (optional)
15. November 2012
06. Dezember 2012 (optional)
20. Dezember 2012
Das Plenum des G-BA tagt an jedem dritten Donnerstag im Monat. Aufgrund der gesetzlichen Fristen bei der frühen Nutzenbewertung neu zugelassener Arzneimittel nach § 35a SGB V sind weitere optionale Zusatztermine jeweils für den ersten Donnerstag des Monats eingeplant. Diese Termine finden jedoch nur dann statt, wenn dies zur Einhaltung der Fristen bei laufenden Verfahren erforderlich ist. Sie haben eine ausschließlich auf Arzneimittel-Themen begrenzte Tagesordnung. Sobald feststeht, ob ein optionaler Sitzungstermin tatsächlich stattfindet, wird der Vermerk „optional“ entfernt.
Kommentar des unparteiischen Vorsitzenden
Die Auseinandersetzung um die frühe Nutzenbewertung neuer Arzneimittelwirkstoffe, die mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) zum Januar 2011 eingeführt wurde, hält an. Jede Veröffentlichung einer Nutzenbewertung durch das damit vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beauftragte Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) wird von Seiten der pharmazeutischen Industrie kritisch, zum Teil auch polemisch kommentiert. Die Kritik setzt sich dabei selten und dann meist einseitig mit der vom IQWiG vorgenommenen Einzelbewertung auseinander. Sie gipfelt aber immer in dem allgemeinen Vorwurf fehlender Transparenz und Innovationsfeindlichkeit. Damit versucht die Industrie offensichtlich, im politischen Umfeld Stimmung gegen die Bewertungsmethodik des IQWiG zu machen, um möglichst noch in dieser Legislaturperiode Gesetzesänderungen in ihrem Sinne zu erreichen. Deswegen wird im gleichen Atemzug mit der geäußerten Kritik auch immer beteuert, dass die Einführung einer Frühbewertung neuer Arzneimittelwirkstoffe in Deutschland durchaus akzeptiert werde und nur die Art und Weise ihrer Handhabung auf Ablehnung stoße.
Alle Beteiligten wissen und akzeptieren inzwischen aber auch, dass sich eine solche Frühbewertung neuer Arzneimittelwirkstoffe in Deutschland nicht von jetzt auf gleich konfliktfrei einführen lässt. Andere Länder haben Jahre gebraucht, um vergleichbare Bewertungsverfahren zu etablieren und machen sich die Entscheidungen über die Bewertung eines medizinischen Nutzens leichter, indem sie bereits aus einem ungünstigen Kosten-Nutzen-Verhältnis (zum Beispiel errechnet über Quality Adjusted Life Years = QALYs, ein rechnerisches Verfahren, das die lebensverlängernde Wirkung eines medizinischen Eingriffs in Beziehung zur gewonnenen Lebensqualität der Patienten in dieser Zeitspanne setzt) die Ablehnung einer Erstattungsfähigkeit für das eigene Gesundheitssystem rechtfertigen können. Wir befinden uns in Deutschland aber nach wie vor am Anfang eines ausschließlich auf die Bewertung des medizinischen Zusatznutzens eines neuen Arzneimittelwirkstoffs gegenüber einer bestehenden zweckmäßigen Vergleichstherapie ausgerichteten Verfahrens. Für pharmazeutische Unternehmen hat dieses Verfahren den Vorteil, dass der medizinische Nutzen (und bei Orphan Drugs – den Arzneimitteln zur Behandlung seltener Krankheiten - sogar der medizinische Zusatznutzen) als gesetzlich mit der Arzneimittelzulassung gegeben angesehen wird. Ein Verordnungsausschluss in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist im Falle der Orphan Drugs nur noch bei einer vom pharmazeutischen Unternehmen nicht widerlegbaren Unzweckmäßigkeit des Arzneimittels zu befürchten.
Diese Sicherung des Zugangs zum GKV-Markt wird für ein pharmazeutisches Unternehmen allerdings erkauft durch die es allein treffende Verpflichtung, einen medizinischen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie nachzuweisen, wenn es einen höheren Erstattungspreis für sein Produkt erzielen will. Internationale Vergleiche, wie sie die Industrie gern anstellt, um die Innovationsfeindlichkeit von Bewertungsentscheidungen in Deutschland zu belegen, verbieten sich schon aus diesem Grund. Die von der Industrie angestellten statistischen Vergleiche stimmen aber auch deswegen nicht, weil sie die auf Anwendungsgebiete und Subgruppen bezogenen Bewertungsempfehlungen des IQWiG an den G-BA prozentual vergleichen mit auf Arzneimittel bezogenen Entscheidungen anderer Länder. Ein lernendes System verlangt Fairness von beiden Seiten!
Für den G-BA als mit der Durchführung der frühen Nutzenbewertung beauftragte öffentlich-rechtliche Institution ist die regelmäßige Überprüfung der Recht- und Ordnungsmäßigkeit des Bewertungsverfahrens Teil der gesetzlichen Aufgabenstellung. Ein am 22. März 2012 gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) unter Beteiligung des IQWiG, des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) deswegen durchgeführtes Expertengespräch mit Vertretern der Industrie diente einem Erfahrungsaustausch. Aus den bis dahin durchgeführten 12 Nutzenbewertungen des IQWiG, 8 dazu erfolgten Bewertungsentscheidungen und 13 Anhörungsverfahren des G-BA sollten erste Erkenntnisse für gegebenenfalls notwendige Verfahrensänderungen gewonnen werden. Das Protokoll dieses Expertengesprächs wird nach Fertigstellung auf den Internetseiten des G-BA veröffentlicht*. Deswegen erfolgt meinerseits heute auch keine eigene Wertung hierzu. Allerdings hat der G-BA von sich aus zwei Änderungen in dieses Gespräch eingebracht, die sich bereits aufgrund seiner eigenen Erfahrungen mit der frühen Nutzenbewertung ergeben haben:
- Bei Orphan Drugs erfolgt in Zukunft zunächst keine eigenständige Festlegung einer zweckmäßigen Vergleichstherapie mehr durch den G-BA als Grundlage der insoweit allein rechtlich zulässigen Bewertung des Ausmaßes eines gesetzlich zu unterstellenden Zusatznutzens. Vielmehr wird ausschließlich auf der Grundlage der Zulassungsstudien das Ausmaß des Zusatznutzens durch den G-BA bewertet. Eine Beauftragung des IQWiG mit der Durchführung einer Nutzenbewertung bei zuvor festgelegter zweckmäßiger Vergleichstherapie erfolgt erst dann, wenn der Umsatz des betreffenden Arzneimittels die gesetzliche Grenze von 50 Millionen Euro überschritten hat und damit einer uneingeschränkten Nutzenbewertung unterliegt. Bereits vom IQWiG durchgeführte Bewertungen von Orphan Drugs werden durch die Beschlussfassung des G-BA entsprechend umgestellt. Das pharmazeutische Unternehmen kann allerdings auch für eine Orphan Drug eine Beratung zur zweckmäßigen Vergleichstherapie beantragen, um sich für den Fall einer Umsatzsteigerung rechtzeitig auf die dann durchzuführende Nutzenbewertung vorzubereiten. Diese Verfahrensumstellung erfolgt, weil das erste Orphan-Drug-Verfahren zeigte, dass bei einer von den Zulassungsstudien abweichenden Festlegung einer Vergleichstherapie das pharmazeutische Unternehmen auch das Ausmaß eines Zusatznutzens nur im Verhältnis zu dieser abweichenden Vergleichstherapie belegen müsste, was einem indirekten Beleg eines Zusatznutzens gleichkommt, der rechtlich nicht verlangt werden kann.
- Der G-BA wird die Auswahl der zweckmäßigen Vergleichstherapie nach den dafür maßgebenden Kriterien der Verfahrensordnung in dem vom pharmazeutischen Unternehmen beantragten Beratungsgespräch wie bisher darlegen, demnächst aber auch ausführlich schriftlich begründen. Diese Umstellung erfolgt, weil hierzu in der Beratung am häufigsten Differenzen auftreten, das Beratungsergebnis aber rechtlich auch für den G-BA noch nicht bindend ist. Das pharmazeutische Unternehmen muss jedoch, gerade wenn es an seiner abweichenden Auffassung bei der Dossiererstellung festhalten will, die fachlichen Gründe für die Auswahl der ihm in Rückkoppelung mit dem G-BA-Unterausschuss Arzneimittel mitgeteilten Vergleichstherapie nachvollziehen können, um hierauf in seinem Dossier Bezug zu nehmen.
In seiner Sitzung am 15. März 2012 hat der G-BA die Grundlage für eine Veröffentlichung der bereits im Dezember 2011 beschlossenen Neufassung der Hilfsmittel-Richtlinie zu Hörgeräteverordnungen geschaffen, indem rechtliche Vorbehalte des BMG gegen zwei Vorschriften dieser Richtlinie ausgeräumt werden konnten.
*Hinweis der Online-Redaktion: Sobald der Protokolltext vorliegt, wird er umgehend auf der G-BA-Homepage unter http://www.g-ba.de/institution/service/veranstaltungen/veranstaltungen-amnog/eingestellt. Wir bitten von Nachfragen abzusehen.