Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Mindestmengen
Was sind Mindestmengen?
Sind medizinische Behandlungen oder Operationen besonders schwierig und risikoreich, wird das Ergebnis der Behandlung mit zunehmender Erfahrung der Ärztin bzw. des Arztes oder des Behandlungsteams in der Regel besser. Für Patientinnen und Patienten heißt das also: Solche Eingriffe sind erfolgreicher und seltener mit Komplikationen verbunden, wenn sie in einem Krankenhaus oft durchgeführt werden. Abläufe und Teamarbeit sind eingespielt, erfahrenes pflegerisches und ärztliches Personal vorhanden.
Mindestmengen sind laienverständlich übersetzt „Mindestfallzahlen“ einer Behandlung pro Kalenderjahr. Sie können je Ärztin und Arzt und/oder Standort eines Krankenhauses festgelegt werden. Nur wenn diese Mindestfallzahl im Jahresdurchschnitt voraussichtlich erreicht wird, darf die Behandlung – sofern es sich nicht um einen Notfall handelt oder Übergangsregelungen oder Ausnahmetatbestände gelten – erbracht werden. So ist es gesetzlich in § 136b Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V sowie in den Mindestmengenregelungen des G-BA festgelegt.
Warum gibt es Mindestmengen?
Hinter der gesetzgeberischen Idee der Mindestmenge steht das Ziel, Patientinnen und Patienten bei besonders schwierigen, aber planbaren Eingriffen eine sichere Versorgung anzubieten. Das gelingt in jenen Krankenhäusern im Durchschnitt besser, die risikoreiche Eingriffe oder Behandlungen öfter durchführen als jene Kliniken, die das selten tun. Bei Mindestmengen geht es also darum, die Risiken bei planbaren Behandlungen oder Operationen zu senken und damit die Überlebens- und Heilungschancen von Patientinnen und Patienten zu erhöhen.
Die gesetzliche Grundlage für Mindestmengen ist § 136b Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V. Die Details legt der G-BA in den Mindestmengenregelungen fest.
Welchen Auftrag hat der G-BA?
Der Gesetzgeber hat den G-BA als oberstes Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung beauftragt, besonders schwierige planbare Operationen oder Behandlungen zu identifizieren, bei denen eine bestimmte Fallzahl – Fachleute sprechen hier von Menge – die Ergebnisqualität positiv beeinflusst. Lässt sich aus Studien ein Zusammenhang zwischen Fallzahl (Menge) und Qualität der planbaren Behandlung ableiten, legt der G-BA eine konkrete Mindestmenge fest: also die Höhe des Schwellenwertes, bei der dieser Zusammenhang wirksam wird. Dabei prüft der G-BA auch, wie sich verschiedene Mindestmengenhöhen auf die Verteilung von verfügbaren Krankenhausstandorten auswirken würden und was das jeweils für die Fahrtzeiten und -wege zu einem Krankenhaus bedeutet. Die veränderten Fahrtzeiten dürfen zu keinen neuen Risiken führen, sondern müssen durch den Gewinn an Versorgungsqualität aufgewogen werden.
Wie geht der G-BA bei der Festlegung von Mindestmengen vor?
Der G-BA überprüft beispielsweise anlässlich einer neuen Studienlage oder aufgrund von Hinweisen aus der Versorgung, ob die bestehenden Mindestmengen angepasst oder neue Mindestmengen für weitere Operationen oder Behandlungen hinzukommen sollten. In die Beratungen bindet der G-BA neben dem Sachverstand von Ärztinnen und Ärzten, Krankenhäusern, Krankenkassen auch Vertreterinnen und Vertreter der Patientenorganisationen und der Bundesländer ein.
Für die Recherche der Studien- und ggf. Datenlage zum Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und Qualität des Behandlungsergebnisses beauftragt der G-BA das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und wenn nötig zusätzlich auch das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG). Auch eine Analyse der Verteilung von Krankenhäusern bei unterschiedlich hohen Mindestmengen veranlasst der G-BA und prüft, wie sich die verschiedenen Mindestmengen auf die Fahrtwege und -zeiten für Patientinnen und Patienten auswirken würden.
Alle Entscheidungsgrundlagen finden sich in den sogenannten Tragenden Gründen, einem Begleitdokument zum Beschluss. Die Beschlüsse des G-BA zu den Mindestmengenregelungen – auch zur Einleitung eines Beratungsverfahrens und zur Beauftragung wissenschaftlicher Institutionen – veröffentlicht er auf seiner Website: Mindestmengenregelungen | Beschlüsse
Was ist in den Mindestmengenregelungen des G-BA festgelegt?
In den Mindestmengenregelungen des G-BA sind die planbaren Leistungen zu finden, bei denen der G-BA bereits den Zusammenhang zwischen Häufigkeit und Qualität überprüft hat und zu einem positiven Ergebnis kam. Zudem sind hier die jeweilige Mindestmengenhöhe und der Bezugspunkt (je Ärztin und Arzt und/oder Standort eines Krankenhauses) festgelegt. Krankenhäuser finden hier auch konkrete Verfahren und Leistungen, die berücksichtigt werden können, um die jeweils festgelegte Mindestmenge zu erfüllen.
In den Mindestmengenregelungen ist auch beschrieben, was Krankenhäuser tun müssen, um jene Leistungen abzurechnen, für die eine Mindestmenge gilt. Ebenso sind Details zu Übergangsregelungen aufgeführt, die bei neuen oder geänderten Mindestmengen greifen.
Wann dürfen Krankenhäuser Leistungen anbieten, für die eine Mindestmenge gilt?
Generell gilt: Nur wenn die Mindestmenge im Jahresdurchschnitt voraussichtlich erreicht wird, darf die Behandlung – sofern es sich nicht um einen Notfall handelt oder Übergangsregelungen oder Ausnahmetatbestände gelten – erbracht werden. Ein Krankenhaus, das die medizinische Behandlung dennoch durchführt, hat keinen Anspruch auf eine Bezahlung durch die gesetzlichen Krankenkassen (oder Privatpatientinnen und -patienten und Selbstzahlerinnen und Selbstzahler). So ist es gesetzlich in § 136b Abs. 5 SGB V festgelegt.
Über die Einschätzung (Prognose) zur künftigen Fallzahl müssen sich Krankenhäuser und Krankenkassen vor Ort austauschen. Laut Gesetzgeber liegt eine realistische quantitative Einschätzung zur künftigen Fallzahl (Menge) in der Regel dann vor, wenn das Krankenhaus im vorausgegangenen Kalenderjahr die maßgebliche Mindestmenge erreicht hat. Der genaue Ablauf dieser jährlichen Prognosedarlegung ist in den Mindestmengenregelungen beschrieben: Spätestens bis zum 7. August übermitteln die Krankenhausträger den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen ihre Prognose, ob sie die Mindestmenge im kommenden Kalenderjahr voraussichtlich erreichen werden. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen prüfen die Prognose und teilen dem Krankenhausträger bis zum 7. Oktober des laufenden Kalenderjahres das Ergebnis der Prüfung mit.
Gibt es Übergangsregelungen oder Ausnahmen?
Für den Fall, dass der G-BA für eine medizinische Leistung eine Mindestmenge neu festlegt, eine bestehende erhöht oder einen anderen Bezug (statt wie bisher Mindestmenge pro Krankenhausstandort, dann Mindestmenge pro Ärztin/Arzt) einführt, gelten Übergangsfristen. In dieser Zeit müssen Krankenhäuser die neue Mindestmenge noch nicht vollständig erfüllen und können die Leistungen dennoch durchführen sowie abrechnen. Die konkreten Übergangsregelungen sind leistungsbezogen in der Anlage der Mindestmengenregelungen, dem sogenannten Mindestmengenkatalog, zu finden.
Für Krankenhäuser, die eine medizinische Leistung mit einer Mindestmenge erstmalig oder nach einer Unterbrechung erneut durchführen möchten, gelten Ausnahmen. Sie müssen die Mindestmenge nur anteilig erfüllen. Geregelt ist das in § 6 der Mindestmengenregelungen.
Können Bundesländer eine Nichtanwendung der Mindestmengen für ein Krankenhaus beschließen?
Die vom G-BA festgelegten Mindestmengen gelten bundesweit – Patientinnen und Patienten sollen unabhängig von ihrem Wohnort von diesem qualitätssichernden Instrument profitieren. Mindestmengen können für ein Krankenhaus jedoch zeitlich befristet ausgesetzt werden, wenn bei einem Wegfall des Versorgungsangebots aus Sicht eines Landes die flächendeckende Versorgung gefährdet ist.
Zuständig für die Krankenhausplanung sind Landesbehörden, in der Regel also die Gesundheitsministerien der Bundesländer. Sie entscheiden auf Antrag des einzelnen Krankenhauses die Vorgaben der Mindestmenge nicht anzuwenden – jedoch nicht allein, sondern im Einvernehmen mit den regionalen Krankenkassen und ihrer Landesverbände (§ 136b Abs. 5a SGB V). Das Nichtanwenden der Mindestmenge ist auf ein Kalenderjahr befristet, wiederholte Befristungen sind jedoch zulässig. Die Landesbehörde hat den G-BA sowie das Bundesministerium für Gesundheit über solche Ausnahmegenehmigungen von der Mindestmenge zu informieren und die Entscheidung zu begründen.
Sind die Bundesländer an den Beratungen des G-BA zu Mindestmengen beteiligt?
Vertreterinnen und Vertreter der Gesundheitsministerkonferenz der Landesgesundheitsminister sind in allen Gremien des G-BA zur Qualitätssicherung (und vertragsärztlichen Bedarfsplanung) vertreten, haben ein Antrags- wie Mitberatungsrecht und somit auch Zugang zu allen Beratungsunterlagen. Sie können ihre Positionen einbringen, Beratungsanträge stellen und nehmen auch an Plenumssitzungen teil, bei denen Beschlüsse fallen. So schreibt es der Gesetzgeber vor (§ 92 Abs. 7f SGB V).