Der G-BA legt fest, welche Heilmittel als Krankenkassenleistungen vertragsärztlich und durch Krankenhäuser im Entlassmanagement verordnet werden können und was dabei zu beachten ist. Vergleichbares gilt für die Verordnung von Heilmitteln in der vertragszahnärztlichen Versorgung.
Verordnungsfähige Heilmittel
Welche Heilmittel bei welchen Erkrankungen bzw. Krankheitsanzeichen verordnet werden dürfen, ist im sogenannten Heilmittelkatalog(PDF 493,83 kB) der Richtlinie festgelegt.
Ergotherapie
Ergotherapie kann Menschen unterstützen und begleiten, die krankheitsbedingt in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder davon bedroht sind. Eine Verordnungsfähigkeit ist bei bestimmten Erkrankungen der Stütz- und Bewegungsorgane, des Nervensystems und bei psychischen Störungen gegeben. Die Bandbreite der verordnungsfähigen Maßnahmen reicht von Hirnleistungstraining bis zu motorisch-funktionellen Behandlungen.
Ernährungstherapie
Ernährungstherapie ist darauf ausgerichtet, Patientinnen und Patienten zur Auswahl und Zubereitung von Nahrungsmitteln sowie zu krankheitsspezifischen Diäten und zu einem Ernährungsplan zu beraten. Sie kann als Heilmittel bei seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankungen und Mukoviszidose verordnet werden. Ziel ist, ernährungsbedingt auftretende schwere geistige oder körperliche Beeinträchtigungen zu vermeiden.
Physiotherapie
Physiotherapie umfasst verschiedene Verfahren, die auf passiven oder aktiven Bewegungen der Patienten basieren. Dazu zählen z. B. Krankengymnastik und Massagetherapien sowie physikalische Therapien, beispielsweise unter Einsatz von Kälte oder Wärme. So soll eine größtmögliche körperliche Funktionsfähigkeit erreicht werden. Physiotherapie kann bei einer Vielzahl von Erkrankungen verordnet werden, beispielsweise der Stütz- und Bewegungsorgane, des Nervensystems und der inneren Organe.
Podologie
Bei der podologischen Therapie werden am Fuß krankhafte Hornhaut- und/oder Nagelverdickungen abgetragen oder bearbeitet. Podologie ist verordnungsfähig beim diabetischen Fußsyndrom sowie bei Schädigungen als Folge einer Neuropathie oder eines Querschnittsyndroms, die mit dem diabetischen Fußsyndrom vergleichbar sind.
Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie
Stimmtherapie hat das Ziel, Probleme bei der Stimmbildung im Kehlkopf zu beheben oder zu mildern. Mit der Sprechtherapie können Redeflussstörungen wie Stottern und Poltern sowie neurologisch bedingte Sprechstörungen behandelt werden. Sprachtherapie umfasst Maßnahmen, um sprachliche Äußerungen anzubahnen und ein Sprachverständnis aufzubauen. Die Schlucktherapie kann zur Behandlung von Schluckstörungen verordnet werden.
Weitere Heilmittel können vom G-BA in die Richtlinie aufgenommen werden. Voraussetzung dafür ist, dass in einem strukturierten Bewertungsverfahren Belege für ihren medizinischen Nutzen und ihre Notwendigkeit gefunden werden.
Nichtverordnungsfähige Heilmittel – beispielsweise die Reittherapie oder Saunabesuche – sind in der Anlage 1 der Heilmittel-Richtlinie aufgeführt.
Auswahl und Verordnung von Heilmitteln
Gibt es bei einer Patientin oder einem Patienten einen medizinischen Anlass (Indikation) – beispielsweise eine Schädigung der Muskelfunktion im Zusammenhang mit einer Arthrose – wählt die Verordnerin oder der Verordner anhand des Heilmittelkatalogs die genaue Art des Heilmittels aus. In der Physiotherapie, der Ergotherapie und im Bereich der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie können bis zu drei Heilmittel gleichzeitig verordnet und somit kombiniert werden. Beispielsweise können in der Physiotherapie die manuelle Therapie, die Krankengymnastik und die klassische Massagetherapie während der Laufzeit einer Verordnung kombiniert werden.
Die Menge der Behandlungseinheiten richtet sich nach dem individuellen Bedarf, also nach der Schwere der Erkrankung bzw. den funktionellen oder strukturellen Schädigungen und den angestrebten Therapiezielen. Im Heilmittelkatalog sind für jede Erkrankung die Höchstmenge je Verordnung – beispielsweise 6 Behandlungseinheiten – sowie die „orientierende Behandlungsmenge“ – beispielsweise 18 Einheiten – angegeben. Die orientierende Behandlungsmenge gibt die Anzahl an Einheiten an, mit der das Therapieziel erreicht werden soll. Wird jedoch das Therapieziel nicht erreicht, können weitere Verordnungen ausgestellt werden.
Im Heilmittelkatalog sind auch Empfehlungen zur Behandlungsfrequenz angegeben, beispielsweise „1x bis 3x wöchentlich“. Durch die Frequenzspanne können die Behandlungstermine je nach Bedarf flexibel vereinbart werden. Hält es die Verordnerin oder der Verordner für notwendig, kann jedoch auch eine fixe Frequenz vorgegeben werden, beispielsweise „1x wöchentlich“.
Die Verordnung eines Heilmittels kann als „dringlich“ markiert werden, wenn die Behandlung innerhalb von 14 Kalendertagen begonnen werden muss. Besteht kein dringlicher Behandlungsbedarf, hat die Patientin oder der Patient bis zu 28 Kalendertage Zeit zu beginnen.
Langfristiger Heilmittelbedarf
Leidet eine Patientin oder ein Patient unter schweren funktionellen oder strukturellen Schädigungen, kann die Verordnerin oder der Verordner einen „langfristigen Heilmittelbedarf“ feststellen: Es wird davon ausgegangen, dass das Therapieziel frühestens nach einem Jahr erreicht wird oder dass eine fortlaufende Behandlung notwendig ist. Eine Verordnung kann in diesem Fall (wiederholt) für jeweils 12 Wochen ausgestellt werden.
Der G-BA hat in der Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf (Anlage 2 der HeilM-RL) alle Diagnosen aufgelistet, bei denen ein langfristiger Heilmittelbedarf besteht. Versicherte, auf die keine der gelisteten Diagnosen zutrifft, können bei ihrer Krankenkasse einen Antrag auf Genehmigung eines langfristigen Heilmittelbedarfs im Einzelfall stellen. Ein Antragsformular sowie nähere Informationen zum langfristigen Heilmittelbedarf stellt der G-BA für Versicherte in einer Patienteninformation(PDF 659,90 kB) zur Verfügung.
Von den Regelungen zum langfristigen Heilmittelbedarf ist der „besondere Versorgungsbedarf“ zu unterscheiden. Bei welchen Erkrankungen oftmals mehr Heilmittel als gewöhnlich benötigt werden und damit ein „besonderer Versorgungsbedarf“ besteht, vereinbaren die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband. Die KBV stellt den Verordnerinnen und Verordnern eine kombinierte Diagnoseliste „langfristiger Heilmittelbedarf/besonderer Verordnungsbedarf“ zur Verfügung.
Heilmittelbedarf bei Entlassung aus dem Krankenhaus
Benötigen Versicherte nach einem Krankenhausaufenthalt unmittelbar eine Heilmittelbehandlung, können Heilmittel für bis zu 7 Tage auch von Seiten des Krankenhauses verordnet werden. Die Behandlung muss innerhalb von 7 Tagen aufgenommen und innerhalb von 12 Tagen abgeschlossen sein. Besteht längerer Behandlungsbedarf, ist eine Verordnung durch den weiterbehandelnden Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut erforderlich.
Die Details zu den Verordnungsmöglichkeiten nach einer voll- oder teilstationären Behandlung sind in einem Rahmenvertrag Entlassmanagement zwischen GKV-Spitzenverband, KBV und DKG mit Wirkung zum 1. Oktober 2017 festgelegt worden.
Blankoverordnung
Bei einer Blankoverordnung legt nicht die Verordnerin oder der Verordner die Details der Heilmittelbehandlung fest, sondern die Heilmitteltherapeutin oder der Heilmitteltherapeut. Die Verordnerin oder der Verordner bescheinigt somit ausschließlich, dass eine Heilmittelbehandlung erforderlich ist. Die Heilmitteltherapeutinnen oder Heilmitteltherapeuten entscheiden, welches Heilmittel in welcher Therapiefrequenz und wieviele Behandlungseinheiten mit welcher Dauer für die Patientin oder den Patienten angezeigt sind. Die Ausgestaltung der Blankoverordnung wird vom GKV-Spitzenverband und den Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene verhandelt.
Nähere Informationen stellt der GKV-Spitzenverband auf seiner Website zur Verfügung:
Seit 1. April 2024: Die Blankoverordnung in der Ergotherapie
Ab 1. November 2024: Die Blankoverordnung in der Physiotherapie
Heilmittelpreise und Rahmenvorgaben
Therapeutinnen und Therapeuten, die Heilmittel als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen, erhalten hierfür bundesweit einheitliche Preise. Diese werden zwischen dem GKV-Spitzenverband und den jeweiligen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene verhandelt:
Preislisten je Heilmittelbereich (Übersicht des GKV-Spitzenverbands)
Der GKV-Spitzenverband und die KBV vereinbaren jährlich bundeseinheitliche Rahmenvorgaben, die als Grundlage für die Heilmittelvereinbarungen auf Landesebene dienen. In diesen wird das regionale Ausgabenvolumen für das jeweilige Folgejahr festgelegt.