Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung
Der G-BA legt fest, welche Heilmittel als Krankenkassenleistungen vertragsärztlich verordnet werden können und was dabei zu beachten ist. Seit 1. Januar 2021 ist eine grundlegend überarbeitete Heilmittel-Richtlinie in Kraft: Die Vorgaben sind nun deutlich übersichtlicher und einfacher. Vergleichbares gilt für die Verordnung von Heilmitteln in der vertragszahnärztlichen Versorgung.
Für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte – sowie für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, die nun in bestimmten Fällen Ergotherapie verordnen dürfen – stellt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) detaillierte Informationen zur neuen Verordnungssystematik zur Verfügung und zudem eine kombinierte Diagnoseliste „langfristiger Heilmittelbedarf/besonderer Verordnungsbedarf“.
Auswahl und Verordnung von Heilmitteln
Gibt es bei einer Patientin oder einem Patienten einen medizinischen Anlass (Indikation) – beispielsweise eine Schädigung der Muskelfunktion im Zusammenhang mit einer Arthrose – wählt die Verordnerin oder der Verordner anhand des Heilmittelkatalogs die genaue Art des Heilmittels aus. In der Physiotherapie, der Ergotherapie und im Bereich der Stimm-, Sprech-, Sprach- und Schlucktherapie können bis zu drei Heilmittel gleichzeitig verordnet und somit kombiniert werden. Beispielsweise können in der Physiotherapie die manuelle Therapie, die Krankengymnastik und die klassische Massagetherapie während der Laufzeit einer Verordnung kombiniert werden.
Die Menge der Behandlungseinheiten richtet sich nach dem individuellen Bedarf, also nach der Schwere der Erkrankung bzw. den funktionellen oder strukturellen Schädigungen und den angestrebten Therapiezielen. Im Heilmittelkatalog sind für jede Erkrankung die Höchstmenge je Verordnung – beispielsweise 6 Behandlungseinheiten – sowie die „orientierende Behandlungsmenge“ – beispielsweise 18 Einheiten – angegeben. Die orientierende Behandlungsmenge gibt die Anzahl an Einheiten an, mit der das Therapieziel erreicht werden soll. Wird jedoch das Therapieziel nicht erreicht, können weitere Verordnungen ausgestellt werden.
Im Heilmittelkatalog sind auch Empfehlungen zur Behandlungsfrequenz angegeben, beispielsweise „1x bis 3x wöchentlich“. Durch die Frequenzspanne können die Behandlungstermine je nach Bedarf flexibel vereinbart werden. Hält es die Verordnerin oder der Verordner für notwendig, kann jedoch auch eine fixe Frequenz vorgegeben werden, beispielsweise „1x wöchentlich“.
Die Verordnung eines Heilmittels kann als „dringlich“ markiert werden, wenn die Behandlung innerhalb von 14 Kalendertagen begonnen werden muss. Besteht kein dringlicher Behandlungsbedarf, hat die Patientin oder der Patient bis zu 28 Kalendertage Zeit zu beginnen.
Langfristiger Heilmittelbedarf
Leidet eine Patientin oder ein Patient unter schweren funktionellen oder strukturellen Schädigungen, kann die Verordnerin oder der Verordner einen „langfristigen Heilmittelbedarf“ feststellen: Es wird davon ausgegangen, dass das Therapieziel frühestens nach einem Jahr erreicht wird oder dass eine fortlaufende Behandlung notwendig ist. Eine Verordnung kann in diesem Fall (wiederholt) für jeweils 12 Wochen ausgestellt werden.
Der G-BA hat in der Diagnoseliste zum langfristigen Heilmittelbedarf (Anlage 2 der HeilM-RL) alle Diagnosen aufgelistet, bei denen ein langfristiger Heilmittelbedarf besteht. Versicherte, auf die keine der gelisteten Diagnosen zutrifft, können bei ihrer Krankenkasse einen Antrag auf Genehmigung eines langfristigen Heilmittelbedarfs im Einzelfall stellen. Ein Antragsformular sowie nähere Informationen zum langfristigen Heilmittelbedarf stellt der G-BA für Versicherte in einer Patienteninformation zur Verfügung.
Von den Regelungen zum langfristigen Heilmittelbedarf ist der „besondere Versorgungsbedarf“ zu unterscheiden. Bei welchen Erkrankungen oftmals mehr Heilmittel als gewöhnlich benötigt werden und damit ein „besonderer Versorgungsbedarf“ besteht, vereinbaren die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband. Die KBV stellt den Verordnerinnen und Verordnern eine kombinierte Diagnoseliste „langfristiger Heilmittelbedarf/besonderer Verordnungsbedarf“ zur Verfügung.
Heilmittelbedarf bei Entlassung aus dem Krankenhaus
Benötigen Versicherte nach einem Krankenhausaufenthalt unmittelbar eine Heilmittelbehandlung, können Heilmittel für bis zu 7 Tage auch von Seiten des Krankenhauses verordnet werden. Die Behandlung muss innerhalb von 7 Tagen aufgenommen und innerhalb von 12 Tagen abgeschlossen sein. Besteht längerer Behandlungsbedarf, ist eine Verordnung durch den weiterbehandelnden Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut erforderlich.
Die Details zu den Verordnungsmöglichkeiten nach einer voll- oder teilstationären Behandlung sind in einem Rahmenvertrag Entlassmanagement zwischen GKV-Spitzenverband, KBV und DKG mit Wirkung zum 1. Oktober 2017 festgelegt worden.
Blankoverordnung
Bei einer Blankoverordnung legt nicht die Verordnerin oder der Verordner die Details der Heilmittelbehandlung fest, sondern die Heilmitteltherapeutin oder der Heilmitteltherapeut. Die Verordnerin oder der Verordner bescheinigt somit ausschließlich, dass eine Heilmittelbehandlung erforderlich ist. Die Heilmitteltherapeutinnen oder Heilmitteltherapeuten entscheiden, welches Heilmittel in welcher Therapiefrequenz und wieviele Behandlungseinheiten mit welcher Dauer für die Patientin oder den Patienten angezeigt sind. Die Ausgestaltung der Blankoverordnung wird vom GKV-Spitzenverband und den Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene verhandelt.
Nähere Informationen stellt der GKV-Spitzenverband auf seiner Website zur Verfügung:
Seit 1. April 2024: Die Blankoverordnung in der Ergotherapie
Ab 1. November 2024: Die Blankoverordnung in der Physiotherapie
Heilmittelpreise und Rahmenvorgaben
Therapeutinnen und Therapeuten, die Heilmittel als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen, erhalten hierfür bundesweit einheitliche Preise. Diese werden zwischen dem GKV-Spitzenverband und den jeweiligen Spitzenorganisationen der Heilmittelerbringer auf Bundesebene verhandelt:
Preislisten je Heilmittelbereich (Übersicht des GKV-Spitzenverbands)
Der GKV-Spitzenverband und die KBV vereinbaren jährlich bundeseinheitliche Rahmenvorgaben, die als Grundlage für die Heilmittelvereinbarungen auf Landesebene dienen. In diesen wird das regionale Ausgabenvolumen für das jeweilige Folgejahr festgelegt.