Anwendungsbegleitende Datenerhebung bei neuen Arzneimitteln

Bei einigen neuen Arzneimitteln sind die Studiendaten zum Zeitpunkt der Zulassung für die Bewertung des Nutzens und Zusatznutzens nur wenig aussagekräftig. In diesen Fällen kann der G-BA vom pharmazeutischen Unternehmer verlangen, dass während der Behandlung mit diesem Arzneimittel in der täglichen Praxis Daten gesammelt werden. Diese sogenannte anwendungsbegleitende Datenerhebung soll helfen, mehr über den Nutzen und Schaden des neuen Arzneimittels herauszufinden. Sie liefert damit solche Informationen, die über die bereits bekannten Studiendaten hinausgehen und vom G-BA für die Nutzenbewertung ergänzend zu anderen klinischen Daten benötigt werden. Details zum Verfahren der anwendungsbegleitenden Datenerhebung hat der G-BA im 5. Kapitel der Verfahrensordnung festgelegt.

Grafik zum Verfahrensablauf

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) kann eine Anwendungsbegleitende Datenerhebung fordern für Arzneimittel mit bedingter Zulassung, mit Zulassung unter außergewöhnlichen Umständen und für Arzneimittel für seltene Krankheiten, sogenannte Orphan Drugs. Diese soll die Evidenzgrundlage für die Nutzenbewertung des Arzneimittels verbessern.  Folgende Schritte sind dafür notwendig:  Der G-BA prüft, ob eine anwendungsbegleitende Datenerhebung erforderlich ist. Wenn ja, entwickelt der G-BA selbst oder in seinem Auftrag das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen einen Konzeptentwurf für die Realisierung.   Der Konzeptentwurf wird dann an externe Experten zur Einschätzung weitergeleitet, alle Rückmeldungen zum Konzeptentwurf werden in die Konzepterstellung miteinbezogen. Der G-BA legt anschließend in einem Beschluss die konkreten Anforderungen an die anwendungsbegleitende Datenerhebung fest.  Parallel dazu kann das G-BA-Plenum die Anwendung des Arzneimittels auf solche Ärztinnen und Ärzte beschränken, die an der Datenerhebung mitwirken. Ziel ist es, möglichst alle Behandlungen in der klinischen Praxis vollständig zu erfassen. So läuft die Datenerhebung ab: Der pharmazeutischen Unternehmer setzt die den Anforderungen entsprechende Studie auf. Wenn es bereits laufende Datenerhebungen gibt, z. B. ein Register für eine bestimmte Erkrankung, kann dieses gegebenenfalls für die geforderte anwendungsbegleitende Datenerhebung genutzt werden. Anschließend dokumentieren die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die Behandlungsdaten in der klinischen Praxis. Der pharmazeutische Unternehmer wertet die Daten aus und übermittelt die Ergebnisse an den G-BA. Mindestens alle 1,5 Jahre überprüft der G-BA die Datenerhebung. Sofern ausreichend aussagekräftige Daten zur Verfügung stehen, überprüft der G-BA erneut den Zusatznutzen des Arzneimittels.

Diese Arzneimittel können davon betroffen sein

Der G-BA bewertet alle neuen Arzneimittel nach deren Eintritt in den deutschen Markt anhand von Studiendaten, die der pharmazeutische Unternehmer vorlegen muss. Er prüft, ob das neue Arzneimittel mehr oder weniger Nutzen bei der Behandlung einer Krankheit hat als die bisher im Therapiegebiet angewendeten Medikamente. Dabei vergleicht der G-BA die Studienergebnisse des neuen Arzneimittels mit denen der bisherigen sogenannten Standardtherapie. Dieses Verfahren wird frühe Nutzenbewertung genannt.

Einige Arzneimittel, für die zum Zeitpunkt der Zulassung nur begrenzt aussagekräftige Daten zur Verfügung stehen, erhalten dennoch von den Zulassungsbehörden grünes Licht. In diesen Fällen liegen besondere Umstände vor, die eine Sonderzulassung ermöglichen, z. B. weil es keine Alternativen für die Behandlung einer lebensbedrohlichen oder seltenen Krankheit gibt. Auch diese Arzneimittel durchlaufen eine frühe Nutzenbewertung beim G-BA.

Dazu zählen:

  • Arzneimittel mit bedingter Zulassung
  • Arzneimittel mit Zulassung unter außergewöhnlichen Umständen
  • Arzneimittel für seltene Krankheiten, sogenannte Orphan Drugs

Für Wirkstoffe aus diesen Gruppen kann der G-BA vom pharmazeutischen Unternehmer eine anwendungsbegleitende Datenerhebung fordern.

Ziel der anwendungsbegleitenden Datenerhebung

Mit der anwendungsbegleitenden Datenerhebung werden zwei Ziele verfolgt: Patientinnen und Patienten steht das Arzneimittel schnell zur Verfügung, auch wenn bei der Zulassung und zum Zeitpunkt der ersten frühen Nutzenbewertung nicht ausreichend Informationen zum Nutzen und Schaden bekannt sind. Gleichzeitig wird der pharmazeutische Unternehmer verpflichtet, eine bessere Datenlage zu erzielen. So können dank der Daten aus der Versorgungspraxis Nutzen und Schaden des Arzneimittels mit der Zeit besser beurteilt werden. Die anwendungsbegleitende Datenerhebung kann der G-BA sofort zum Markteintritt eines neuen Arzneimittels oder auch noch danach vom pharmazeutischen Unternehmer verlangen.

Schritte zur anwendungsbegleitenden Datenerhebung

Das Beschlussgremium des G-BA, das Plenum, muss zunächst feststellen, dass eine anwendungsbegleitende Datenerhebung für das neue Arzneimittel erforderlich ist.

Anschließend entwickelt der G-BA selbst oder in seinem Auftrag das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) einen Konzeptentwurf für die Realisierung. Folgende Punkte sollen darin enthalten sein: die Anforderungen an Art, Dauer und Umfang der Datenerhebung; die Fragestellung, die Gegenstand der Datenerhebung und Auswertungen sein soll; die Methodik der Datenerhebung sowie der Auswertung durch den pharmazeutischen Unternehmer. Die Konzeptvorbereitung soll grundsätzlich innerhalb von 6 Monaten abgeschlossen sein.

Der Konzeptentwurf wird dann an externe Experten zur Einschätzung weitergeleitet, u. a. an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaften, die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und außerdem an den betroffenen pharmazeutischen Unternehmer. Alle Rückmeldungen zum Konzeptentwurf werden in die Konzepterstellung miteinbezogen. Für die Erstellung des Konzepts bis zur abschließenden Beschlussfassung ist ein Zeitraum von 6 Monaten vorgesehen.

Das G-BA-Plenum legt anschließend in einem Beschluss die konkreten Anforderungen an die anwendungsbegleitende Datenerhebung fest. Es kann zudem die Anwendung des Arzneimittels auf solche Ärztinnen und Ärzte beschränken, die an der Datenerhebung mitwirken. So sollen möglichst alle Behandlungen in der klinischen Praxis vollständig erfasst werden, zumal es sich oftmals um Erkrankungen handelt, von denen nur wenige Menschen in Deutschland betroffen sind.

So läuft die Datenerhebung ab

Nachdem der G-BA die Details zu Art, Dauer und Umfang der Datenerhebung festgelegt hat, wird vom pharmazeutischen Unternehmer eine entsprechende Studie aufgesetzt. Es kann auch sein, dass es bereits laufende Datenerhebungen gibt, z. B. ein Register für eine bestimmte Erkrankung, die für die geforderte anwendungsbegleitende Datenerhebung genutzt werden können. Hierfür sollen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte die Behandlungsdaten in der klinischen Praxis dokumentieren.

Der pharmazeutische Unternehmer wertet die erhobenen Daten aus und übermittelt die Ergebnisse innerhalb des im Beschluss geforderten Zeitrahmens an den G-BA. Mindestens alle 1,5 Jahre überprüft der G-BA

  • ob die Daten erhoben werden oder nicht,
  • ob sie hinreichende Belege für eine erneute Nutzenbewertung liefern
  • oder ob ein Bedarf besteht, die Vorgaben des Beschlusses anzupassen, um die Aussagekraft der Daten zu steigern.

Sofern ausreichend aussagekräftige Daten zur Verfügung stehen, überprüft der G-BA erneut den Zusatznutzen des Arzneimittels.