AMNOG – Nutzenbewertung von Arzneimitteln gemäß § 35a SGB V

Seit dem 1. Januar 2011 hat der G-BA die gesetzliche Aufgabe, für alle neu zugelassenen Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen sofort nach Markteintritt eine (Zusatz-)Nutzenbewertung durchzuführen (§ 35a SGB V). Geprüft wird, ob das neue Arzneimittel gegenüber der bisherigen Standardtherapie (der sogenannten zweckmäßigen Vergleichstherapie) Vorteile hat, weil damit beispielsweise deutlich weniger Nebenwirkungen einhergehen. Den Auftrag zur Bewertung des Zusatznutzens erhielt der G-BA über das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG).

Das Ergebnis der Zusatznutzenbewertung ist die Entscheidungsgrundlage dafür, wie viel die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) für ein neues Arzneimittel mit einem neuen Wirkstoff zahlt. Der Erstattungsbetrag gilt (seit Inkrafttreten des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes im November 2022) rückwirkend ab dem siebten Monat nach Markteintritt. In den ersten sechs Monaten nach Markteintritt eines Arzneimittels gilt der vom Hersteller festgelegte Preis.

Grundsätzlich sind apothekenpflichtige verschreibungspflichtige Arzneimittel in Deutschland unmittelbar nach Zulassung und Markteintritt für alle Patientinnen und Patienten in der GKV verfügbar. Soweit von vornherein keine generellen Verordnungsausschlüsse bestehen, beispielsweise für sogenannte Lifestyle Arzneimittel, können zugelassene Arzneimittel von Ärztinnen und Ärzten zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden. Die ärztlichen Verordnungsmöglichkeiten zu Lasten der GKV werden auch durch die Nutzenbewertung des G-BA nicht einschränkt: Diese richten sich weiterhin nach der Zulassung und den damit verbundenen Fachinformationen.

Informationen für pharmazeutische Unternehmen

Pharmazeutische Unternehmen haben die Möglichkeit, ihr Dossier für die Nutzenbewertung vorfristig beim G-BA einzureichen und es auf Vollständigkeit prüfen zu lassen. Sie haben zudem die Möglichkeit, sich zu den vorzulegenden Unterlagen und Studien sowie zur Vergleichstherapie beraten zu lassen (Beratung nach § 35a Abs. 7 SGB V).

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Ablauf der Nutzenbewertung

Der G-BA bewertet innerhalb von drei Monaten nach Markteintritt eines neuen Arzneimittels, ob ein gegebenenfalls behaupteter Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie anerkannt wird. Zu diesem Zweck legen die Hersteller dem G-BA ein Dossier auf Grundlage der Zulassungsunterlagen sowie aller Studien zu den Arzneimitteln vor, die einen Zusatznutzen des Medikaments im Vergleich zu einer zuvor bestimmten zweckmäßigen Vergleichstherapie belegen müssen. Der G-BA kann mit der Nutzenbewertung das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) oder Dritte beauftragen.

Das Ergebnis der Nutzenbewertung wird auf der Website des G-BA veröffentlicht, und pharmazeutische Unternehmer, Verbände und Sachverständige erhalten die Gelegenheit, schriftlich und mündlich zu dem Ergebnis Stellung zu nehmen.

Nach weiteren drei Monaten trifft der G-BA einen Beschluss, der vor allem Aussagen über das Ausmaß des Zusatznutzens, über die zur Behandlung in Frage kommenden Patientengruppen, über Anforderungen an eine qualitätsgesicherte Anwendung und über die Therapiekosten des Arzneimittels enthält. Er tritt mit Veröffentlichung auf der Website des G-BA in Kraft, wird aber auch im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Bei Arzneimitteln mit erwiesenem Zusatznutzen verhandeln der GKV-Spitzenverband und das jeweilige pharmazeutische Unternehmen innerhalb von sechs Monaten einen Erstattungsbetrag für die GKV als Rabatt auf den ursprünglichen, durch das Unternehmen selbst festgelegten Abgabepreis. Kommt es zu keiner Einigung in der Verhandlung, setzt eine Schiedskommission den Erstattungsbetrag fest. Maßstab soll dabei das europäische Preisniveau sein. Der Erstattungsbetrag gilt mit Inkrafttreten des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes im November 2022 rückwirkend ab dem siebten Monat nach Markteintritt.

Die Gesamtheit der Beschlüsse ist in der Anlage XII der Arzneimittel-Richtlinie abgebildet.

Zusatznutzen neuer Arzneimittel – Kategorien

Der G-BA bewertet von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen den Zusatznutzen, den es gegenüber einer Vergleichstherapie besitzt.

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Übersicht über laufende und abgeschlossene Nutzenbewertungen

In der Übersicht kann sich die Öffentlichkeit über alle laufenden und abgeschlossenen Nutzenbewertungsverfahren informieren. Maßgeblich in der Übersicht ist der Name des Wirkstoffs, nicht der des Fertigarzneimittels.

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Maschinenlesbare Beschlüsse für das Arztinformationssystem

Der G-BA stellt für das Arztinformationssystem (AIS) die Beschlüsse über den Nutzen von erstattungsfähigen Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen zusätzlich als maschinenlesbare Fassung zur Verfügung.

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Anwendungsbegleitende Datenerhebung bei neuen Arzneimitteln

Bei bestimmten neuen Arzneimitteln kann der G-BA vom pharmazeutischen Unternehmer die Vorlage anwendungsbegleitender Datenerhebungen und Auswertungen einfordern, wenn die Studiendaten zum Zeitpunkt der Zulassung für die Nutzenbewertung nur wenig aussagekräftig sind.

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Qualitätsgesicherte Anwendung von Arzneimitteln für neuartige Therapien (ATMP)

Um eine hochwertige und möglichst komplikationsfreie Behandlung mit Arzneimitteln für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Products, ATMP) sicherzustellen, erteilte der Gesetzgeber dem G-BA den Auftrag, qualitätssichernde Anforderungen für Krankenhäuser und Praxen festzulegen.

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Strukturierte Zusammenarbeit mit BfArM und PEI

Mit dem Ziel, möglichst frühzeitig eng und strukturiert bei gemeinsamen Fragestellungen hinsichtlich der Zulassung von Arzneimitteln einerseits und der frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln andererseits zusammenzuarbeiten, haben der G-BA, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) im April 2016 eine Vereinbarung getroffen.

Wechselseitige Beteiligung an Beratungsgesprächen

Als Maßnahme der strukturierten Zusammenarbeit vereinbarten der G-BA und die nationalen Zulassungsbehörden die wechselseitige Beteiligung von Experten der jeweiligen Institutionen bei den Beratungen der pharmazeutischen Unternehmer im Vorfeld der Planung klinischer Studien. Ziel der gemeinsamen Beratungsgespräche ist es, den pharmazeutischen Unternehmer gebündelt über die jeweiligen Anforderungen der Institutionen zu informieren. Die Beratungsangebote sind:

  • Beratung durch den G-BA nach § 35a SGB V unter Beteiligung des BfArM bzw. PEI sowie der
  • wissenschaftlichen Beratung durch das BfArM bzw. PEI mit Beteiligung des G-BA.

Wie diese wechselseitige Beteiligung abläuft, haben die beteiligten Institutionen im Juni 2017 in einem Leitfaden konkretisiert. Der Leitfaden(PDF 433,74 kB) dient als Hilfestellung für pharmazeutische Unternehmen, die eine Beratung durch die zuständigen Institutionen im Hinblick auf Zulassungs- sowie Zusatznutzenaspekte wünschen.