G-BA aktuell Nr. 05 – Dezember 2018
Themen
Methodenbewertung
Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs künftig als organisiertes Programm
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat ein organisiertes Screeningprogramm zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) beschlossen. Gesetzlich krankenversicherte Frauen zwischen 20 und 65 Jahren erhalten künftig von ihrer Krankenkasse alle fünf Jahre ein Anschreiben mit näheren Erläuterungen zum Programm, zum Nutzen und zu den Risiken der angebotenen Untersuchungen. Die Krebsfrüherkennungsuntersuchungen können Frauen aber auch unabhängig von den Anschreiben der Krankenkassen und über das 65. Lebensjahr hinaus in Anspruch nehmen.
Frauen zwischen 20 und 34 Jahren können – wie bislang – einmal jährlich eine zytologische Untersuchung mittels des sogenannten Pap-Tests wahrnehmen. Dabei wird ein Abstrich vom Gebärmutterhals entnommen und auf veränderte Zellen untersucht. Je nach Ergebnis können sich weitere Untersuchungen anschließen.
Frauen ab dem Alter von 35 Jahren wird – statt der derzeitigen jährlichen zytologischen Untersuchung – künftig alle drei Jahre eine Kombinationsuntersuchung (Ko-Testung), bestehend aus Pap-Abstrich und HPV-Test, angeboten. Ein vom Gebärmutterhals entnommener Abstrich wird hierbei sowohl auf HP-Viren als auch auf Zellveränderungen untersucht. Je nach Ergebnis können sich weitere Untersuchungen anschließen.
Die ersten Informationsschreiben zur Teilnahme am Programm werden von den Krankenkassen ab dem 1. Januar 2020 versendet. Bis zu diesem Stichtag stellt eine Übergangsregelung den Anspruch auf die bisherigen Leistungen zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs sicher. Der Beschluss zur Ergänzung der Richtlinie für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme (oKFE-RL) wird dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt und tritt nach Nichtbeanstandung und Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft.
Beschluss vom 22. November 2018 zum Programm zur Früherkennung von Zervixkarzinom
Neugeborenen-Screening auf schwere kombinierte Immundefekte beschlossen
Schwere kombinierte Immundefekte bei Kindern sollen künftig früher erkannt und dadurch besser behandelt werden können. Am 22. November 2018 beschloss der G-BA eine neue und damit die 14. Früherkennungsuntersuchung im Rahmen des erweiterten Neugeborenen-Screenings.
Unter dem Begriff „schwerer kombinierter Immundefekt“ (Severe combined Immunodeficiency, SCID) werden verschiedene Krankheiten zusammengefasst, denen eine angeborene schwere Störung des Immunsystems zugrunde liegt. Für das SCID-Screening wird das aus der Ferse entnommene Blut zusätzlich auf Fragmente von T-Zellen untersucht.
Da es sich beim SCID-Screening um eine genetische Reihenuntersuchung handelt, muss die Gendiagnostikkommission (GEKO) eine schriftliche Stellungnahme abgeben. Erst nach Befassung des Plenums mit der Stellungnahme wird der Beschluss vom
G-BA zur Prüfung an das BMG weitergeleitet.
Beratungen zu Neugeborenen-Screening auf Spinale Muskelatrophie aufgenommen
Der G-BA hat auf Antrag der Patientenvertretung ein Beratungsverfahren zu einem Neugeborenen-Screening auf Spinale Muskelatrophie (SMA) auf den Weg gebracht.
Die Zeitplanung des G-BA sieht vor, dies bis Ende 2021 abzuschließen.
Nutzen der systemischen Therapie anerkannt
Der G-BA hat am 22. November 2018 den Nutzen und die medizinische Notwendigkeit der systemischen Therapie bei Erwachsenen als Psychotherapieverfahren anerkannt. Nun wird in einem weiteren Schritt die Anpassung der Psychotherapie-Richtlinie beraten.
Bei einer systemischen Therapie werden zusätzlich zu einem oder mehreren Patienten („Indexpatienten“) weitere Mitglieder des für den Patienten bedeutsamen sozialen Systems einbezogen. Die Therapie fokussiert auf die Interaktionen zwischen Mitgliedern der Familie oder des Systems und deren weiterer sozialer Umwelt.
Erster Auftrag für wissenschaftliche Begleitung einer Erprobung
Der G-BA hat erstmals einen Auftrag zur wissenschaftlichen Begleitung und Auswertung einer Erprobung vergeben. Gegenstand der geplanten Erprobungsstudie ist die Magnetresonanztomographie-gesteuerte hochfokussierte Ultraschalltherapie zur Behandlung von Patientinnen mit Uterusmyomen (gutartige Tumoren der Gebärmutter). Mit Hilfe der Erprobungsstudie sollen die möglichen Vorteile gegenüber einer operativen Myomentfernung, aber auch mögliche Nachteile genauer identifiziert werden. Der G-BA beauftragte das Institut für Klinisch-Onkologische Forschung (IKF) in Frankfurt am Main, die Studie wissenschaftlich zu begleiten und auszuwerten. Der Beauftragung durch den G-BA ging ein europaweites Ausschreibungsverfahren voraus.
PET/CT zur Stadienabklärung bei Hodgkin-Lymphomen wird Kassenleistung
Der G-BA hat den Einsatz der Positronenemissionstomographie (PET)/Computertomographie (CT) zur Stadienabklärung bei Hodgkin-Lymphomen als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung in der ambulanten Versorgung und für die Behandlung im Krankenhaus ermöglicht.
Hodgkin-Lymphome verlaufen unbehandelt innerhalb von wenigen Monaten oder Jahren tödlich. Bei rechtzeitiger stadiengerechter Behandlung bestehen mittlerweile jedoch gute Heilungsaussichten. Eine Voraussetzung für den Therapieerfolg ist eine exakte Stadieneinteilung vor Behandlungsbeginn, das sogenannte initiale Staging. Ein Schlüsselkriterium ist dabei die Abklärung eines Knochenmarkbefalls. Mit Hilfe der PET, einem bildgebenden Verfahren der Nuklearmedizin, lassen sich stoffwechselaktive Gewebe – und damit auch bestimmte Tumoren – im Körper darstellen. Durch die Kombination der PET mit einer CT ist zudem die Lage der Befunde genauer bestimmbar.
Für die Anwendung einer PET/CT in der vertragsärztlichen Versorgung hat der G-BA zudem Qualitätsanforderungen festgelegt. Die Beschlüsse liegen dem BMG zur Prüfung vor und treten nach Nichtbeanstandung und Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft.
Psychotherapie
Verbesserte Behandlungsmöglichkeiten für Menschen mit einer geistigen Behinderung
Die Psychotherapie-Richtlinie wurde um zusätzliche Regelungen für Menschen mit einer geistigen Behinderung ergänzt. Menschen mit Intelligenzminderungen, die sich in psychotherapeutischer Behandlung befinden, können künftig auch zusätzliche Zeiteinheiten zulasten der Krankenkassen erhalten. Darüber hinaus sind die Möglichkeiten, Bezugspersonen in die ambulante Psychotherapie dieser Patientengruppe einzubeziehen, erweitert worden.
So können Menschen mit einer geistigen Behinderung künftig bis zu zehn psychotherapeutische Sprechstunden-Einheiten je Krankheitsfall in Anspruch nehmen. Die psychotherapeutische Sprechstunde dient der Abklärung, ob ein Verdacht auf eine krankheitswertige Störung vorliegt und weitere Hilfen im System der gesetzlichen Krankenversicherung notwendig sind. Klarstellend beinhaltet der Beschluss die Definition der Patientengruppe, für die die verbesserten Behandlungsmöglichkeiten gelten sollen: Menschen, bei denen eine Diagnose entsprechend des Abschnitts „Intelligenzstörung“ (F70-F79) nach der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) vorliegt.
Qualitätssicherung
Neue Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung tritt in Kraft
Am 1. Januar 2019 tritt die neue Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung (DeQS-RL) in Kraft. In dieser Richtlinie werden die bestehenden datengestützten Verfahren zur sektorspezifischen und sektorenübergreifenden Qualitätssicherung der medizinischen Versorgung gebündelt.
Die DeQS-RL löst die Richtlinie zur einrichtungs- und sektorenübergreifenden Qualitätssicherung (Qesü-RL) ab. Einen entsprechenden Beschluss fasste der G-BA am 22. November 2018. Zudem wurden die Bestimmungen zu den Verfahren „Perkutane Koronarintervention (PCI) und Koronarangiographie“ und „Vermeidung nosokomialer Infektionen - Postoperative Wundinfektionen (WI)“ in den neuen Teil 2 der DeQS-RL überführt. Eine Übergangsregelung sieht vor, dass in den Erfassungsjahren vor 2019 bereits die Regelungen der DeQS-RL Anwendung finden. Gemeinsam mit dem im Juli beschlossenen neuen Verfahren „Cholezystektomie“ befinden sich damit insgesamt drei datengestützte Qualitätssicherungsverfahren unter dem Dach der neuen Richtlinie im Regelbetrieb.
Jahresberichte 2017 zum Umsetzungsstand des Qualitätsmanagements in Praxen
Mit dem Erfassungsjahr 2017 wurde der Stand der Umsetzung und der Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements erstmals nach der sektorenübergreifenden Qualitätsmanagement-Richtlinie (QM-RL) erhoben.
Über die Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen wird in Form einer Stichprobe von zufällig ausgewählten Praxen geprüft, ob die Vorgaben zum Qualitätsmanagement umgesetzt wurden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung fassten die Ergebnisse jeweils in einem Jahresbericht zusammen, beide liegen nun vor.
Planungsrelevante Qualitätsindikatoren – Erster Bericht zu den Auswertungsergebnissen 2017
Der G-BA hat den ersten Bericht über Qualitätsergebnisse, die für die Krankenhausplanung relevant sind, veröffentlicht. Darin enthalten sind die Ergebnisse aus dem Erfassungsjahr 2017 zu elf Qualitätsindikatoren aus den Bereichen gynäkologische Operationen, Geburtshilfe und Mammachirurgie.
Zahnärztliche Behandlung
Festzuschüsse für das Wiederbefestigen von Brücken im Schneidezahnbereich
Das Wiederbefestigen einer Brücke im Schneidezahnbereich wird ab dem 1. Januar 2019 von der GKV mit Festzuschüssen zwischen 30,64 und 39,83 € (je nach Höhe des Bonus) unterstützt. Als Befund 6.8.1 hat der G-BA die Leistung in die Festzuschuss-Richtlinie aufgenommen. Der Beschluss vom 18. Oktober 2018 tritt mit Wirkung zum 1. Januar 2019 in Kraft.
Innovationsausschuss
Neue Förderbekanntmachungen
Im Oktober hat der Innovationsausschuss neue Förderbekanntmachungen veröffentlicht. Die Einreichungsfrist endet am 19. Februar 2019 (Versorgungsforschung) beziehungsweise am 19. März 2019 (neue Versorgungsformen).
Förderbekanntmachungen zu neuen Versorgungsformen
Förderbekanntmachungen Versorgungsforschung
Neue Projekte im Bereich neue Versorgungsformen
Insgesamt 38 weitere Projekte können im Bereich neue Versorgungsformen finanziell gefördert werden. Eine Übersicht über die ausgewählten Projekte mit ersten Projektbeschreibungen wurde auf der Website des Innovationsausschusses veröffentlicht.
Stellungnahmen zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen
BSG-Urteil
Mischpreisbildung der Schiedsstellen nach G-BA-Nutzenbewertung ist rechtskonform
Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Mischpreisbildung der Schiedsstelle bei nach § 35a SGB V nutzenbewerteten Arzneimitteln für rechtmäßig erklärt und damit eine Revisionsklage des GKV-Spitzenverbandes abgewiesen. Der sogenannte Mischpreis ist ein einheitlicher Erstattungsbetrag, der dann ermittelt wird, wenn der G-BA einem Arzneimittel bei bestimmten Patientengruppen einen Zusatznutzen zuspricht, bei anderen Patientengruppen dagegen nicht. Verbindliches Kriterium für die Preisbildung ist unter anderem der Beschluss des G-BA über die Nutzenbewertung mit den darin getroffenen Feststellungen zum Zusatznutzen des Arzneimittels im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie, zur Anzahl der Patienten bzw. Abgrenzung der für die Behandlung infrage kommenden Patientengruppen, zu den Therapiekosten (auch im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie) und zu den Anforderungen an eine qualitätsgesicherte Anwendung.
Allerdings räumt das BSG der Schiedsstelle bei der Bemessung der Patientenzahlen einen Beurteilungsspielraum ein. Zur effektiven Umsetzung der vom Gesetzgeber beabsichtigten nutzenadäquaten Preisregulierung sei es „durchaus sachgerecht, wenn die Schiedsstelle den Zusatznutzen nicht allein an den vom G-BA epidemiologisch ermittelten Patientenzahlen, sondern an der (prognostischen) Verteilung des Arzneimittels auf die verschiedenen Patientengruppen und damit an der Patientenversorgung bemisst“, heißt es im inzwischen schriftlich vorliegenden Urteil (Az.: B 3 KR 20/17 R).
In seiner Urteilsbegründung stützt sich das BSG unter anderem auf die Vorschrift in § 78 Abs. 3 Satz 1 AMG. Sie sieht für apothekenpflichtige, zulasten der GKV abgegebene Arzneimittel grundsätzlich einheitliche Abgabepreise vor; auch bei einer Zulassung für verschiedene Indikationen. Dies gilt nach § 73 Abs. 3a AMG auch für einen Erstattungsbetrag. Fällt die Bewertung des Zusatznutzens für Patientengruppen unterschiedlich aus, so ist die Bildung eines daran anknüpfenden Mischpreises unter der gesetzlichen Vorgabe einheitlicher Erstattungsbeträge unumgänglich, so das Gericht.
Bundessozialgericht, Urteil vom 4. Juli 2018, B 3 KR 20/17 R (Schriftliche Urteilsbegründung)
Veranstaltungen
Vorstellung des Gutachtens zur Bedarfsplanung
Am 15. Oktober 2018 stellte der G-BA das „Gutachten zur Weiterentwicklung der Bedarfsplanung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung“ vor, das die Ludwig-Maximilians-Universität München im Auftrag des G-BA erstellt hat.
Gutachten zur Weiterentwicklung der Bedarfsplanung zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung
Rechtssymposium zu Beobachtungspflichten des G-BA
Das diesjährige Rechtssymposium des G-BA am 15. November 2018 befasste sich mit den Beobachtungspflichten des G-BA – zwischen Gewährleistungsfunktion und Überforderung.
In eigener Sache
Der G-BA zieht um
Zum 1. Januar 2019 bezieht die Geschäftsstelle des G-BA ihren neuen Standort in der Gutenbergstraße 13 in Berlin.
Neue Anschrift:
Gemeinsamer Bundesausschuss, Gutenbergstraße 13, 10587 Berlin
Postanschrift:
Gemeinsamer Bundesausschuss, Postfach 12 06 06, 10596 Berlin
Beschlüsse
Alle aktuell in Kraft getretenen Beschlüsse finden Sie hier:
https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/sortiert-nach/inkrafttreten/absteigend/
Termine
- Sitzungstermine des Plenums
Das Plenum des G-BA tagt in der Regel an jedem ersten und dritten Donnerstag im Monat. Die Sitzungen des Plenums sind öffentlich. Besucher können sich ab 20 Tage vor der Sitzung über die G-BA-Website anmelden; die verfügbaren Zuschauerplätze werden in der Reihenfolge der Anmeldung vergeben. Anmeldemöglichkeit und Tagesordnung finden Sie hier: