Pres­se­mit­tei­lung | Arznei­mittel

Arznei­mittel mit neuem Wirk­me­cha­nismus zur Behand­lung von Brust­krebs: Bishe­rige Studi­en­ergeb­nisse belegen keinen Zusatz­nutzen von Palboci­clib

Berlin, 18. Mai 2017– Für den Wirk­stoff Palboci­clib zur Behand­lung von Frauen mit hormon­sen­si­blem, meta­stasiertem Brust­krebs hat der Gemein­same Bundes­aus­schuss (G-BA) auf der Grund­lage der bishe­rigen Studi­en­ergeb­nisse keinen Zusatz­nutzen fest­stellen können. Da die noch ausste­henden Erkennt­nisse zur Verlän­ge­rung des Lebens der Pati­en­tinnen so schnell wie möglich berück­sich­tigt werden sollen, hat sich der G-BA am Donnerstag in Berlin darauf verstän­digt, die Geltungs­dauer des Beschlusses zu befristen. Der Wirk­stoff Palboci­clib ist das erste zuge­las­sene Arznei­mittel einer neuen Klasse von Wirk­stoffen, die über Cyclin-​abhängige Kinasen in den Prozess der Zell­tei­lung von Krebs­zellen eingreifen.

Palboci­clib wird zusätz­lich zu einer endo­krinen Therapie gegeben und ist in dieser Kombi­na­tion ange­zeigt zur Behand­lung von Hormonrezeptor-​positivem, HER2-​negativem lokal fort­ge­schrit­tenem oder meta­stasiertem Brust­krebs. Bishe­riger Thera­pie­stan­dard ist eine endo­krine Behand­lung mit Hemm­stoffen der Hormon­wir­kung und – bei Versagen dieser Thera­pie­op­tion – eine Chemo­the­rapie.

Zur Bewer­tung des zusätz­li­chen Nutzens von Palboci­clib im Vergleich zur bishe­rigen Stan­dard­the­rapie wurden die vorge­legten Studien berück­sich­tigt. Einen Effekt im Endpunkt „Über­leben“ konnten die Studien aufgrund der noch zu kurzen Studi­en­lauf­zeit nicht zeigen. Bisher konnten die Studien zeigen, dass laut Rönt­gen­kon­trollen Palboci­clib das Wachstum bestehender Tumor­herde verzö­gert. Die Studien zeigen aber auch, dass mit der Anwen­dung von Palboci­clib schwer­wie­gende Neben­wir­kungen wie Blut­bil­dungs­stö­rungen und Haar­aus­fall einher­gehen, die mit denen einer Chemo­the­rapie vergleichbar sind. Daten zur Lebens­qua­lität bezie­hungs­weise zur Sympto­matik der Krebs­er­kran­kung konnten in den bishe­rigen Studi­en­ergeb­nissen insge­samt keine Vorteile für Palboci­clib zeigen. Unklar bleibt bisher auch, ob mit der Anwen­dung von Palboci­clib eine erst­ma­lige intra­ve­nöse Chemo­the­rapie verzö­gert werden kann – Daten, die der Unter­nehmer hierzu vorge­legt hatte, konnten aufgrund metho­di­scher Mängel nicht verwendet werden. Zudem hatte in einer Studie ein Drittel der Studi­en­po­pu­la­tion bereits vor Beginn der Studie eine Chemo­the­rapie erhalten.

Die entschei­dende Frage im Nutzen­be­wer­tungs­ver­fahren des G-BA war, ob eine Therapie mit Palboci­clib aufgrund des in den Rönt­gen­kon­trollen gezeigten Effekts bei der Zeit bis zum Wachsen des Tumors auch zu einer entspre­chenden Verlän­ge­rung des Lebens der Pati­en­tinnen führt und die verstärkten Neben­wir­kungen im Vergleich zur Stan­dard­the­rapie somit vertretbar sind. Nach über­ein­stim­mender Auffas­sung der euro­päi­schen Zulas­sungs­be­hörde EMA und der Stel­lung­nehmer im Bewer­tungs­ver­fahren kann diese Frage erst mit Vorlage der Studi­en­daten zum Endpunkt „Über­leben“ beant­wortet werden. Diese Daten erwartet der G-BA ab dem Jahr 2018.

Palboci­clib wurde erst­mals im November 2016 in Deutsch­land in Verkehr gebracht. Der G-BA hat die Nutzen­be­wer­tung von Palboci­clib auf der Grund­lage des Dossiers des phar­ma­zeu­ti­schen Unter­neh­mers und der Nutzen­be­wer­tung des Insti­tuts für Qualität und Wirt­schaft­lich­keit im Gesund­heits­wesen (IQWiG) durch­ge­führt. Die Bewer­tung des IQWiG wurde am 1. März 2017 auf den Inter­net­seiten des G-BA veröf­fent­licht. Zu seinem Beschluss­ent­wurf hat der G-BA ein schrift­li­ches Stel­lung­nah­me­ver­fahren sowie eine münd­liche Anhö­rung durch­ge­führt.

Der Beschluss tritt mit Wirkung vom Tag seiner Veröf­fent­li­chung auf den Inter­net­seiten des G-BA am 18. Mai 2017 in Kraft. Die Geltungs­dauer ist – diffe­ren­ziert nach verschie­denen Pati­en­ten­gruppen – bis zum 1. Oktober 2018 bezie­hungs­weise bis zum 1. März 2019 befristet.

Hinter­grund – Frühe Nutzen­be­wer­tung von Arznei­mit­teln

Den Auftrag zur frühen Nutzen­be­wer­tung erhielt der G-BA über das Gesetz zur Neuord­nung des Arznei­mit­tel­marktes (AMNOG). Das mit Wirkung zum 1. Januar 2011 in Kraft getre­tene Gesetz verpflichtet phar­ma­zeu­ti­sche Unter­nehmen, bereits zur Markt­ein­füh­rung eines neu zuge­las­senen Wirk­stoffs in Deutsch­land bezie­hungs­weise bei der Zulas­sung neuer Anwen­dungs­ge­biete ein Dossier zum (Zusatz)Nutzen des Präpa­rates vorzu­legen.

Bei Arznei­mit­teln mit erwie­senem Zusatz­nutzen verhan­deln der GKV-​Spitzenverband und das jewei­lige phar­ma­zeu­ti­sche Unter­nehmen inner­halb von sechs Monaten einen Erstat­tungs­be­trag für die GKV als Rabatt auf den ursprüng­li­chen, durch das Unter­nehmen selbst fest­ge­legten Abga­be­preis. Kommt es zu keiner Eini­gung in der Verhand­lung, setzt eine Schieds­kom­mis­sion den Erstat­tungs­be­trag fest. Maßstab soll dabei das euro­päi­sche Preis­ni­veau sein.

Kommt der G-BA zu dem Ergebnis, dass das neue Arznei­mittel gegen­über der zweck­mä­ßigen Vergleichs­the­rapie (vorzugs­weise einer Therapie, für die Endpunkt­stu­dien vorliegen und die sich in der prak­ti­schen Anwen­dung bewährt hat) keinen Zusatz­nutzen aufweist, wird es nach Markt­ein­füh­rung inner­halb von sechs Monaten in das Fest­be­trags­system über­führt. Wenn ein Arznei­mittel ohne Zusatz­nutzen keiner Fest­be­trags­gruppe zuge­ordnet werden kann, wird eben­falls ein Erstat­tungs­be­trag verein­bart, bei dem die Jahres­the­ra­pie­kosten jedoch nicht höher sein sollen als bei der zweck­mä­ßigen Vergleichs­the­rapie.


Beschluss zu dieser Pres­se­mit­tei­lung

Arzneimittel-​Richtlinie/Anlage XII: Palboci­clib