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ATMP: Qualitätsregeln für Gentherapeutika zur Behandlung der Hämophilie

Berlin, 21. Dezember 2023 – Die Anwendung von Gentherapeutika zur Behandlung der erblichen Blutgerinnungsstörung Hämophilie A und B ist künftig an Qualitätsvorgaben geknüpft. Bislang sind zwei Wirkstoffe dieser Art in Deutschland zugelassen: Valoctocogen Roxaparvovec zur Behandlung der Hämophilie A und Etranacogen Dezaparvovec zur Behandlung der Hämophilie B. Es handelt sich um sogenannte ATMP (Advanced Therapy Medicinal Products); neuartige Arzneimittel, im vorliegenden Fall um vektorbasierte Gentherapeutika. Per Einmalinfusion wird in beiden Fällen ein funktionelles Gen in die DNA der Patientin oder des Patienten eingeschleust.

Mit dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gelten für Gentherapeutika zur Behandlung der Hämophilie künftig unter anderem folgende Anwendungsvoraussetzungen:

  • Eine Behandlungseinrichtung, die die Indikation stellt und die Behandlung durchführt, muss eine Erfahrung von mindestens 30 Behandlungsfällen mit schwerer Hämophilie im letzten Kalenderjahr nachweisen.
  • Die für die Therapie verantwortlichen Ärztinnen oder Ärzte und mindestens ein/e weitere/r Kollegin/Kollege tragen eine der folgenden Facharztbezeichnungen: „Innere Medizin“ mit Zusatzweiterbildung Hämatologie, „Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie“ mit Zusatzweiterbildung Hämostaseologie oder „Transfusionsmedizin“ mit Zusatzweiterbildung Hämostaseologie.
  • Die Verfügbarkeit der Fachdisziplin „Innere Medizin und Gastroenterologie“ zur Diagnostik und Behandlung von Lebererkrankungen muss in der Einrichtung selbst oder über Kooperationen sichergestellt sein.
  • Es gelten Vorgaben zu Indikationsstellung und Patientenaufklärung und zum Vorhandensein von Standard-Prozeduren bei Behandlung und Monitoring.
  • Zur Überwachung von Komplikationen erfolgt eine strukturierte Nachsorge über einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren. 

Ambulantes Nachweis- und Kontrollverfahren

Einrichtungen, die Gentherapeutika bei Hämophilie anwenden wollen, brauchen künftig eine Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) beziehungsweise eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes (MD). Diese wird nach Anzeige der Behandlungseinrichtung und Übermittlung der erforderlichen Daten und Checklisten erteilt. Ob die Anforderungen eingehalten werden, prüft die zuständige KV im ambulanten Sektor bzw. der MD im stationären Sektor und bei den Hochschulambulanzen, und zwar anlassbezogen oder aufgrund von Anhaltspunkten. Zu den Details des Kontrollverfahrens im ambulanten Sektor hat der G-BA einen gesonderten Beschluss getroffen.

Die Beschlüsse werden derzeit vom Bundesministerium für Gesundheit geprüft und treten nach Bundesanzeiger-Veröffentlichung in Kraft. Einrichtungen, die die genannten Gentherapeutika schon anwenden, haben danach noch 6 Monate Zeit, bis die Strukturvorgaben für sie verbindlich greifen.


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