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Knor­pel­schäden am Knie­ge­lenk: G-BA beschließt neue ambu­lante Thera­pie­op­tion

Berlin, 17. Februar 2022 – Gesetz­lich versi­cherten Pati­en­tinnen und Pati­enten, die unter schweren Knor­pel­schäden am Knie­ge­lenk leiden, steht zukünftig eine neue Therapie in der vertrags­ärzt­li­chen Versor­gung zur Verfü­gung. Hierbei handelt es sich um die matrixas­so­zi­ierte auto­loge Chon­dro­zy­ten­im­plan­ta­tion (M-ACI) – ein Verfahren, mit dem geschä­digter Gelenk­knorpel wieder­auf­ge­baut wird. Der Gemein­same Bundes­aus­schuss (G-BA) konnte heute die neue Leis­tung aufnehmen, weil die wissen­schaft­li­chen Studien Vorteile im Vergleich zu anderen Thera­pien gezeigt haben.

M-ACI: Methode zum Wieder­aufbau von Gelenk­knorpel

Die auto­loge Chon­dro­zy­ten­im­plan­ta­tion (ACI) ist ein Verfahren zur biolo­gi­schen Wieder­her­stel­lung von Gelenk­knorpel, das seit Ende der 90er Jahre im Kran­ken­haus ange­wandt wird: In einem ersten opera­tiven Eingriff wird dem betrof­fenen Gelenk etwas Knor­pel­ge­webe entnommen und anschlie­ßend im Labor gezüchtet und vermehrt. Diese kulti­vierten Knor­pel­zellen werden bei einem zweiten opera­tiven Eingriff im Bereich des Knor­pel­de­fekts im Knie­ge­lenk fixiert.

Bei der matrixas­so­zi­ierten ACI handelt es sich um die neueste Weiter­ent­wick­lung und dritte Genera­tion der ACI-​Verfahren: Die kulti­vierten Knor­pel­zellen werden direkt auf eine Träger­ma­trix aufge­tragen und gemeinsam mit ihr im Bereich des Knor­pel­de­fekts befes­tigt. Die erste und zweite Genera­tion der Verfahren – hier wurden die gezüch­teten Knor­pel­zellen mit Periost (Knochen­haut) oder einer Kolla­gen­mem­bran abge­deckt – spielen in der medi­zi­ni­schen Versor­gung kaum noch eine Rolle. Da in der Bewer­tung weder der Nutzen der Methoden noch das Poten­zial als erfor­der­li­chen Behand­lungs­al­ter­na­tive fest­ge­stellt werden konnte, hat der G-BA diese Verfahren im Gegen­satz zur M-ACI als statio­näre Leis­tungen der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung ausge­schlossen.

Neue ambu­lante Thera­pie­op­tion

Knor­pel­schäden am Knie­ge­lenk können ganz unter­schied­liche Ursa­chen haben: zum Beispiel Stürze und Fehl­be­las­tungen. Je nach Schwe­re­grad der Schä­di­gungen – in der inter­na­tio­nalen Klas­si­fi­ka­tion werden vier Stadien unter­schieden – können die Betrof­fenen unter Bewe­gungs­ein­schrän­kungen und Schmerzen leiden.

Die M-ACI kann als neue ambu­lante Thera­pie­op­tion bei Knor­pel­de­fekten des Knie­ge­lenks einge­setzt werden, wenn der Defekt einen Schwe­re­grad 3 oder 4 hat. Bei Grad 3 erreicht die Tiefe des Knor­pel­scha­dens mehr als 50 Prozent der gesamten Knor­pel­dicke. Bei Grad 4 fehlt im betrof­fenen Bereich des Knie­ge­lenks die gesamte Knor­pel­schicht und der Knochen liegt frei.

Inan­spruch­nahme

Die heute getrof­fenen Beschlüsse werden nun dem Bundes­mi­nis­te­rium für Gesund­heit zur recht­li­chen Prüfung vorge­legt und treten nach Veröf­fent­li­chung im Bundes­an­zeiger in Kraft. Bevor die M-ACI als ambu­lante Leis­tung von Fach­ärz­tinnen und Fach­ärzten erbracht und abge­rechnet werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Schritt notwendig, den der
G-BA nicht beein­flussen kann: Der Bewer­tungs­aus­schuss muss über die Höhe der ärzt­li­chen Vergü­tung entscheiden. Das Gremium, in dem Vertre­te­rinnen und Vertreter von Kran­ken­kassen und Ärzte­schaft verhan­deln, hat entspre­chend gesetz­li­cher Vorgaben sechs Monate nach Inkraft­treten Zeit, um eine Abrech­nungs­ziffer fest­zu­setzen.

Hinter­grund – Bewer­tung neuer Untersuchungs-​ und Behand­lungs­me­thoden

Ob eine neue Untersuchungs-​ oder Behand­lungs­me­thode als Leis­tung der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung (GKV) zur Verfü­gung steht, ist vom Gesetz­geber für die ambu­lante und statio­näre Versor­gung unter­schied­lich gere­gelt. Arzt­praxen dürfen neue Methoden erst dann als Kassen­leis­tung anbieten, wenn der G-BA sie für den ambu­lanten Einsatz geprüft hat und zu einem posi­tiven Ergebnis kam. Im Kran­ken­haus können medi­zi­ni­sche Methoden zulasten der GKV erbracht werden, solange sie nicht vom G-BA ausge­schlossen wurden.

Das Verfahren, in dem der G-BA neue Methoden prüft, ist klar struk­tu­riert: Von Antrag­stel­lung über Studi­en­aus­wer­tung bis hin zum Stel­lung­nah­me­ver­fahren zu den geplanten Rege­lungen. Im Ergebnis legt der
G-BA fest, ob und inwie­weit – d. h. für welche genaue Indi­ka­tion und unter welchen quali­täts­si­chernden Anfor­de­rungen – eine Behand­lungs­me­thode ambu­lant und/oder stationär zulasten der GKV ange­wendet werden kann.

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