Von Erkenntnissen zu Empfehlungen: Was aus drei erfolgreich beendeten Projekten für die Gesundheitsversorgung folgen kann
Berlin, 22. August 2025 – Für drei abgeschlossene Förderprojekte hat der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss heute Transferempfehlungen beschlossen, zwei davon mit einer zentralen Rolle für medizinische Fachangestellte (MFA): Das Projekt DELIVER-CARE hat eine „MFA-Sprechstunde“ bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen als neue Form der Versorgung von Patientinnen und Patienten erprobt. Im Projekt ULCUS CRURIS CARE wurde untersucht, ob MFA als Case-Manager bei der Versorgung von venös bedingten chronischen Wunden die Heilungschancen verbessern. Das Projekt Wissen(s)Star wiederum hat erforscht, ob Kinder mit funktionellen Bauchschmerzen und deren Eltern über ein Webprojekt zum besseren Umgang mit der Erkankung befähigt werden.
Bessere Versorgung bei chronisch‑entzündlichen Erkrankungen: DELIVER-CARE
Patientinnen und Patienten mit chronisch‑entzündlichen Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa oder Psoriasis benötigen eine langfristige, intensive Betreuung. In der Versorgungsrealität steht diese Zeit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten jedoch oft nicht ausreichend zur Verfügung. Hier setzte das Projekt DELIVER-CARE unter der Leitung der Klinik für Immunologie und Rheumatologie der Medizinischen Hochschule Hannover an: Geschulte MFA übernahmen delegierbare ärztliche Tätigkeiten in Form einer eigenen Sprechstunde. Dabei erhoben die MFA als erste Ansprechperson für die Betroffenen strukturiert die Krankheitsaktivität und kontrollierten den Verlauf der Therapie.
Das Projekt DELIVER-CARE hat für die Bereiche Rheumatologie, Gastroenterologie und Dermatologie wissenschaftlich bewiesen, dass die neu entwickelte Versorgungsform der Regelversorgung bezogen auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität nicht unterlegen ist. Die MFA-Sprechstunde ermöglichte eine intensivere Betreuung der Patientinnen und Patienten und kann damit helfen, die Versorgung zu verbessern. Aufgrund der positiven Ergebnisse spricht sich der Innovationsausschuss für eine Überführung in die Regelversorgung aus und leitet die Erkenntnisse an die Bundesärztekammer, die Partner der Bundesmantelverträge (GKV-Spitzenverband und Kassenärztliche Bundesvereinigung) sowie verschiedene medizinische Fachgesellschaften weiter.
Weitere Details zu den Ergebnissen des DELIVER-CARE-Projektes und zu den Empfehlungen des Innovationsausschusses im Beschluss und im Ergebnisbericht.
Verbesserte Heilung bei offenen Beinwunden: ULCUS CRURIS CARE
Eine weitere Transferempfehlung sprach der Innovationausschuss für das Projekt ULCUS CRURIS CARE aus. Die oft langwierige Therapie des sogenannten offenen Beines (Ulcus cruris venosum) ist für betroffene Patientinnen und Patienten sehr belastend. Das Projekt hat unter der Leitung des Universitätsklinikums Heidelberg erfolgreich ein Case Management für venös bedingte chronische Wunden in der Hausarztpraxis entwickelt, eingeführt und evaluiert. Dabei fungierten MFA, die eine Zusatzqualifikation als Versorgungsassistenz (VERAH) hatten, als Case-Manager in der Hausarztpraxis. Digitale Schulungen sowie standardisierte Behandlungsempfehlungen unterstützten die leitliniengerechte Versorgung, ergänzt durch eine Software zur Wunddokumentation und Verlaufskontrolle.
Die begleitende wissenschaftliche Studie konnte unter anderem zeigen: Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten einer Wundheilung war in der Interventionsgruppe 3,6-mal höher als in der Kontrollgruppe. Auch die gesundheitsbezogene Lebensqualität konnte durch den neuen Ansatz nachweislich verbessert werden. Die Aussagekraft der Ergebnisse ist jedoch aufgrund der geringen Anzahl eingeschlossener Patientinnen und Patienten eingeschränkt. Insgesamt hat das Projekt wertvolle Anhaltspunkte zur Optimierung der Versorgung von Menschen mit venös bedingten chronischen Wunden aufgezeigt. Der Innovationsausschuss leitet die Erkenntnisse daher zur Information über die Bundes- an die Landesverbände der Kranken- und Pflegekassen, an die kassenärztlichen Vereinigungen, an die Ärztekammern auf Landesebene sowie an den Hausärztinnen- und Hausärzteverband e. V. weiter.
Weitere Details zu den Ergebnissen des ULCUS CRURIS CARE-Projektes und zu den Empfehlungen des Innovationsausschusses im Beschluss und im Ergebnisbericht.
Bauchschmerz mit mehr Wissen in den Griff bekommen: Wissen(s)Star
Wiederkehrende, funktionelle Bauchschmerzen, d. h. Bauchschmerzen ohne Organschäden, treten bei Kindern häufig auf. Zugleich sind Kinder in ihrem Alltag gerade durch solche Schmerzen oft erheblich eingeschränkt. Das Projekt Wissen(s)Star setzte erfolgreich auf die altersgerechte Vermittlung von Wissen über funktionelle Bauchschmerzen und den richtigen Umgang damit. Künftige Studien können auf diesen Ergebnissen aufsetzen, heißt es im Beschluss des Innovationsausschusses.
Die dafür am Deutschen Kinderschmerzzentrum entwickelte Website www.meine-bauchstelle.com stellt evidenzbasierte Informationen bereit, die jetzt auch für alle zugänglich sind. Damit können auch künftig Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern von den Projektergebnissen profitieren.
In seiner Transferempfehlung leitet der Innovationsausschuss die Projekterkenntnisse an das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit und verschiedene medizinische Fachgesellschaften zur Information weiter.
Weitere Details zu den Ergebnissen des Wissen(s)Star-Projektes und zu den Empfehlungen des Innovationsausschusses im Beschluss und im Ergebnisbericht.