Pressemitteilung | Psychotherapie und psychiatrische Versorgung

Gemeinsamer Bundesausschuss schließt Bewertungsverfahren über Gesprächspsychotherapie ab: Nutzennachweis reicht für die Anerkennung als GKV-Leistung nicht aus

Berlin/Siegburg, 25. April 2008 – Die Gesprächspsychotherapie soll auch künftig nicht als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) angewandt werden können. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag beschlossen und damit eine entsprechende Entscheidung aus dem Jahr 2006 bekräftigt. Wirksamkeit und Nutzen der Gesprächspsychotherapie seien für die Behandlung der wichtigsten psychischen Erkrankungen nicht in der ausreichenden Breite bislang wissenschaftlich belegt.

Der gleichlautende Beschluss des G-BA vom 21. November 2006 war vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mit der Begründung beanstandet worden, dass der Bundespsychotherapeutenkammer zusätzliche Dokumente zur Stellungnahme vorzulegen seien und diese in die Beschlussfassung einzubeziehen sei. Dieser Auflage hat der G-BA mit seinem aktuellen Beschluss nun Rechnung getragen.

In der wissenschaftlichen Literatur konnte allerdings nach wie vor nur für Patienten mit Depressionen Belege dafür gefunden werden, dass die Gesprächspsychotherapie im Hinblick auf einen Behandlungserfolg ebenso nützlich ist, wie die derzeit in der GKV zur Verfügung stehenden Verfahren. Eine ausrreichend breite Versorgungsrelevanz ist jedoch ein wesentliches Kriterium für die Aufnahme eines Psychotherapieverfahrens in den GKV-Leistungskatalog, weil nur so sichergestellt ist, dass ein Psychotherapeut psychische Erkrankungen in ausreichendem Umfang behandeln kann.

Aus Gründen der Transparenz erfolgte die Abwägung sowohl anhand der der bis zum 20. März 2008 gültigen Psychotherapierichtlinie (kein Schwellenkriterium) als auch nach der seit dem 21. März 2008 gültigen Psychotherapierichtlinie (mit Schwellenkriterium).

Für die Prüfung der Gesprächspsychotherapie kamen zum ersten Mal die Kriterien der evidenzbasierten Medizin gemäß der Verfahrensordnung des G-BA zur Anwendung. Das Ergebnis - kein ausreichender Nutzenbeleg für die Gesprächspsychotherapie – war für Leistungserbringer, Kassen- und Patientenvertreter gleichermaßen überraschend. Um dem Einwand zu begegnen, dass die bereits in der GKV befindlichen Verfahren bisher nicht nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin geprüft wurden, hat der G-BA deshalb seine Absicht bekräftigt, auch diese - nämlich die tiefenpsychologisch fundierte und die analytische Psychotherapie und die Verhaltenstherapie - seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend zu überprüfen.

Der Beschluss wird dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt und tritt nach erfolgter Nichtbeanstandung nach der Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft.

Bevor eine psychotherapeutische Behandlungsform Kassenleistung wird, bewertet der G-BA diese – ebenso wie andere medizinische Behandlungsmethoden – nach einem festgelegten einheitlichen Verfahren. Überprüft wird, ob Methoden zur Behandlung bestimmter Erkrankungen für Patienten einen Nutzen haben, und ob sie medizinisch notwendig und wirtschaftlich sind. Das Ergebnis der Bewertung in Form einer zusammenfassenden Literaturübersicht gibt hierzu Auskunft und ist Entscheidungsgrundlage für den G-BA. Aus den Berichten wird ersichtlich, für welche Erkrankungen ein Nutzen nachgewiesen ist und ob das überprüfte Psychotherapieverfahren eine gewisse Bandbreite abdeckt.

Im Rahmen der GKV besteht für Versicherte Anspruch auf Kostenübernahme für zwei unterschiedliche Psychotherapierichtungen, die psychoanalytisch begründeten Verfahren und die Verhaltenstherapie. Insgesamt nutzen jedes Jahr etwa 300 000 Patienten eine ambulante Psychotherapie.


Beschluss zu dieser Pressemitteilung

Psychotherapie-Richtlinien (Gesprächspsychotherapie)