Pres­se­mit­tei­lung | Quali­täts­si­che­rung

Ärzt­liche Zweit­mei­nung künftig auch bei geplantem Knie­ge­len­k­er­satz möglich

Berlin, 15. Oktober 2020 – Der Anspruch von Pati­en­tinnen und Pati­enten auf eine quali­fi­zierte ärzt­liche Zweit­mei­nung gilt künftig auch bei dem geplanten Einsetzen einer Knie-​Endoprothese. Bei dieser Opera­tion wird das natür­liche Knie­ge­lenk ganz oder teil­weise durch eine Prothese aus Metall und Kunst­stoff ersetzt. Unab­hän­gige Fach­ärz­tinnen und Fach­ärzte prüfen im Zweit­mei­nungs­ver­fahren, ob die empfoh­lene Opera­tion medi­zi­nisch notwendig ist, und beraten die Versi­cherten zu mögli­chen Behand­lungs­al­ter­na­tiven. Den Weg dafür hat der Gemein­same Bundes­aus­schuss (G-BA) am Donnerstag in Berlin durch die Aufnahme des neuen Eingriffs in das Zeit­mei­nungs­ver­fahren eröffnet. Teil des Beschlusses ist auch eine Vorgabe, welche Fach­arzt­gruppen in Frage kommen, eine quali­fi­zierte Zweit­mei­nung abzu­geben. Nach Inkraft­treten des Beschlusses können Ärztinnen und Ärzte bei den Kassen­ärzt­li­chen Verei­ni­gungen eine Geneh­mi­gung als unab­hän­gige Zweit­meiner bean­tragen und die Leis­tung zulasten der gesetz­li­chen Kran­ken­kassen anbieten.

Hilfe für infor­mierte Entschei­dung der Pati­en­tinnen und Pati­enten

Knieprothesen-​Implantationen werden ärzt­li­cher­seits in der Regel bei einer fort­ge­schrit­tenen dege­ne­ra­tiven Erkran­kung des Knie­ge­lenks, insbe­son­dere bei einer Arthrose, erwogen. Die Zahl dieser Eingriffe steigt in Deutsch­land in den letzten Jahren fast konti­nu­ier­lich an – aktuell werden bundes­weit rund 190.000 Implan­ta­tionen pro Jahr durch­ge­führt. Analysen zeigen hierbei deut­liche regio­nale Unter­schiede bei Erst­im­plan­ta­tionen. Zu den konser­va­tiven und weniger inva­siven alter­na­tiven Behand­lungs­mög­lich­keiten von Schmerzen und Funk­ti­ons­ein­schrän­kungen im Knie­ge­lenk gehören insbe­son­dere Physio­the­rapie sowie eine medi­ka­men­töse Therapie.

Das neue Zweit­mei­nungs­ver­fahren greift, wenn Pati­en­tinnen und Pati­enten die Implan­ta­tion einer Total- oder Teilen­do­pro­these des Knie­ge­lenks empfohlen wird. Der Anspruch besteht auch, wenn es sich um eine Revi­si­ons­ope­ra­tion, also einen Folge-, Wechsel-​ oder Korrek­tur­ein­griff an der Knie-​Endoprothese, handelt. Ziel des Ange­bots ist es, Pati­en­tinnen und Pati­enten bei der Entschei­dung für oder gegen eine solche Opera­tion zu unter­stützen und medi­zi­nisch nicht gebo­tene Eingriffe am Knie­ge­lenk zu vermeiden.

Der G-BA beauf­tragte zudem das Institut für Qualität und Wirt­schaft­lich­keit im Gesund­heits­wesen (IQWiG), wissen­schaft­lich fundierte und unab­hän­gige Gesund­heits­in­for­ma­tionen zu Knie-​Endoprothesen zu erstellen: Das IQWiG veröf­fent­licht hierzu eine eingriffs­spe­zi­fi­sche Entschei­dungs­hilfe auf seiner Website.

Zweit­mei­nungs­ge­bende Fach­ärz­tinnen und Fach­ärzte

Fach­ärz­tinnen und Fach­ärzte folgender Fach­rich­tungen können bean­tragen, Zweit­mei­nungs­leis­tungen zu einer geplanten Knie-​Endoprothese abzu­rechnen:

  • Ortho­pädie und Unfall­chir­urgie
  • Ortho­pädie
  • Chir­urgie mit Schwer­punkt Unfall­chir­urgie
  • Physi­ka­li­sche und Reha­bi­li­ta­tive Medizin

Jene Fach­ärz­tinnen und Fach­ärzte, die aufgrund ihrer Quali­fi­ka­tion und Unab­hän­gig­keit eine Geneh­mi­gung als Zweit­mei­nungs­geber erhalten, werden auf der Website des ärzt­li­chen Bereit­schafts­dienstes unter www.116117.de/zweit­mei­nung zu finden sein.

Inan­spruch­nahme des neuen Zweit­mei­nungs­ver­fah­rens

Der Beschluss wird nun dem Bundes­mi­nis­te­rium für Gesund­heit (BMG) zur recht­li­chen Prüfung vorge­legt. Er tritt nach Nicht­be­an­stan­dung durch das BMG und Veröf­fent­li­chung im Bundes­an­zeiger in Kraft.

Hinter­grund – Zweit­mei­nungs­ver­fahren zu geplanten Opera­tionen

Gesetz­lich kran­ken­ver­si­cherte Pati­en­tinnen und Pati­enten haben gemäß § 27b SGB V einen Rechts­an­spruch eine unab­hän­gige ärzt­liche Zweit­mei­nung einzu­holen. Der G-BA ist gesetz­lich beauf­tragt zu konkre­ti­sieren, für welche plan­baren Eingriffe dieser Anspruch besteht. Details zu den indi­ka­ti­ons­spe­zi­fi­schen Anfor­de­rungen hat der G-BA in der Richt­linie zum Zweit­mei­nungs­ver­fahren fest­ge­legt. Bislang besteht ein vom G-BA gere­gelter Zweit­mei­nungs­an­spruch bei Opera­tionen an den Gaumen- und/oder Rachen­man­deln (Tonsil­lek­to­mien, Tonsil­lo­to­mien), bei Gebär­mut­ter­ent­fer­nungen (Hyste­rek­to­mien) und arthro­sko­pi­schen Eingriffen am Schul­ter­ge­lenk. Der Beschluss des G-BA zum Zweit­mei­nungs­ver­fahren bei Ampu­ta­tionen beim Diabe­ti­schen Fußsyn­drom ist noch nicht in Kraft getreten.

Infor­ma­tionen zum gene­rellen Leis­tungs­um­fang des Zweit­mei­nungs­ver­fah­rens und der konkreten Inan­spruch­nahme stellt der G-BA in einer Pati­en­ten­in­for­ma­tion(PDF 64,14 kB) – auch in Leichter Sprache(PDF 130,15 kB) – zur Verfü­gung.

Eingriffs­spe­zi­fi­sche Entschei­dungs­hilfen zu den Zweit­mei­nungs­themen – derzeit Gebär­mut­ter­ent­fer­nungen, Mandel­ope­ra­tionen und Schul­ter­ar­thro­sko­pien – bietet das IQWiG im Auftrag des G-BA auf seiner Website neben allge­meinen Infor­ma­tionen zum Zweit­mei­nungs­ver­fahren an.


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