Neue Versorgungsformen: Innovationsausschuss empfiehlt erstmals Transfer in die Regelversorgung
Berlin, 18. Dezember 2020 – Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) teilte heute mit, dass zwei der 150 Projekte im Förderbereich der neuen Versorgungsformen nun abgeschlossen sind. Eine Überführung in die Regelversorgung empfahl der Innovationsausschuss für Ansätze des Projektes Telenotarzt Bayern, bei der die Notfallversorgung im Rettungsdienst einer ländlichen Region telemedizinisch unterstützt wird. Für das Konzept zur Intensivprophylaxe für Kinder mit zahnärztlicher Sanierung unter Narkose (IpKiSuN) konnte ein solcher Transfer nicht empfohlen werden. Basis der Entscheidung des Innovationsausschusses waren die vorgelegten Ergebnis- und Evaluationsberichte der Projekte. Weitere Empfehlungen im Bereich der neuen Versorgungsformen wird der Innovationsausschuss voraussichtlich im 1. Quartal 2021 abgeben.
„Nachdem der Innovationsausschuss im Bereich der Versorgungsforschung schon mehrere Ergebnisberichte abgenommen und für einige Projektergebnisse auch Empfehlungen ausgesprochen hat, konnte er das jetzt erstmals auch für den Bereich der neuen Versorgungsformen tun. Der Ansatz des Telenotarzt-Konzepts zur Optimierung der Notfallrettung in strukturschwachen Gegenden sollte aus unserer Sicht in die Regelversorgung übernommen werden. Bayern ist dieser Empfehlung schon vorausgegangen: Die ersten Ergebnisse waren aus Sicht des Bundeslandes so überzeugend, dass hier bereits eine bayernweite Einführung beschlossen wurde. Auch Nordrhein-Westfalen ist an einer Einführung interessiert. Das zweite abgeschlossene Projekt hatte Möglichkeiten zur Verbesserung der Mundgesundheit der Hochrisikogruppe von Kindern mit sehr starkem Karies erprobt und hierbei auch messbare Ergebnisse erzielt. Um dieses oder auch ein weiterentwickeltes Konzept jedoch in der Breite zu verankern, wäre weitere Forschung zu den mittelfristigen Auswirkungen notwendig. Auch das ist ein nicht zu unterschätzender Erkenntnisgewinn“, erläuterte Prof. Josef Hecken, Vorsitzender des Innovationsausschusses beim G-BA.
Ziele und Ergebnisse der abgeschlossenen Projekte
Das Ziel des Projekts Telenotarzt Bayern war es, die Notfallversorgung in einer ländlichen Region zu optimieren. Ein Telenotarzt unterstützt hier aus der Ferne den Rettungsdienst während der Einsätze. Vor Ort werden Vitalparameter der Patientinnen und Patienten gemessen, aus dem Rettungsfahrzeug an den Telenotarzt oder die Telenotärztin übertragen und von ihm oder ihr für eine Diagnosestellung und Erstbehandlung sofort analysiert. Die Behandlung der Patientinnen und Patienten kann somit früher beginnen. Da der Rettungsdienst durch Landesgesetze geregelt ist, werden die erzielten Erkenntnisse an die Gesundheitsministerien der Bundesländer weitergeleitet. Sie entscheiden, ob das Telenotarzt-Konzept in ihrem Bundesland sinnvoll etabliert werden kann und ob dafür ggf. bestehende rettungsdienstliche Landesgesetze reformiert werden müssen.
Das Projekt IpKiSuN erprobte eine unterstützende Intensivprophylaxe für die Hochrisikogruppe von Kindern mit sehr starkem Karies, die deswegen eine zahnärztliche Behandlung unter Narkose benötigten. Kindern im Alter zwischen zwei und fünf Jahren wurden zwei zusätzliche Intensivprophylaxetermine, einer vor und einer nach der Narkose, angeboten. Die wissenschaftliche Evaluation konnte keine signifikante Verbesserung bezüglich der Kariesentwicklung im Projektzeitraum nachweisen (primärer Endpunkt). Hinsichtlich der untersuchten sekundären Endpunkte Zahnbelag und Gingivitisindizes, die zur Einschätzung der Entzündungsaktivität dienen, konnten messbare Verbesserungen nachgewiesen werden. Inwieweit sich dies jedoch mittelfristig auf den Karieszuwachs der Kinder auswirkt, kann auf Basis der Projektergebnisse nicht abschließend beurteilt werden. Hierfür wären weitere Forschungsergebnisse erforderlich, die die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse erweitern.
Auf den jeweiligen Projektseiten sind der Ergebnisbericht des Projekts, der Evaluationsbericht und der Beschluss des Innovationsausschusses zu finden.
Versorgungsforschung: Neue Abschlussberichte und Empfehlungen
Drei weitere Projekte zur Versorgungsforschung sind beendet worden, die Ergebnisberichte sind gemeinsam mit dem Beschluss des Innovationsausschusses veröffentlicht:
- DEWI – Determinanten bei der Versorgung von Patienten mit Wirbelsäulenoperation
- Evaluation PNP-Vertrag – Vertragsevaluation der Fachgebiete Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in Baden-Württemberg gem. § 73c SGB V
- INTEGRAL – 10-Jahres-Evaluation der populationsbezogenen integrierten Versorgung Gesundes Kinzigtal in Aufbau- und Konsolidierungsphase
Hintergrund: Projektförderung durch den Innovationsausschuss
Der G-BA erhielt 2016 vom Gesetzgeber den Auftrag, mit den Mitteln des Innovationsfonds solche Projekte zu fördern, die über die bisherige regelhafte Gesundheitsversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland hinausgehen, und gezielte Impulse für die innovative Weiterentwicklung des Gesundheitswesens zu geben. Hierfür wurde beim G-BA ein Innovationsausschuss eingerichtet. Die Mittel werden von den gesetzlichen Krankenkassen und aus dem Gesundheitsfonds getragen und vom Bundesamt für Soziale Sicherung verwaltet.
Weitere Informationen zur Arbeit des Innovationsausschusses, Förderbekanntmachungen und laufende sowie abgeschlossene Projekte finden Sie auf der Website des Innovationsausschusses.