Pres­se­mit­tei­lung | Arznei­mittel

Gemein­samer Bundes­aus­schuss bewertet mit Remde­sivir erst­mals den Zusatz­nutzen eines anti­vi­ralen COVID-​19-Arzneimittels

Berlin, 16. September 2021 – Haben an COVID-​19 erkrankte Pati­en­tinnen und Pati­enten eine bessere Chance zu über­leben und sich schneller zu erholen, wenn sie mit dem anti­vi­ralen Wirk­stoff Remde­sivir (Handels­name Veklury®) behan­delt werden? Dieser Frage ist der Gemein­same Bundes­aus­schuss (G-BA) in seiner Nutzen­be­wer­tung nach­ge­gangen und hat die Vorteile von Remde­sivir gegen­über den Thera­pie­al­ter­na­tiven geprüft. Der G-BA kam in der heutigen Sitzung zu einem diffe­ren­zierten Ergebnis: Erwach­sene COVID-​Patientinnen und -​Patienten, deren Lungen­ent­zün­dung noch nicht sehr schwer ist, können von einer Behand­lung mit Remde­sivir profi­tieren. Aufgrund von Unsi­cher­heiten bei den ange­wen­deten Thera­pie­al­ter­na­tiven und der teils hete­ro­genen Studi­en­lage wird das Ausmaß des Zusatz­nut­zens aller­dings nur als gering einge­stuft. Für schwerer erkrankte Erwach­sene sowie Jugend­liche zwischen 12 und 18 Jahren konnte der G-BA keinen Zusatz­nutzen fest­stellen.

„Wir haben heute erst­mals die Vorteile eines Wirk­stoffs bewertet, der bei einer COVID-​19-Erkrankung direkt die Coro­na­viren bekämpft. Remde­sivir wird seit Beginn der Corona-​Pandemie einge­setzt, er ist nach wie vor der einzige anti­vi­rale Wirk­stoff, der in Europa zur Behand­lung der COVID-​19-Erkrankung zuge­lassen ist. Bei einer Pati­en­ten­gruppe – Erwach­sene, deren durch Coro­na­viren ausge­löste Lungen­ent­zün­dung noch nicht sehr schwer ist – erholten sich bis zum Studi­en­ende unter Remde­sivir mehr Pati­en­tinnen und Pati­enten von der Krank­heit als unter den Vergleichs­the­ra­pien. Ob Remde­sivir auch einen Einfluss auf das Über­leben der Pati­en­tinnen und Pati­enten hat, konnte aufgrund der sehr unter­schied­li­chen Ergeb­nisse in den einge­schlos­senen Studien nicht bewertet werden. Die vorhan­denen Studien, welche zu Beginn der Pandemie durch­ge­führt wurden, sind jedoch nur einge­schränkt auf die heutige Versor­gungs­si­tua­tion bei COVID-​19 über­tragbar. Denn gegen­über dem Beginn der Pandemie können die Pati­en­tinnen und Pati­enten aufgrund der gewach­senen Thera­pie­er­fah­rungen gene­rell anders und besser behan­delt werden, insbe­son­dere auch wegen des Einsatzes von Dexa­me­thason, das die Abwehr­re­ak­tionen des Körpers begrenzt“, erläu­terte Prof. Josef Hecken, unpar­tei­ischer Vorsit­zender des G-BA und Vorsit­zender des Unter­aus­schusses Arznei­mittel.

Remde­sivir: Erster anti­vi­raler Wirk­stoff gegen COVID-​19

Anti­vi­rale Wirk­stoffe sollen verhin­dern, dass Viren in die Körper­zellen des Menschen eindringen oder sich dort vermehren. Ursprüng­lich ist Remde­sivir entwi­ckelt worden, um die Virus­er­kran­kung Ebola zu behan­deln, 2020 wurde er in Europa als erster anti­vi­raler Wirk­stoff für die Behand­lung der Coronavirus-​Krankheit COVID-​19 zuge­lassen. Das Arznei­mittel darf ange­wendet werden bei Erwach­senen und Jugend­li­chen mit einer Lungen­ent­zün­dung, bei der eine zusätz­liche Gabe von Sauer­stoff, aber noch keine inva­sive Beatmung erfor­der­lich ist. Weitere anti­vi­rale Arznei­stoffe, insbe­son­dere Anti­körper, befinden sich derzeit noch im Zulas­sungs­ver­fahren.

Inkraft­treten

Der Beschluss tritt mit Veröf­fent­li­chung auf der Website des G-BA am 16. September 2021 in Kraft. Auf Grund­lage des heutigen Bewer­tungs­er­geb­nisses verein­baren nun der GKV-​Spitzenverband und der phar­ma­zeu­ti­schen Unter­nehmer Gilead den zukünf­tigen Erstat­tungs­be­trag.

Hinter­grund: Zusatz­nut­zen­be­wer­tung von Remde­sivir

Der Wirk­stoff Remde­sivir (Handels­name Veklury®) wurde aufgrund von pande­mie­be­dingten Ausnah­me­re­ge­lungen im Mai 2020 in Deutsch­land in Verkehr gebracht und steht seitdem für die Behand­lung von Pati­en­tinnen und Pati­enten mit COVID-​19 zur Verfü­gung (Arzneimittelgesetz-​Zivilschutzausnahmeverordnung; § 26b Kran­ken­haus­fi­nan­zie­rungs­ge­setz (KHG)). Das Arznei­mittel erhielt am 3. Juli 2020 von der Euro­päi­schen Kommis­sion eine Zulas­sung unter „Beson­deren Bedin­gungen“. Aufgrund der bedingten Zulas­sung muss der phar­ma­zeu­ti­sche Unter­nehmer Gilead den Zulas­sungs­be­hörden noch weitere Nach­weise zum Nutzen des Arznei­mit­tels vorlegen.

Remde­sivir war zunächst von der Zusatz­nut­zen­be­wer­tung durch den G-BA frei­ge­stellt: Eine solche Frei­stel­lung ist möglich, wenn die Kosten für die gesetz­li­chen Kran­ken­kassen inner­halb eines Jahres voraus­sicht­lich weniger als 1 Mio. Euro betragen. Der G-BA star­tete sein heute abge­schlos­senes Verfahren am 1. April 2021. Aufgabe des G-BA in einem solchen Bewer­tungs­ver­fahren ist es, den Zusatz­nutzen eines neuen Wirk­stoffs oder – wie im Fall von Remde­sivir – in einem neuen Anwen­dungs­ge­biet gegen­über der zweck­mä­ßigen Vergleichs­the­rapie in Kate­go­rien einzu­stufen.

Basis der Zusatz­nut­zen­be­wer­tung von Remde­sivir durch den G-BA waren ein vom phar­ma­zeu­ti­schen Unter­nehmer einge­reichtes Dossier, die Bewer­tung des Insti­tuts für Qualität und Wirt­schaft­lich­keit im Gesund­heits­wesen (IQWiG) sowie schrift­liche und münd­li­chen Stel­lung­nahmen.

Allge­meine Infor­ma­tionen sind auf der Website des G-BA zu finden: AMNOG – Nutzen­be­wer­tung von Arznei­mit­teln gemäß § 35a SGB V


Beschluss zu dieser Pres­se­mit­tei­lung

Arzneimittel-​Richtlinie/Anlage XII: Remde­sivir (COVID-​19, ≥ 12 Jahre, Erfor­dernis zusätz­li­cher Sauer­stoff­zu­fuhr)