Fachnews | Arzneimittel

Mängel bei eingereichten Studien beeinträchtigen frühe Nutzenbewertung – Beispiele: Pralsetinib und Idecabtagen vicleucel

Berlin, 23. Juni 2022 – Für Pralsetinib und Idecabtagen vicleucel hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am 16. Juni 2022 zu zwei an sich vielversprechenden Wirkstoffen nur eine eingeschränkte frühe Nutzenbewertung vornehmen können. Im Ergebnis musste er den Zusatznutzen als „nicht belegt“ bzw. als „nicht quantifizierbar" einstufen, weil die wissenschaftliche Datengrundlage eine Quantifizierung nicht zulässt. Grund waren methodische und/oder qualitative Mängel bei den von den pharmazeutischen Herstellern eingereichten Daten. Mit nicht vergleichenden Studien, die eine sichere Beurteilung des Zusatznutzens verhindern, ist der G-BA immer wieder konfrontiert – obwohl pharmazeutische Unternehmen schon vor der Planung von Zulassungsstudien die Beratungen des G-BA zu methodischen Fragen nutzen können.

Pralsetinib: Beispiel für nicht kontrollierte Studie

Die Bewertung des Wirkstoffs Pralsetinib endete mit dem Ergebnis „Zusatznutzen nicht belegt“. Der Hersteller hatte in seinem Dossier ausschließlich die Ergebnisse einer nicht kontrollierten Studie vorgelegt. Nur zu den Endpunkten Gesamtmortalität und progressionsfreies Überleben reichte er einen indirekten Vergleich zu einer weiteren Studie ein. Da die europäische Zulassungsbehörde EMA vom Hersteller bis Ende 2026 weitere Studienergebnisse zu Unbedenklichkeit und Wirksamkeit gefordert hat, ist die G-BA-Nutzenbewertung für zwei Patientengruppen bis zum 31. Dezember 2027 befristet. Dann wird der G-BA eine Neubewertung vornehmen. Pralsetinib wird bisher als einzige Erstlinien-Therapie bei Erwachsenen mit Rearranged-during-Transfection (RET)-Fusions-positivem, fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (Lungenkrebs) eingesetzt, die zuvor nicht mit einem RET-Inhibitor behandelt wurden.

Idecabtagen vicleucel: Beispiel für methodisch unzureichenden indirekten Vergleich

Das Ausmaß des Zusatznutzens beim Wirkstoff Idecabtagen vicleucel, einer CAR-T-Zelltherapie, konnte der G-BA nur als „nicht quantifizierbar“ einstufen, weil die wissenschaftliche Datengrundlage eine Quantifizierung nicht zulässt. Der Zusatznutzen selbst gilt bei Orphan Drugs als belegt. Der pharmazeutische Unternehmer hatte eine einarmige Zulassungsstudie sowie eine supportive, ebenfalls einarmige Studie angeführt und darüber hinaus verschiedene indirekte Vergleiche zu weiteren Studien vorgenommen. Die Bewertung des Zusatznutzens aufgrund indirekter Vergleiche zwischen zwei Therapieoptionen ist generell möglich, gilt aber als weniger aussagekräftig. Im vorliegenden Fall hat der pharmazeutische Unternehmer seine Methodik im Dossier zwar umfassend dargelegt, aber nicht alle als klinisch relevant identifizierten Störgrößen (sogenannte Confounder) in den indirekten Vergleichen berücksichtigt. Dadurch konnte nicht mit hinreichender Sicherheit von einer Strukturgleichheit zwischen den Patientenpopulationen ausgegangen werden. Die indirekten Vergleiche waren für die Nutzenbewertung daher nicht geeignet.

Idecabtagen vicleucel wird zur Behandlung des rezidivierten und refraktären multiplen Myeloms bei Erwachsenen eingesetzt, die mindestens drei vorausgegangene Therapien einschließlich eines Immunmodulators, eines Proteasominhibitors und eines Anti-CD38-Antikörpers erhalten und unter der letzten Therapie eine Krankheitsprogression zeigten.


Beschlüsse zu dieser Fachnews

Weiterführende Informationen