Newsletter Nr. 08 – August 2011
Mit diesem Newsletter informieren wir Sie über die Ergebnisse der Sitzung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) am 18. August 2011. Eine Kommentierung der Beschlüsse durch den unparteiischen Vorsitzenden des G-BA, Dr. Rainer Hess, finden Sie am Ende dieses Newsletters.
- Beschlüsse der Sitzung am 18. August 2011
- Im August 2011 in Kraft getretene Beschlüsse
- Noch nicht in Kraft getretene Beschlüsse
- Sitzungstermine
- Kommentar des unparteiischen Vorsitzenden
Beschlüsse der Sitzung am 18. August 2011
Veröffentlichung des Qualitätsreports 2010
Bedarfsplanungs-Richtlinie (Änderung der Fußnoten zu den Anlagen 6.1 bis 6.10)
Themenfindungs- und Priorisierungsverfahren für Themen der Qualitätssicherung
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage I (Nummer 30 L-Methionin)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage III (Nummer 10 – Antidementiva (Memantin))
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage VI (Anwendung von Aldesleukin (auch als Adjuvans) bei HIV/AIDS)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage IX (Topiramat, Gruppe 1, in Stufe 1 nach § 35 Absatz 1 SGB V)
Schutzimpfungs-Richtlinie (Änderung in Anlage 2)
Im August 2011 in Kraft getretene Beschlüsse
Veröffentlichung des Qualitätsreports 2010
Themenfindungs- und Priorisierungsverfahren für Themen der Qualitätssicherung
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage IX (Venlafaxin, Gruppe 1, in Stufe 1 nach § 35 Absatz 1 SGB V)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage III Nummer 38 (Otologika)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage VI (Amantadin bei der Multiplen Sklerose zur Behandlung der Fatigue)
Bedarfsplanungs-Richtlinie (Neufassung der Anlage 3.1)
Verfahrensordnung (Implementierung eines Moduls DMP in die Verfahrensordnung)
Verfahrensordnung (Regelung zu den Unterlagen zur Bewertung der medizinischen Methoden)
Beauftragung IQWiG: Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a SGB V
Noch nicht in Kraft getretene Beschlüsse
Verfahrensordnung (Regelung zur Einstellung der Methodenbewertung)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage IV (Therapiehinweis zu Erythropoese-stimulierenden Wirkstoffen)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage VI (Doxorubicin beim Merkelzellkarzinom)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage IV (Therapiehinweis zu Cilostazol)
Arzneimittel-Richtlinie/ Anlage VI (Etoposid bei Ewing-Tumoren in verschiedenen Kombinationen)
Sitzungstermine
15. September 2011
20. Oktober 2011
24. November 2011
15. Dezember 2011
19. Januar 2012
16. Februar 2012
15. März 2012
19. April 2012
24. Mai 2012
21. Juni 2012
19. Juli 2012
In der Regel tagt der G-BA an jedem dritten Donnerstag im Monat.
Kommentar des unparteiischen Vorsitzenden
Es ist erstaunlich, wie schnell und einseitig aus Kreisen der Regierungskoalition Kritik an der Arbeit des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) geübt wird, wenn sich die pharmazeutische Industrie durch Entscheidungen des G-BA nach dem Arzneimittelneuordnungsgesetz (AMNOG) in ihren Interessen tangiert sieht. Dabei ist der Gesetzesauftrag des AMNOG an den G-BA eindeutig. Durch die frühe Bewertung des Nutzens neu zugelassener Arzneimittel soll die Grundlage für die Vereinbarung von Erstattungspreisen gelegt werden, die in den meisten Fällen unterhalb der von der Industrie selbst definierten Abgabepreise liegen dürften. Insgesamt wird in der Gesetzesbegründung ab 2013 mit Einsparungen in der Größenordnung von jährlich 2 Milliarden Euro gerechnet. Es ist daher verständlich, dass die Industrie schon auf vorbereitende Entscheidungen zur Einleitung einer Nutzenbewertung empfindlich reagiert. Von der Politik, die dieses Verfahren gesetzgeberisch eingeführt hat, muss jedoch erwartet werden, dass sie nicht vorschnell Partei ergreift und sich zumindest vorher ein objektives Bild macht. Es muss deswegen schon sehr verwundern, wenn die Politik dem G-BA bei seinen Beratungen pharmazeutischer Unternehmer eine unfreundliche Gesprächsführung vorwirft, ohne durch Rücksprache mit dem G-BA den Gehalt solcher Anschuldigungen zu überprüfen.
Durch das AMNOG wird in der Nutzenbewertung von Arzneimitteln eine weltweit einmalige Transparenz der Bewertungsverfahren gewährleistet, die zum gegebenen Zeitpunkt eine uneingeschränkte Überprüfung sowohl der erfolgten Bewertungen als auch der dagegen erhobenen Einwände eröffnen. Es werden sowohl das vom pharmazeutischen Unternehmer eingereichte Dossier und die auf dieser Grundlage erfolgte Nutzenbewertung zum jeweiligen Zeitpunkt veröffentlicht, als auch die dazu erfolgte Stellungnahme des pharmazeutischen Unternehmers und die Bewertungsentscheidung des G-BA. Dies erlaubt jedem Interessierten eine Beurteilung der Angemessenheit und Objektivität des Verfahrens und seiner Ergebnisse.
Dies gilt auch für die Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie durch den G-BA, die jetzt im Vorfeld der Nutzenbewertung teilweise auf Kritik betroffener pharmazeutischer Unternehmer stößt. Sie wird auf Grundlage der G-BA-Verfahrensordnung (VerfO) in Abstimmung mit dem Unterausschuss Arzneimittel festgelegt und dem pharmazeutischen Unternehmer im Rahmen eines Beratungsgesprächs zunächst rechtlich unverbindlich mitgeteilt. Erst bei der Nutzenbewertungsentscheidung selbst erfolgt sie abschließend. Die erhobene Kritik an der „Unfreundlichkeit“ bei den G-BA-Beratungsgesprächen lässt außer Acht, dass die zweckmäßige Vergleichstherapie nicht in einem Beratungsgespräch individuell ausgehandelt werden kann, sondern durch den G-BA nach den in der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung (AMNutzenV) und der VerfO normativ verbindlich festgelegten Kriterien bestimmt werden muss. Eine vertiefte Auseinandersetzung hierüber kann daher ernsthaft erst nach der Veröffentlichung von Dossier und Nutzenbewertung durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) im Stellungnahmeverfahren erfolgen. Die geäußerte voreilige Kritik verkennt diesen Sachverhalt und schadet damit dem Verfahren.
Ebenfalls im Zusammenhang mit dem AMNOG stehen die jetzt schon in mehreren Sitzungen diskutierten Anforderungen an die Geheimhaltung der von Seiten eines pharmazeutischen Unternehmers im Modul 5 des Dossiers als Betriebsgeheimnis gekennzeichneten Angaben. Die Geschäftsführung des G-BA hat hierzu ein Rechtsgutachten angefordert, das jetzt vorliegt und hinsichtlich seiner Auswirkungen auf die Zugriffsberechtigungen und Geheimhaltungsanforderungen diskutiert werden wird.
Am 1. August 2011 hat der G-BA einen Beschluss zur generellen Beauftragung des IQWiG zur Beteiligung an und Durchführung von Beratungs- und Bewertungsverfahren getroffen. Es wird damit gewährleistet, dass das IQWiG frühzeitig Zugriff auf die vom Hersteller eingereichten Unterlagen hat und die kurzen Fristen für eine beim IQWiG beauftragte Nutzenbewertung voll ausgeschöpft werden können. Dementsprechend hat aber auch das IQWiG die vom pharmazeutischen Unternehmer gekennzeichneten Betriebsgeheimnisse bei seiner Nutzenbewertung zu wahren. Soweit das IQWiG auf diese Daten wegen unvollständiger Angaben in den zu veröffentlichenden Modulen 1 bis 4 des Dossiers zur ordnungsgemäßen Bewertung zugreifen muss, sieht der Beschluss eine Fristsetzung gegenüber dem pharmazeutischen Unternehmer von fünf Tagen vor, innerhalb der er einer Nutzung dieser Daten widersprechen kann. Widerspricht der Hersteller, darf auch das IQWiG diese Angaben in seiner Nutzenbewertung nicht verwenden, muss darin aber die Nichtverwendbarkeit benötigter, jedoch geheim zu haltender Angaben selbstverständlich entsprechend würdigen. Der G-BA kann auf der Grundlage des § 9 Abs. 3 Kap 5 seiner VerfO in einem solchen Fall die rechtliche Konsequenz ziehen, dass aufgrund des Widerspruchs des Unternehmers zur Verwendung im Dossier enthaltener, als geheimhaltungspflichtig gekennzeichneter, für die Bewertung aber benötigter Angaben ein Zusatznutzen des Arzneimittels als nicht belegt gilt.
In seiner Sitzung am 18. August 2011 hat das Plenum auch die Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom Vortage zur Kenntnis genommen. Darin wurde die auf der Grundlage von § 137 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB V als planbare Leistung für Kniegelenk-Totalendoprothesen festgelegte Mindestmenge von 50 Behandlungsfällen im Jahr unter Zulassung der Revision für rechtswidrig erklärt. Der G-BA wird sich in seiner nächsten Sitzung mit den Auswirkungen dieses Urteils auf den Fortbestand dieser Mindestbehandlungsfallzahlen befassen.