Mindestmengen: G-BA nimmt Beratungen bei seltener Erkrankung Morbus Hirschsprung auf
Berlin, 21. August 2025 – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) will anspruchsvolle Korrekturoperationen wie bei der seltenen Fehlbildung Morbus Hirschsprung durch Qualitätsvorgaben absichern. Die Behandlung der für Neugeborene lebensgefährlichen Fehlbildung des Darms soll auf solche Kliniken konzentriert werden, die Erfahrung bei diesem komplexen interdisziplinären Eingriff haben. Dafür hat der G-BA heute entschieden, Beratungen zur Festlegung einer Mindestmenge aufzunehmen.
Entsprechend seines gesetzlichen Auftrags benennt der G-BA planbare Leistungen im Krankenhaus, bei denen ein Zusammenhang zwischen der Durchführungshäufigkeit und der Behandlungsqualität besteht. Für diese Leistungen legt er auf Basis der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse Mindestmengen je Ärztin bzw. Arzt und/oder Standort eines Krankenhauses fest. Um diesen Zusammenhang auch dann umfassend darzustellen, wenn es – wie bei seltenen Fehlbildungen – nur wenige Studien gibt, hat sich der G-BA im Fall der korrigierenden Chirurgie bei Morbus Hirschsprung auf ein ergänzendes methodisches Vorgehen verständigt.
Karin Maag, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Qualitätssicherung: „Das Instrument der Mindestmengen für schwierige, aber planbare Behandlungen zeigt deutlich, was Qualitätssicherung für Patientinnen und Patienten leisten kann: Komplikationen vermeiden und Leben retten. Mindestmengen sind für mich eines der wichtigsten Instrumente, die die Qualitätssicherung aktuell bietet. Sie sichern die Patientenversorgung wirkungsvoll ab: Durch Mindestmengen werden aufwendige und komplikationsträchtige Eingriffe auf Häuser mit Erfahrung konzentriert und eine sogenannte Gelegenheitsversorgung in Kliniken ohne ausreichende Arbeitsroutine vermieden. Gerade bei komplizierten Operationen kann das auch für Betroffene mit seltenen Erkrankungen wie dem Morbus Hirschsprung einen großen Unterschied bedeuten. Die Mindestmengenregelungen des G-BA sollen bestmögliche Patientenversorgung durch Erfahrung und Spezialisierung sicherstellen. Sie helfen damit bundesweit, eine moderne, qualitativ verlässliche Krankenhausstruktur in Deutschland auszubauen.“
Krankheitsbild: Morbus Hirschsprung
Beim Morbus Hirschsprung handelt es sich um eine seltene, aber komplexe angeborene Fehlbildung des Darms. Durch fehlende Nervenzellen kann es bei Neugeborenen zu einer lebensbedrohlichen partiellen Verengung des Dickdarms kommen, diese muss daher in den ersten Lebensmonaten chirurgisch korrigiert werden. Ziel der Operation ist es, möglichst viel des erkrankten Abschnitts des Darms zu entfernen, ohne dabei wichtige Nerven oder Muskeln im Beckenbereich zu verletzen. So soll die Durchgängigkeit des Darms hergestellt und dabei die Funktion von Blase, Harnröhre und Schließmuskel erhalten bleiben.
Um eine operationsbedingte Folgeerkrankung zu vermeiden, empfehlen Leitlinien, dass solche Eingriffe in Zentren mit ausreichender Arbeitsroutine eines interdisziplinären Behandlungsteams erfolgen sollten. In den Jahren 2020 bis 2022 gab es laut einer Untersuchung 163 Behandlungsfälle bei Morbus Hirschsprung, die in 88 Kliniken operiert wurden. Nur einer dieser Standorte behandelte in dieser Zeit jährlich mindestens 10 Fälle, 3 Kliniken versorgten mindestens 5, aber weniger als 10 Fälle und 56 Standorte sogar weniger als einen Fall im Dreijahresdurchschnitt (Quelle: Wilms et al. 2024).
Verständigung auf methodisches Vorgehen beim Festsetzen der Mindestmenge für seltene Erkrankungen wie Morbus Hirschsprung
Da Morbus Hirschsprung eine sehr seltene Erkrankung ist und daher nicht sicher ist, ob die bestehende Studienlage ausreicht, um einen Zusammenhang zwischen Häufigkeit und Ergebnisqualität zu identifizieren, hat sich der G-BA bereits jetzt darauf verständigt, gegebenenfalls ein ergänzendes methodisches Vorgehen zu berücksichtigen: Werden keine hinreichend aussagekräftigen Studien gefunden, kann unter Einbezug klinischer Expertinnen oder Experten eine Übertragung von einer anderen Population oder Intervention in Betracht gezogen werden.
Hintergrund: Mindestmengenregelungen
In den Mindestmengenregelungen des G-BA ist näher definiert, in welchem Fall ein Krankenhaus die Leistungen, zu denen Mindestmengen festgelegt sind, erbringen darf. Bisher hat der G-BA zu 13 Leistungen Mindestmengen beschlossen. Den aktuellen Antrag, Beratungen über eine Mindestmenge für die korrigierende Chirurgie bei Morbus Hirschsprung aufzunehmen, hatte der GKV-Spitzenverband gestellt.
Nähere Informationen sind auf der Website des G-BA zu finden: Mindestmengen für planbare medizinische Eingriffe