Mindestmenge für Operation angeborener Fehlbildungen von Enddarm und Anus bei Kindern: Beratungen im G-BA starten
Berlin, 16. Oktober 2025 – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat beschlossen, Beratungen zu einer weiteren Mindestmenge für Korrekturoperationen bei einer seltenen angeborenen Fehlbildung des Darms bei Kindern aufzunehmen: Diesmal handelt es sich um die Behandlung von Fehlbildungen des Enddarms und Anus (anorektale Malformationen). Der G-BA beauftragt nun das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen zu recherchieren, ob ein Zusammenhang zwischen Durchführungshäufigkeit einer solchen Operation und der Behandlungsqualität besteht. Dann können mit Hilfe einer Mindestmenge diese Leistungen auf Krankenhäuser konzentriert werden, die die meiste Erfahrung haben. Im August hatte der G-BA entschieden, in die Beratungen für eine Mindestmenge für korrigierende Eingriffe bei Morbus Hirschsprung bei Kindern einzusteigen. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine seltene Fehlbildung. Beide Erkrankungen führen zu funktionellen Störungen, die – je nach Ausprägung – lebensbedrohlich sein können.
Karin Maag, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Qualitätssicherung: „Wenn Kinder mit seltenen Fehlbildungen des Darms geboren werden, sind Korrektureingriffe dringend notwendig, um beispielsweise eine lebenslange Stuhl- oder Harninkontinenz, Impotenz oder einen dauerhaften künstlichen Darmausgang zu verhindern. Diese hochkomplexen Eingriffe müssen zwar meistens bald nach der Geburt erfolgen, sind aber keine Notfalloperationen. Es gibt Hinweise, dass der Erfolg auch bei dieser Behandlung davon beeinflusst wird, wie viel kinderchirurgische Erfahrung eine Klinik hat und wie routiniert die Zusammenarbeit der verschiedenen Fachrichtungen und Berufsgruppen klappt. Bestätigt sich das, spricht für mich alles dafür, hier das qualitätssichernde Instrument der Mindestmengen anzuwenden. Denn durch Mindestmengen wird eine sogenannte Gelegenheitsversorgung in Kliniken vermieden, die darauf nicht spezialisiert sind bzw. nicht über die erforderliche Erfahrung in der Behandlung verfügen. So sieht für mich bestmögliche Patientenversorgung aus.“
Krankheitsbild: Anorektale Malformationen
Unter der Bezeichnung anorektale Malformationen (ARM) werden angeborene Fehlbildungen des Enddarms, des Darmausgangs (Anus) und des Urogenitaltrakts zusammengefasst. Allen gemeinsam ist eine Fehlmündung des Anus. Fast nie wird diese seltene Fehlbildung vor der Geburt erkannt. In ca. zwei Dritteln der Fälle besteht zeitnaher Handlungsbedarf sehr bald nach der Geburt, damit die fehlgebildeten Organe möglichst gut funktionieren können.
In Deutschland werden nur ca. 300 Kinder pro Jahr mit ARM geboren. Die Behandlungen verteilen sich jedoch bundesweit auf relativ viele Standorte: In den Jahren 2020 bis 2022 wurden Kinder mit ARM an 109 Klinikstandorten versorgt. Von diesen 109 Standorten hatten 97 Häuser weniger als fünf Kinder mit dieser Fehlbildung pro Jahr behandelt. Nur vier dieser Standorte behandelten jährlich mehr als zehn Kinder mit einer ARM.
Verständigung auf methodisches Vorgehen beim Festsetzen der Mindestmengen für seltene Erkrankungen
Entsprechend seines gesetzlichen Auftrags benennt der G-BA planbare Leistungen im Krankenhaus, bei denen ein Zusammenhang zwischen der Durchführungshäufigkeit und der Behandlungsqualität besteht. Für diese Leistungen legt er auf Basis der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse Mindestmengen je Ärztin bzw. Arzt und/oder Standort eines Krankenhauses fest. Um diesen Zusammenhang auch dann umfassend darzustellen, wenn es – wie bei seltenen Fehlbildungen – nur wenige Studien gibt, hat sich der G-BA im Fall der korrigierenden Chirurgie bei ARM, wie schon zuvor bei der Behandlung bei Morbus Hirschsprung, auf ein ergänzendes methodisches Vorgehen verständigt: Werden keine hinreichend aussagekräftigen Studien gefunden, kann unter Einbezug klinischer Expertise ein Erkenntnistransfer von einer anderen Patientengruppe oder einem vergleichbaren Eingriff in Betracht gezogen werden.
Hintergrund: Mindestmengenregelungen
In den Mindestmengenregelungen des G-BA ist näher definiert, in welchem Fall ein Krankenhaus die Leistungen, zu denen Mindestmengen festgelegt sind, erbringen darf. Bisher hat der G-BA zu 13 Leistungen Mindestmengen beschlossen. Die Anträge, Beratungen über eine Mindestmenge für die korrigierende Chirurgie bei ARM und Morbus Hirschsprung aufzunehmen, hatte der GKV-Spitzenverband gestellt.
Nähere Informationen sind auf der Website des G-BA zu finden: Mindestmengen für planbare medizinische Eingriffe