Pres­se­mit­tei­lung | Inno­va­ti­ons­fonds

Impulse für die Regel­ver­sor­gung aus weiteren drei Projekten des Inno­va­ti­ons­aus­schusses

Berlin, 16. Februar 2022 – Der Inno­va­ti­ons­aus­schuss beim Gemein­samen Bundes­aus­schuss (G-BA) hat sich heute dafür ausge­spro­chen, dass die Ergeb­nisse aus weiteren zwei Projekten aus dem Bereich neue Versor­gungs­formen und aus einem Projekt aus dem Bereich der Versor­gungs­for­schung in die Regel­ver­sor­gung über­führt werden. Bei den Versor­gungs­formen geht es thema­tisch um eine leit­li­ni­en­ge­rech­tere Anti­bio­ti­ka­ver­ord­nung und um Gesund­heits­an­ge­bote in sozial benach­tei­ligten Stadt­teilen. Die Ergeb­nisse werden an die jeweils zustän­digen Orga­ni­sa­tionen und Insti­tu­tionen im Gesund­heits­wesen weiter­ge­leitet – mit der Bitte, diese zu prüfen und nach Möglich­keit zu berück­sich­tigen. Bei dem Projekt aus dem Bereich der Versor­gungs­for­schung unter­suchte man anhand von Routi­ne­daten aus der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung, ob Kontroll-​Darmspiegelungen leit­li­ni­en­ge­recht erfolgen. Auch diese Erkennt­nisse werden gezielt weiter­ge­geben.

ARena – Antibiotika-​Resistenzentwicklung nach­haltig abwenden

Anti­bio­tika sind bei bakte­ri­ellen Infek­tionen oft das Mittel der Wahl – aller­dings entwi­ckeln immer mehr Bakte­ri­en­stämme Resis­tenzen, so dass die Arznei­mittel nicht mehr wirken. Das Projekt ARena hat erprobt, wie Ärztinnen und Ärzte dabei unter­stützt werden können, Anti­bio­tika nur ganz gezielt und nicht bei unkom­pli­zierten Infek­tionen einzu­setzen.

Das Projekt konnte bei den betei­ligten Arzt­praxen drei Unter­stüt­zungs­kon­zepte einführen und erproben. Vor allem ein Modul hat das Poten­zial, den leit­li­ni­en­ge­rechten Einsatz von Anti­bio­tika in Deutsch­land ganz wesent­lich zu stärken: Hier werden Quali­täts­zirkel, daten­ba­sierte Feedback-​Berichte, E-​Learning, ergeb­nis­ab­hän­gige Vergü­tung für Ärztinnen und Ärzte, Öffent­lich­keits­kam­pa­gnen sowie ziel­ge­rich­tete Patientinnen-​ und Pati­en­ten­in­for­ma­tionen kombi­niert.

Der Inno­va­ti­ons­aus­schuss spricht sich dafür aus, die neue Versor­gungs­form in die Regel­ver­sor­gung zu über­führen und dabei auch weitere erprobte Ansätze zur Förde­rung leit­li­ni­en­ge­rechter Antibiotika-​Verordnungen – bspw. RESIST – zu berück­sich­tigen. Die Verbände der Kranken-​ und Pfle­ge­kassen auf Bundes­ebene und die kassen­ärzt­li­chen Verei­ni­gungen werden gebeten zu prüfen, ob die im Projekt erlangten Erkennt­nisse zur Weiter­ent­wick­lung der Regel­ver­sor­gung oder selek­tiv­ver­trag­li­cher Leis­tungen sowie für eine Quali­täts­ver­bes­se­rung genutzt werden können. Darüber hinaus erhalten die Bundes­zen­trale für gesund­heit­liche Aufklä­rung und das Robert Koch-​Institut die Ergeb­nisse, um sie ggf. für die weiter­ge­hende Informations-​ und Aufklä­rungs­ar­beit zu nutzen.

INVEST Billstedt/Horn – Hamburg Billstedt/Horn als Prototyp für eine inte­grierte gesund­heit­liche Voll­ver­sor­gung in depri­vierten groß­städ­ti­schen Regionen

In sozial benach­tei­ligten städ­ti­schen Gebieten gibt es immer weniger Hausarzt-​, Facharzt-​, Zahnarzt-​ und psycho­the­ra­peu­ti­sche Praxen. Gleich­zeitig sind die Lebens- und Gesund­heits­chancen aufgrund der sozio­öko­no­mi­schen Bedin­gungen schlechter als in besser situ­ierten Stadt­teilen. Das Projekt INVEST Billstedt/Horn hat exem­pla­risch am Beispiel des Hamburger Ostens gezeigt, wie man die Gesund­heit der Bevöl­ke­rung in sozial benach­tei­ligten Stadt­teilen verbes­sern und den Einsatz vorhan­dener Ressourcen opti­mieren kann.

Das Projekt hat in den beiden Hamburger Stadt­teilen Billstedt und Horn soge­nannte Gesund­heits­kioske mit mehr­spra­chigen, wohn­ort­nahen und beson­ders nied­rig­schwel­ligen Versorgungs-​ und Bera­tungs­an­ge­boten etabliert. Darüber hinaus wurde auch ein multi­pro­fes­sio­nelles Gesund­heits­netz­werk aufge­baut, um medi­zi­ni­sche Versor­gungs­pro­zesse und die pfle­ge­ri­sche Betreuung schnitt­stel­len­über­grei­fend zu verbes­sern.

Die Projekt­er­geb­nisse weisen darauf hin, dass die erprobten Ansätze das Poten­zial haben, die Gesund­heits­ver­sor­gung in sozial benach­tei­ligten Stadt­teilen und Kommunen sinn­voll zu ergänzen und zu verbes­sern. Daher empfiehlt der Inno­va­ti­ons­aus­schuss eine Über­füh­rung von Ansätzen der neuen Versor­gungs­form in die Regel­ver­sor­gung und leitet die Projekt­er­geb­nisse beispiels­weise an die Gesundheits-​ und Sozi­al­mi­nis­te­rien der Länder weiter. Die Ergeb­nisse erhält auch das Bundes­mi­nis­te­rium für Gesund­heit, damit die Erkennt­nisse bei der Umset­zung der Absichts­er­klä­rung aus dem Koali­ti­ons­ver­trag, nieder­schwel­lige Bera­tungs­an­ge­bote in beson­ders benach­tei­ligten Kommunen und Stadt­teilen zu errichten, berück­sich­tigt werden können.

KOL-OPT – Fehl­ver­sor­gung bzgl. Kontroll-​Koloskopien in Deutsch­land: Ausmaß, Deter­mi­nanten und Konzi­pie­rung von Lösungs­an­sätzen

Darm­krebs ist in Deutsch­land die zweit­häu­figste Krebs­er­kran­kung. Personen, bei denen bereits Krebs­vor­stufen entfernt werden mussten, sollten sich regel­mäßig einer Kontroll-​Koloskopie (Darm­spie­ge­lung) unter­ziehen. Ziel des Projektes KOL-OPT war es zu unter­su­chen, ob und in welchem Ausmaß es eine nicht leit­li­ni­en­ge­rechte Versor­gung bei Kontroll-​Koloskopien gibt und wodurch sie bedingt ist.

Das Projekt hat für seine Forschungs­fragen Routi­ne­daten der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung ausge­wertet und quan­ti­ta­tive Befra­gungen von Versi­cherten durch­ge­führt. Es wurden Hinweise auf eine Fehl­ver­sor­gung gefunden, die Gründe hierfür ließen sich aus den vorhan­denen Daten jedoch nicht mit Sicher­heit ableiten.

Die im Projekt erzielten Erkennt­nisse werden vom Inno­va­ti­ons­aus­schuss an verschie­dene Adres­saten im Kontext der Aufklä­rung, Quali­täts­si­che­rung und Voraus­set­zungen der Darm­krebs­früh­erken­nung weiter­ge­leitet – beispiels­weise an die einschlä­gigen wissen­schaft­li­chen Fach­ge­sell­schaften, die Bundes­zen­trale für gesund­heit­liche Aufklä­rung und die Unter­aus­schüsse Quali­täts­si­che­rung und Metho­den­be­wer­tung des G-BA. Verbunden mit der Erkennt­nis­wei­ter­gabe ist die Bitte, eine Verwen­dung im Rahmen ihrer jewei­ligen Zustän­dig­keiten zu prüfen. Das Projekt kündigte zudem an, aus den gewon­nenen Erkennt­nissen eine Inter­ven­ti­ons­stra­tegie zu entwi­ckeln, um der beschrie­benen Fehl­ver­sor­gung entge­gen­zu­wirken und eine bedarfs­ge­rechte Vertei­lung der in Deutsch­land durch­ge­führten Kolo­sko­pien sicher­zu­stellen.

Sämt­liche Ergeb­nis­be­richte der bislang abge­schlos­senen Projekte sowie die Beschlüsse der Empfeh­lungen sind auf der Website des Inno­va­ti­ons­aus­schusses veröf­fent­licht: Beschlüsse

Hinter­grund: Projekt­för­de­rung durch den Inno­va­ti­ons­aus­schuss

Der G-BA erhielt 2016 vom Gesetz­geber den Auftrag, mit den Mitteln des Inno­va­ti­ons­fonds solche Projekte zu fördern, die über die bishe­rige regel­hafte Gesund­heits­ver­sor­gung in der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung in Deutsch­land hinaus­gehen und gezielte Impulse für die inno­va­tive Weiter­ent­wick­lung des Gesund­heits­we­sens zu geben. Hierfür wurde beim G-BA ein Inno­va­ti­ons­aus­schuss einge­richtet. Die Mittel werden von den gesetz­li­chen Kran­ken­kassen und aus dem Gesund­heits­fonds getragen und vom Bundesamt für Soziale Siche­rung verwaltet.