Pressemitteilung | Veranlasste Leistungen

Außerklinische Intensivpflege: Neue Ausnahmeregelung zur Potenzialerhebung

Berlin, 18. Juni 2025 – Der Gesetzgeber sieht vor, dass vor der Verordnung von außerklinischer Intensivpflege bei beatmeten oder trachealkanülierten Patientinnen und Patienten eine sogenannte Potenzialerhebung stattfinden muss: Besonders qualifizierte Ärztinnen und Ärzte prüfen, ob eine vollständige Entwöhnung von der Beatmung, eine Umstellung auf eine nicht-invasive Beatmung oder die Entfernung der Trachealkanüle möglich ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat jetzt in seiner Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege eine neue dauerhafte Ausnahmeregelung von der verpflichtenden Potenzialerhebung beschlossen: Bei Versicherten, die bis einschließlich 30. Juni 2025 Leistungen der außerklinischen Intensivpflege erhalten haben, ist eine Potenzialerhebung nicht zwingend notwendig. Sie erfolgt für diesen Kreis nur noch bei Anzeichen für ein Entwöhnungs- bzw. Dekanülierungspotenzial oder auf Wunsch der Betroffenen. Folgeverordnungen von außerklinischer Intensivpflege sind für diesen Versichertenkreis künftig bis zu 12 Monate möglich.

Dazu Dr. med. Bernhard van Treeck, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Veranlasste Leistungen: „Die Sicherstellung einer nahtlosen Versorgung hat für uns immer oberste Priorität. Die neue pragmatische Ausnahmeregelung wird – sofern das Bundesministerium für Gesundheit keine rechtlichen Einwände hat – zum 1. Juli 2025 in Kraft treten und damit nahtlos an die auslaufende Übergangsregelung anschließen. Die Regelung gewährleistet einerseits den vom Gesetzgeber bezweckten Patientenschutz und hilft andererseits, die begrenzten ärztlichen Kapazitäten für Potenzialerhebungen vorrangig für die Patientinnen und Patienten einzusetzen, bei denen noch am meisten Entwöhnungspotenzial zu erwarten ist. Gerade bei chronisch-fortschreitenden Erkrankungen oder irreversiblen Schädigungen sinkt das Entwöhnungspotenzial in der Regel mit der Zeit, das ist leider so.“

Für alle Versicherten, die ab dem 1. Juli 2025 oder später erstmals eine Versorgung der außerklinischen Intensivpflege erhalten und beatmet werden oder trachealkanüliert sind, gelten die allgemeinen Vorgaben: Sie benötigen vor jeder Verordnung eine Potenzialerhebung. Wenn innerhalb von mindestens zwei Jahren zweimal in Folge festgestellt und dokumentiert worden ist, dass keine Beatmungsentwöhnung oder Dekanülierung erfolgen kann, sind auch für diese Versicherten Folgeverordnungen ohne Potenzialerhebung zulässig. Das Entwöhnungspotenzial wird dann seltener oder nicht mehr überprüft.

Hintergrund: Verordnung von außerklinischer Intensivpflege

Außerklinische Intensivpflege erhalten schwerstkranke Menschen, bei denen es zu jeder Zeit zu lebensbedrohlichen Situationen kommen kann. Die Versorgung ist eine komplexe und anspruchsvolle Leistung für eine äußerst heterogene Gruppe von Patientinnen und Patienten.

Der Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege beruht seit Oktober 2020 auf einer neuen gesetzlichen Grundlage (§ 37c SGB V). Seit 31. Oktober 2023 ist daher die Richtlinie über die Verordnung von außerklinischer Intensivpflege (AKI-RL) verbindlich anzuwenden.

Nähere Informationen zu den aktuell geltenden Übergangs- und Ausnahmeregelungen zur Potenzialerhebung sind auf der Website des G-BA zu finden: Außerklinische Intensivpflege

Arztpraxen und spezialisierte Einrichtungen, die das Entwöhnungspotenzial erheben und außerklinische Intensivpflege verordnen dürfen, sind über das Gesundheitsportal „gesund.bund.de“ des Bundesministeriums für Gesundheit zu finden: Zur Arztsuche