Pres­se­mit­tei­lung | Metho­den­be­wer­tung

Behand­lung von Glio­blas­tomen mit Tumor­the­ra­pie­fel­dern wird verord­nungs­fähig

Berlin, 20. März 2020 – Pati­en­tinnen und Pati­enten mit einem neu diagnos­ti­zierten Glio­blastom – einem derzeit nicht heil­baren, sehr aggres­siven Gehirn­tumor – können zukünftig auch mit Tumor­the­ra­pie­fel­dern (TTF) zulasten der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung behan­delt werden. Bei der TTF-​Behandlung handelt es sich um eine neue, auf Elek­tro­sti­mu­la­tion basie­rende Methode zur Hemmung des Tumor­wachs­tums. Im Nutzen­be­wer­tungs­ver­fahren wurde fest­ge­stellt, dass die Betrof­fenen durch­schnitt­lich fast fünf Monate länger leben, wenn zusätz­lich zur Stan­dard­the­rapie auch TTF ange­wendet werden. Der Gemein­same Bundes­aus­schuss (G-BA) hat am Freitag in Berlin die Details zur Indi­ka­ti­ons­stel­lung und zu den quali­täts­si­chernden Maßnahmen beschlossen, die bei der Verord­nung dieser ambu­lanten Behand­lungs­me­thode gelten werden.

„Nachdem wir Kenntnis von den sehr posi­tiven Ergeb­nissen zum Einsatz von Tumor­the­ra­pie­fel­dern beim Glio­blastom hatten, haben wir eine Studi­en­aus­wer­tung in einem beschleu­nigten Verfahren veran­lasst. Erfreu­li­cher­weise bestä­tigte die wissen­schaft­liche Analyse unsere Erwar­tungen, sodass wir heute die Verord­nungs­fä­hig­keit dieser neuen Methode beschließen konnten. Den Pati­en­tinnen und Pati­enten, die an dieser schweren Erkran­kung leiden, steht damit eine zusätz­liche Behand­lung zur Verfü­gung, die das Fort­schreiten des Krank­heits­ver­laufs deut­lich verlang­samen kann“, betonte Dr. Monika Lelge­mann, unpar­tei­isches Mitglied des G-BA und Vorsit­zende des Unter­aus­schusses Metho­den­be­wer­tung.

Behand­lung eines neu diagnos­ti­zierten Glio­blas­toms mit Tumor­the­ra­pie­fel­dern in Ergän­zung der Stan­dard­the­rapie

Bei der zusätz­li­chen Behand­lung eines neu diagnos­ti­zierten Glio­blas­toms mit TTF werden lokal elek­tri­sche Wech­sel­span­nungs­felder über die Kopf­haut auf die Tumor­zellen über­tragen. Ziel ist es, das Wachstum des Tumors zu hemmen. Die Elek­tro­sti­mu­la­tion erfolgt über Elek­troden, die auf der rasierten Kopf­haut in indi­vi­du­eller Ausrich­tung plat­ziert werden; der Strom wird in einem kleinen trag­baren Gene­rator erzeugt.

Die TTF-​Behandlung kann zukünftig bei Pati­en­tinnen und Pati­enten mit einem neu diagnos­ti­zierten Glio­blastom ange­wendet werden, wenn nach einer möglichst voll­stän­digen Entfer­nung oder nach Biopsie des Tumors und nach Abschluss einer Radio­che­mo­the­rapie keine frühe Krank­heits­pro­gres­sion nach­weisbar ist. Die TTF-​Behandlung wird dann in der sich anschlie­ßenden soge­nannten Erhal­tungs­phase zusätz­lich zur weiteren Stan­dard­the­rapie einge­setzt. Die Stan­dard­the­rapie umfasst eine adju­vante Chemo­the­rapie bezie­hungs­weise nach Auftreten eines ersten Rezi­divs eine Rezi­div­the­rapie. Bei der Rezi­div­the­rapie kommen eine Re-​Operation, eine Chemo­the­rapie, eine erneute Strah­len­the­rapie oder eine Kombi­na­tion dieser Optionen in Betracht. Die TTF-​Behandlung kann bis zum zweiten Rezidiv ange­wendet werden.

Quali­täts­si­chernde Maßnahmen

Zum Einsatz von TTF im Rahmen eines Gesamt­be­hand­lungs­kon­zeptes legte der G-BA beispiels­weise fest, dass die Indi­ka­ti­ons­stel­lung durch die verord­nende Fach­ärztin oder den verord­nenden Fach­arzt auf der Empfeh­lung einer inter­dis­zi­pli­nären Tumor­kon­fe­renz beruhen muss und dass im Rahmen der regel­mäßig statt­fin­denden Verlaufs­kon­trollen unter anderem die Anwen­dung und die Verträg­lich­keit der TTF bespro­chen werden sollen.

Da die Behand­lung mit TTF konti­nu­ier­lich in der Häus­lich­keit erfolgt, müssen die Pati­entin oder der Patient und gege­be­nen­falls weitere Hilfs­per­sonen zum korrekten Umgang mit dem Gerät geschult werden. Um einen möglichst guten Thera­pie­er­folg zu erzielen, sollen die TTF von den Pati­en­tinnen und Pati­enten täglich mindes­tens 18 Stunden ange­wendet werden.

Inkraft­treten

Der Beschluss wird dem Bundes­mi­nis­te­rium für Gesund­heit zur recht­li­chen Prüfung vorge­legt und tritt nach Nicht­be­an­stan­dung und Veröf­fent­li­chung im Bundes­an­zeiger in Kraft. Die Behand­lung mit Tumor­the­ra­pie­fel­dern kann als ambu­lante Leis­tung erbracht werden, nachdem der Bewer­tungs­aus­schuss über die Höhe der Vergü­tung im Einheit­li­chen Bewer­tungs­maß­stab entschieden hat.

Hinter­grund – Bewer­tung der Behand­lung eines Glio­blas­toms mittels Tumor­the­ra­pie­fel­dern

Der G-BA ist vom Gesetz­geber beauf­tragt zu entscheiden, welchen Anspruch gesetz­lich Kran­ken­ver­si­cherte auf medi­zi­ni­sche Untersuchungs-​ und Behand­lungs­me­thoden haben. Im Rahmen eines struk­tu­rierten Bewer­tungs­ver­fah­rens über­prüft der G-BA, ob Methoden oder Leis­tungen für eine ausrei­chende, zweck­mä­ßige und wirt­schaft­liche Versor­gung der Versi­cherten unter Berück­sich­ti­gung des allge­mein aner­kannten Standes der medi­zi­ni­schen Erkennt­nisse in der vertrags­ärzt­li­chen und/oder statio­nären Versor­gung erfor­der­lich sind. Im Ergebnis entscheidet der
G-BA darüber, ob und inwie­weit – d. h. für welche genaue Indi­ka­tion und unter welchen quali­täts­si­chernden Anfor­de­rungen – eine Behand­lungs­me­thode ambu­lant und/oder stationär zulasten der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung (GKV) ange­wendet werden kann.

Der G-BA hat mit Beschluss vom 20. September 2018 den Antrag des GKV-​Spitzenverbandes und der Pati­en­ten­ver­tre­tung auf Bewer­tung der Tumor­the­ra­pie­felder beim Glio­blastom in der ambu­lanten Versor­gung ange­nommen. Diesem Antrag ging ein positiv beschie­dener Erpro­bungs­an­trag voraus; mit Beschluss vom 17. August 2017 leitete der
G-BA Bera­tungen über eine Richt­linie auf Erpro­bung gemäß § 137e SGB V ein, um weitere wissen­schaft­liche Erkennt­nisse zum Nutzen zu gene­rieren. Ange­sichts neuer, im Dezember 2017 publi­zierter Ergeb­nisse der soge­nannten EF-​14-Studie entschied sich der G-BA jedoch für die Einlei­tung eines regu­lären Verfah­rens.

Das Institut für Qualität und Wirt­schaft­lich­keit im Gesund­heits­wesen (IQWiG) legte den vom G-BA beauf­tragten Rapid Report im Mai 2019 vor. Neben den Ergeb­nissen des IQWiG berück­sich­tigte der G-BA bei seiner Entschei­dungs­fin­dung die Auswer­tung der anläss­lich der Veröf­fent­li­chung des Bera­tungs­themas einge­gan­genen Einschät­zungen einschließ­lich der dort benannten Lite­ratur sowie die Stel­lung­nahmen, die zum Beschluss­ent­wurf einge­holt wurden.


Beschluss zu dieser Pres­se­mit­tei­lung

Richt­linie Methoden vertrags­ärzt­liche Versor­gung: Tumor­the­ra­pie­felder beim Glio­blastom