Pressemitteilung | Qualitätssicherung

Mindestpersonalvorgaben in Psychiatrien: G-BA verlängert Umsetzungsfristen

Berlin, 19. Oktober 2023 – Mindestvorgaben für die multiprofessionelle Personalausstattung in Psychiatrien sollen bereits seit 2020 eine gute Behandlung der Patientinnen und Patienten absichern. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat heute beschlossen, dass frühestens ab dem Jahr 2026 – und nicht bereits ab 2024 – der Anteil der Vergütung entfällt, der rechnerisch dem Anteil des fehlenden Personals entspricht. Die Einrichtungen erhalten somit noch mehr Zeit, um sich auf die Anforderungen einzustellen. Der G-BA trägt mit seinem Beschluss auch den Befürchtungen Rechnung, dass die Einrichtungen aufgrund der Mindestpersonalvorgaben ihre Versorgungsangebote reduzieren und ihre Versorgungskonzepte nicht ausbauen. Das Gremium wird die längere Umsetzungsfrist dafür nutzen, die „Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie“ (PPP-RL) an zentralen Punkten weiterzuentwickeln. Dies schließt auch die Folgen ein, die zukünftig bei einem Unterschreiten der Personalanforderungen greifen sollen.

Karin Maag, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Qualitätssicherung: „In den psychiatrischen Kliniken werden vor allem schwer erkrankte Patientinnen und Patienten behandelt. Mir ist wichtig, dass sie die bestmögliche Behandlung erhalten. Wir sehen, dass derzeit – gemessen an unseren Mindestpersonalvorgaben – vor allem Pflegekräfte und Spezialtherapeutinnen und -therapeuten fehlen. Wenn wir aber in zwei Jahren zu einer modernen Personalbemessung entsprechend des aus dem Innovationsfonds geförderten Projektes „EPPIK“ kommen sollten, wird sich der Personalbedarf voraussichtlich sogar noch erhöhen. Ich erwarte deshalb, dass nicht nur von uns die Zeit genutzt wird. Wir brauchen Strukturen, in denen Patientinnen und Patienten an der Schnittstelle ambulant/stationär oder auch nur ambulant weiterbehandelt werden können. Ich denke hier beispielsweise auch an Psychiatrische Institutsambulanzen, die es noch nicht überall gibt. Auch die regionalen Netzverbünde, die sich explizit für die berufsgruppenübergreifende und koordinierte Behandlung schwer psychisch Erkrankter bilden sollen, haben noch nicht die notwendige Relevanz in der Versorgung erlangt.“

Und Maag weiter: „Ich möchte angesichts der teilweise bestehenden Generalkritik an der Richtlinie allerdings auch Folgendes klarstellen: Ob die Mindestanforderungen erfüllt sind, wird stationsübergreifend im Quartalsdurchschnitt beurteilt. Damit können Belegungsspitzen und Personalausfälle rechnerisch innerhalb des Quartals ausgeglichen werden. Zudem besteht eine hohe Flexibilität für Krankenhäuser bei der Geltendmachung von Ausnahmetatbeständen und der Anrechnung des vorhandenen Personals auf die mit Mindestvorgaben belegten Berufsgruppen.“

Weitere Verringerung des Dokumentationsaufwands

95 Prozent der Einrichtungen haben seit 2023 bereits einen deutlich geringeren Dokumentationsaufwand als bei Start der PPP-RL. Lediglich 5 Prozent müssen im Sinne einer repräsentativen Stichprobe zur Personalausstattung weiterhin monats- und stationsbezogene Nachweise übermitteln.

Nun wurden vom G-BA Konkretisierungen für die Stichprobenziehung durch das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen vorgenommen. Der G-BA hat zudem eine weitere Verringerung des Dokumentationsaufwands beschlossen. Ab 2024 haben die Einrichtungen beim Nachweis, mit welchem Personal sie ausgestattet sind, eine Wahloption: Sie können bei der Ermittlung der Mindestvorgaben entweder das bisherige Verfahren anwenden oder sich für die stärkere Nutzung der bereits zu Abrechnungszwecken erfassten OPS-Kodes entscheiden. Der G-BA wird voraussichtlich bis Ende Januar 2024 ein entsprechendes Servicedokument für die elektronische Datenübermittlung beschließen.

Inkrafttreten

Der Beschluss wird dem Bundesministerium für Gesundheit zur rechtlichen Prüfung vorgelegt und tritt nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger zum 1. Januar 2024 in Kraft.

Hintergrund: Personalausstattung in der stationären Psychiatrie und Psychosomatik

Der G-BA legt im Auftrag des Gesetzgebers seit 2020 in der PPP-RL qualitätssichernde Maßnahmen für die stationäre psychiatrische, kinder- und jugendpsychiatrische und psychosomatische Versorgung fest. Ziel ist es, mit personellen Mindestvorgaben eine möglichst gute Patientenversorgung abzusichern. Da es sich um Mindestanforderungen handelt, können die Einrichtungen in den Budgetverhandlungen vor Ort darüber hinaus gehen und mehr Personal vorhalten: um etwa eine leitliniengerechte Behandlung sicherzustellen oder personelle Ausfallzeiten auszugleichen. Nähere Informationen sind auf der Website des G-BA zu finden: Personalausstattung in Psychiatrie und Psychosomatik   


Beschluss zu dieser Pressemitteilung

Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie: Änderungen ab dem Erfassungsjahr 2024